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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Wachse.
    »Aber es bestand niemals die Gefahr einer Beziehung. Ich meine, ich war so viel jünger als er. Versteht ihr, er wusste um sein Alter in meinen Augen. Er besichtigte die Ausgrabungen, er lud mich zum Essen ein, machte mir Geschenke. Na ja, das gefiel mir, so hatte mich noch kein Mann umworben. Nach einer Woche wollte er nur ein kleines Andenken. Etwas von den Fundstücken. Ich bekam Geld für ein paar Scherben. Sie hatten keinen Wert.
    Nach ein paar Tagen kam er zurück. Er bot mir viel Geld für ein paar meiner Zeichnungen der freigelegten Ruinen. Er meinte, sie sei besser als die des offiziellen Zeichners. Er tauchte immer auf, wenn ich gerade Geld brauchte. Vielleicht ließ er mich beobachten. Kann sein. Ich gewöhnte mich daran, keine Geldsorgen zu haben, verkaufte schließlich auch wertvollere Fundstücke. Ich dachte, er handelte damit. Bis ich eines Tages die von ihm gekauften Stücke in Deutschland in unserem Archäologischen Institut wiederfand. Es waren Schenkungen von ihm. Begreift ihr? Was ich dem Institut stahl und an ihn verkaufte, schenkte er dem Institut zurück. Ich hatte damals noch keinen Lehrauftrag. Versteht ihr, was er tat? Er wollte nichts stehlen, aber mich zur Diebin machen. Und er wollte, dass ich es weiß.«
    Die letzten Wörter kamen mit einem Schnaufen. Wachse ließ sich vom Bett herab und holte einen Stift und Papier. Sie begann, die Formen von der Tafel abzuzeichnen.
    »Und hast du weitergemacht?«, fragte ich.
    »Natürlich nicht. Es war sofort Schluss damit. Ich verlangte von ihm eine Erklärung. Er sagte nichts. Schwieg einfach und kaute seine Lakritzbonbons.«
    »Eukalyptus.«
    »Ja, diese grünen Dinger. Als ich dann Mitarbeiterin des Institutes wurde, stellte sich heraus, dass er auch der größte Sponsor unserer Fakultät war. Und später, ich hatte promoviert und den Lehrauftrag bekommen, erfuhr ich dann, dass ich die ganze Zeit gefördert wurde, weil er es wollte und dies vom Institut forderte. Ich war die Bedingung für sein Mäzenatentum.
    Ich war so wütend und enttäuscht und brach den Kontakt zu ihm ab. Aus eigener Leistung wollte ich etwas erreichen, nicht so. Ich traf ihn ein paar Jahre nicht. In dieser Zeit begegnete ich einem anderen ungewöhnlichen Mann – sagen wir, einem Außerirdischen. Er machte mir ein Kind und reiste wieder zu seinem Planeten. Das Kind war also kein richtiger Mensch. Es brauchte viel Fürsorge oder viel Geld zum Überleben auf der Erde. Beides hatte ich nicht zur Verfügung. Es blieb mir nichts anderes übrig, als wieder zu William Godin zu gehen.«
    »Ich dachte, du hättest zwei Kinder?«
    »Es ist nur eins und lebt in einem Heim. Kann nur dort überleben. Ich hatte nicht die Kraft dazu ...«
    Wachse hatte sich auf Knien vor der Tafel niedergelassen und zeigte uns ihre Zeichnung, die Umrisse der ersten Reihe der erhabenen Formen. Das ausgeprägteste Zeichen erinnerte mich an einen Kaktus. Wachse tippte darauf.
    »Das da«, sagte sie, »hatten wir schon. Nicht als Schatten, aber als Bergform haben wir es durch unser Suchprogramm mit den Satellitenaufnahmen verglichen.«
    Sie hielt mir das Blatt hin. »Mit dem Computer fanden wir annähernd über viertausend vergleichbare Formen unter den Bergen der Erde, aber keine in dieser Reihung.«
    »Wir hatten das auch schon bei unserer Arbeit«, sagte Scotty. »Wir verglichen es mit allen Schriften der Menschheit. Und fanden ein paar Ähnlichkeiten bei Keilschriften, bei Runen, nichts wirklich Verwertbares. Jetzt aber«, sie nahm Wachse das Papier ab, warf es mir in den Schoß. »Jetzt aber haben wir den Spezialisten auf diesem Gebiet.«
    »Ich entwerfe Schriften im künstlerischen Sinne. Das ist etwas anderes.«
    »Schrift ist immer Kunst«, sagte Scotty. Sie machte einen Schritt nach vorn, trat auf einen Teddy, entschuldigte sich, hob ihn auf, klopfte ihn ab.
    »Ihr Vater«, ergänzte Wachse, »versprach sich genau deshalb viel von Ihnen. Der Messias würde kommen, der Erlöser, der die letzten Rätsel der Menschheit löst. Supermann.« Sie grinste, sah Scottys Blick und schlug sich die Hand vor den Mund.
    »Was ist bloß mit euch beiden los?«, fragte Scotty.
    »Entschuldigung.« Wachse verneigte sich. »Ich fang den Satz noch mal an: William Godin sagte, Gordon könne Zeichen auf neue, andere Art mit Bedeutung füllen, als es ein Wissenschaftler kann.«
    »Gordon kann das nicht«, sagte ich und gab Wachse das Blatt zurück. Wachse stand auf. »Aber Sie haben diese Ausbildung doch auf seinen

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