Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
Wunsch hin gemacht?«
»Das Gegenteil ist der Fall«, antwortete ich. Dann verbesserte ich mich. »Das heißt, stimmt schon, ich habe diese Ausbildung gemacht, weil er sie nicht wollte und genau wusste, dass ich sie dann machen würde.«
»Ein kompliziertes Verhältnis.«
»Das einfachste der Welt.«
Wachse hockte sich wieder auf das Bett. Zwei kleine Teddys rollten zu ihr. Sie wischte sie weg und schraffierte die abgezeichneten Formen. »Schatten also.«
»Ja. Es könnten Schatten in den Bergen sein. Wenn das Computerprogramm Bergformen aus Luftaufnahmen vergleicht, findet es vielleicht auch die Schatten dazu?«
Wachse nickte. »Wir haben die ganze Welt von den Amerikanern über deren Satelliten geklaut, mehr oder weniger, leider fliegen die Satelliten nicht stündlich. Manche vormittags, andere nachmittags. Jetzt also die Schatten.«
»Es sind nicht die Schatten, die man aus der Luft sieht, sondern die aus der Talperspektive, das nehme ich jedenfalls an. Denn die Leute, die das damals als Zeichen benutzten, hatten keine Möglichkeit, zu fliegen.«
»Das ist kein Problem. Wir verkürzen oder verlängern die Schatten im Programm entsprechend«, sagte Scotty. Sie hatte begonnen, alle heruntergefallenen Teddys aufzusammeln und wieder zu dekorieren und übereinanderzustapeln. »Und wir wählen ein Annäherungsprogramm. Ein grober Filter. Wenn es sie gibt, finden wir sie wahrscheinlich.«
»Aber die Schatten existieren vermutlich nur in einem bestimmten Licht. Sie sagten, Sie haben nicht alle Gebirge zu allen Tageszeiten.«
Wachse schüttelte den Kopf. »Wir können einiges simulieren. Aber es gibt noch ein größeres Problem: Wir haben nicht genug Kapazität auf meinem Computer. Ein Abgleich würde lange dauern. Tage. Und wir können nicht in William Godins Haus zurück. Die Frage ist auch, ob dort die Computer noch vorhanden sind.«
Frank, Martin und selbst meine Großmutter waren seit gestern Nacht dabei, verschiedene Dinge aus dem Haus zu holen. Zwar war inzwischen der junge Anwalt aus Großvaters Anwaltskanzlei eingetroffen und hatte auf die bevorstehende Testamentseröffnung hingewiesen. Niemand wollte warten. Ihm blieb nicht viel mehr übrig, als am Ausgang des Hauses Wache zu halten und die abtransportierten Gegenstände in eine Liste einzutragen.
»Wie wär's mit den Computern von Ton und Technik?«, schlug ich vor und stand auf. Ein Stoß gegen das Bett ließ sämtliche von Scotty dekorierten Teddys herabpurzeln.
»Mein Gott, Wachse, kannst du nicht was anderes sammeln?«, stöhnte sie. »Briefmarken zum Beispiel. Auf jeden Fall etwas, für das es Alben gibt.«
»Lass liegen«, sagte Wachse und war schon zur Tür hinaus.
Wir fuhren mit drei verschiedenen Wagen auf großen Umwegen, um unseren Verfolger zur verwirren. Ich nahm an, er würde mir folgen, aber ich bemerkte ihn nicht.
Ich kam als Letzter an. Aus Ton und Techniks Container klang Heavy-Metal-Musik. Wachse und Scotty erwarteten mich.
Wachse schlug mit der flachen Hand gegen das Blech. Drinnen wurde die Musik leiser gedreht. Einer der Akustiker öffnete die Tür einen Spalt weit, als erwartete er Ärger, dann hellte sich sein Gesicht auf, und er ließ uns eintreten.
»Mensch, Wachse, kannst du das noch mal machen?«, fragte er. »Es war genau das Geräusch, das uns fehlt.«
Er entdeckte Scotty, verbeugte sich. »Können Sie uns zwei Quader aus der Cheopspyramide verkaufen? Wir versprechen uns von ihrem Klang beim Gegeneinanderschlagen ein wunderbares Ergebnis.« Er grinste, grub mit den Händen tief in den Taschen seiner kurzen Hose.
»Nehmen Sie doch Ihre beiden Köpfe dafür«, sagte ich.
»Sie sahen«, sagte der Akustiker, »Künstler gegen Wissenschaftler, erster Akt, erste Szene.«
Ton und Technik erzählten, sie hätten überraschenden Besuch von einer Musikmanagerin gehabt. Eine ziemlich große und stattliche Frau. Sie hätte behauptet, sie wäre nur auf Urlaub hier, hätte deshalb keine Visitenkarte dabei und wäre von Nachbarn auf die musikalischen Experimente der Zwillinge aufmerksam gemacht worden. Die Frau habe aber wenig Ahnung gehabt und den Eindruck vermittelt, die Zwillinge nur über ihre Arbeit für William Godin ausfragen zu wollen. Andererseits könnte sie auch von den Nachbarn oder vom Amt geschickt worden sein. Seit langem hätten die gewisse Probleme mit den Containern, kurz, sie hätten eigentlich keine Genehmigung dafür.
Unsere Idee mit der Schattensuche begeisterte sie nicht. Aber sie besaßen genug
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