Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
ist.«
Ich wandte mich halb um. Martin winkte mir, indem er nur die Finger der auf dem Tisch liegenden Hand hob.
»Wie haben die das alle so schnell erfahren? Und was wollen die hier?«
Großmutter hob die Schultern. »Die riechen so etwas. Und was sie wollen, ist doch klar. Sie wollen seinen Schatz.«
»Ein Schatz?«
»Sie glauben, dass er irgendwo etwas vergraben hat. Gold natürlich.«
»Glaubst du das auch?«
»Denk mal so: Wenn sich jemand wie der alte Mann so intensiv mit Bergen und Landschaft beschäftigt, mit Bodenschätzen, also auch Gold sucht, aber keins besitzt, dann liegt es nahe, dass er dafür ein Versteck hat. So denken jedenfalls die da.«
»Woher weißt du so genau, dass er kein Gold besitzt?«
»Jeder hat ihn schon mal gefragt, ob er Gold gefunden hat. Zu wissen, wo es liegt, sei mehr wert, als es in den Händen zu halten, das genau war immer seine Antwort. Ich bitte dich, diese Antwort ist kein Orakel, sondern ein deutlicher Hinweis, dass er es versteckt hat.«
Sie zeigte mit einem grünen Blatt in den Raum. »Frag die da, sie werden es bestätigen.«
Ich nickte, stand auf und ging zu Martin.
»Wie hast du es so schnell erfahren?« Ich setzte mich ihm gegenüber. Er faltete die Hände und senkte den Kopf, als betete er. Dann kam er wieder hoch und hatte einen von Schmerzen gezeichneten Ausdruck aufgelegt.
»Schnell, sagst du, mein Bruder Kain? Ich bin zu spät gekommen. Du wolltest Großvaters Adresse. Ich hätte sie dir geben können, aber ich tat es nicht. Es war klar, was du tun wolltest. Ich habe versucht, dich von diesem Moment an nicht aus den Augen zu lassen. Leider ist mir das nicht ganz gelungen. Als ich hier ankam, war er schon tot. Und jetzt solltest du um dein Leben fürchten.«
Der Wirt kam, schob ihm eine Schale mit grünem Salat hin und stellte einen Teller mit einem zischenden Wiener Schnitzel vor ihm ab. Die Panade warf Blasen. Der Wirt ordnete das Besteck. Ich erhob mich, drehte meinem Bruder halb den Rücken zu, beugte mich vor und ließ einen Spucketropfen in den Salat meines Bruders fallen, bevor ich ihn verließ. Er hatte es nicht bemerkt. Mehr Gift hatte ich nicht mehr zur Verfügung.
Frank Godin, einen Tisch weiter, grinste mich an. »Es wird ihn nicht umbringen«, sagte er und atmete Spiritus aus. »Immer noch die alte Feindschaft?«
Ich blieb an seinem Tisch stehen. Er hob sein Glas. »Ganz doof bin ich ja auch nicht. Du tauchst plötzlich bei uns auf, da hör ich doch die Glocken läuten. Ich sagte zu Lena, lass uns mal bei dem Alten vorbeischauen.«
»Du hattest seine Adresse also doch.«
Er grinste, hob erneut sein Glas, prostete mir stumm zu, trank, verschluckte sich. »Und siehe da, genau zur rechten Zeit«, hustete er.
Ich ging zu Scottys Tisch. Sie sah immer noch starr zum Fenster hinaus. »Ich würde gern die dritte Tafel aus dem Grab sehen«, sagte ich.
In diesem Augenblick betrat Petersen in Uniform die Gaststube. Er trug sogar eine Polizeimütze, nahm sie ab und kratzte sich den Kopf.
»Wir haben das Obduktionsergebnis«, sagte er langsam. Er legte die Mütze auf dem Tresen ab. »Natürlicher Tod.«
Martin schob das Essen von sich. »Was ist mit dem Haus?«
»Sie können rein«, sagte Petersen.
Alle erhoben sich. Ein Wettrennen begann. Selbst meine Großmutter war dabei. Ich wollte mich anschließen, aber Scotty hielt mich am Handgelenk fest.
»Wirklich nicht nötig«, sagte sie.
Die untergehende Sonne legte mit ihren durch das Fensterglas gebrochenen Strahlen einen rötlichen Schimmer auf ihr Haar. »Letzte Nacht?«
Sie nickte.
»Ihr habt Kopien von allen Programmen und Dateien gemacht?«, fragte ich.
Sie schüttelte ihr Haar, lachte mich an wie an jenem Morgen, an dem ich zum letzten Mal neben ihr erwacht war.
»Nein, wir haben die Originale und dafür Duplikate zurückgelassen.«
VIERTER TEIL
DIE SCHATTEN DER ZUKUNFT
1
Diesmal wusste ich, während ich träumte, dass es ein Traum war. Ich sah in die Mündung des Gewehrs meines Großvaters. »Du hast keine Chance«, sagte er. Ich tastete meinen Körper nach einer Waffe ab. Wieder war ich nackt. Ich besaß nichts, um mich zu wehren. Ich versuchte, ihm zu erklären, dass es nur ein Traum war, dass er mich gar nicht erschießen könne. Ich bräuchte nur meine Augen zu öffnen, und er wäre nicht mehr da.
Er lachte. »Ich will dich nicht töten, sondern nur einen Teil deines Gehirns entfernen«, sagte er. »Außerdem ist dies mein Traum und nicht deiner. Und in meinen Träumen
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