Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
Vom Netzwerk:
du? Und keine Dankbarkeit. Wenn sie nicht säuft, schläft sie. Dabei erkläre ich ihr jeden Tag, was wir zu tun haben. Das Haus in Ordnung bringen. Das allein ist es ja nicht. Wir haben eine große Aufgabe. Du weißt es doch auch.« Er stoppte seinen Redefluss, wich mit dem Kopf zurück. »Du, du bist doch nicht etwa hier, weil ... Schickt William dich? Sollst du hier ... wohnen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Am Ende des Flurs auf der Treppe nach oben wurden ein paar nackte Beine sichtbar. Eine Frau beugte sich herab. »Was redest du da die ganze Zeit?«, schrie sie. »Ich versteh dich nicht. Komm rauf, wenn du was willst.«
    Sie betrat die Treppe und entdeckte mich. Sie lächelte, zog ihr schwarzes T-Shirt über den nackten Bauchnabel und zupfte an ihren wie Seide glänzenden und vollkommen zerknitterten schwarzen Boxershorts.
    »Wie nett, Besuch«, sagte sie. Sie hatte züngelnde Tätowierungen auf den Beinen, Armen und am Hals. Sie sprang von der Treppe, schob sich vor Frank und betrachtete mich mit schräg gelegtem Kopf. Durch ihre Unterlippe und durch die rechte Augenbraue zog sich je ein silberner Ring. Ihr Haar war streichholzlang und blauschwarz gefärbt. Sie war sicher mehrere Jahrzehnte jünger als Frank Godin.
    »Ich bin Lena«, sagte sie und machte einen Knicks.
    »Ich habe die Dame in einer Fußgängerzone in Osterode, oder war es in Herzberg, Bad Sachsa, also in irgendeinem miesen Kaff kennengelernt und mich erbarmt. Gutmütig, wie ich bin.«
    »Quatsch! Es war in Frankfurt. Ich komme aus einer Großstadt. Er hielt mich für eine Nutte und suchte einen billigen Fick.«
    »Unsinn. Ich habe das Mädchen praktisch aus der Gosse aufgelesen, erst mal desinfiziert, zum Arzt geschickt und ihr ein wunderbares Heim gegeben. Ein Haus mitten in der schönsten Natur. Es muss nur mal aufgeräumt werden. Und was macht sie? Nichts. Absolut nichts. Ganz im Gegenteil, sie lebt hier wie ein Schmarotzer. Sie säuft mir die Haare vom Kopf. Jede andere Frau hätte diese Chance ergriffen. Vielleicht kannst du sie mal daran erinnern, dass hier was abzuarbeiten ist. Erzähl ihr mal, was Dankbarkeit ist.«
    Lena nahm mich am Arm, zog daran. »Tun Sie mir bitte den Gefallen und erinnern Sie ihn daran, dass er keinen mehr hochkriegt.«
    »Damit du es nicht falsch verstehst, lieber Gordon. Das Problem ist, diese Frau besäuft sich ständig, animiert mich, mitzutrinken, und deshalb geht es dann nicht mehr so einfach. Dann gehört Geduld dazu. Das weiß jede Frau, nur sie will es nicht begreifen. Erklär ihr das bitte mal. Und sag ihr, sie soll schon mal hinaufgehen. Ich komme gleich nach. Du hast doch ein bisschen Zeit mitgebracht, Gordon?«
    »Ach, Sie sind Gordon, ich verstehe, kommen Sie doch herein, und sagen sie dem alten Kerl, dass er sich zuvor den Käse aus dem Schritt kratzen und das Maul mit Seife spülen soll.«
    Sie schob Frank rückwärts, zwängte sich dann an ihm vorbei. »Lieber Gordon, sag dieser Ziege mit ihrem stinkenden Leib, dass ich mir überlege, sie rauszuschmeißen. Alles, was sie trägt, was sie in den Schränken hortet, habe ich bezahlt. Erinnere sie daran, dass sie nur noch lebt, weil wir beide, du und ich, sie finanzieren.«
    Lena war in die Küche gegangen. Wir folgten ihr. Sie war dabei, Kleidungsstücke, Zeitungen, benutzte Töpfe und Teller von den Stühlen und dem Tisch in der Küche zu entfernen. Sie warf alles in eine Ecke. Zwei Schaben flüchteten an ihren nackten Füßen vorbei und suchten unter der Küchenzeile Schutz. Sie lachte, trat nach ihnen und wies mir einen Stuhl zu.
    »Sag diesem alten Sausack, er soll mal seine verdammten Sachen wegräumen. Ich hab seine elenden Müllecken satt. Das Ungeziefer breitet sich aus. Das steht mir bis hier. Gegen diesen ganzen Abfall komme ich nicht mehr an. Was schrubbe ich nicht täglich, versuche, ein bisschen Ordnung zu halten! Aber er schmeißt alles wieder umher. Und keinen Pfennig bekomme ich für meine Arbeit, geschweige denn mal ein Lob.« Sie setzte sich zu mir an den Tisch. Frank stand in der Tür. Sie wies mit dem Daumen auf ihn. »Mal sehen, ob der verdammte Wichser es fertigbringt, uns was zu trinken anzubieten.«
    »Würdest du der Dame freundlicherweise mitteilen, dass wir nichts im Haus haben, weil sie so vornehm tun musste? Lieferservice. Pah! Und der verdammte Getränkeheini hat sich bis jetzt nicht blicken lassen, wie ich es vorausgesehen habe.«
    Lena stand auf, öffnete alle Schränke, fand eine Likörflasche mit einem Rest und

Weitere Kostenlose Bücher