Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
»Ich kann ihn nicht alleinlassen.«
»Was?«
»Er ist halbtot. Ich bin der einzige Arzt hier.«
Sie wippte auf ihren Fersen zurück, und Flannigan sah nun etwas mehr von ihr. Sie war dünner, als er es normalerweise bevorzugte, hatte aber ein feines Gesicht und unglaubliche Lippen. Noch nie hatte er Augen von einer solchen Intensität gesehen. Sie blickte sich kurz in der Höhle um, und im nächsten Augenblick erschien ein breitschultriger Mann in Einsatzmontur leichtfüßig neben ihr.
»Er will seinen Patienten nicht im Stich lassen«, flüsterte sie.
Zu Flannigans Erstaunen erschien ein Lächeln auf dem ernsten Gesicht des Fremden. »Ich glaub’s nicht«, sagte er und hielt ihm seine kräftige Hand hin. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Doc.«
»Können wir ihn mitnehmen?«, fragte Flannigan.
»Unmöglich«, antwortete die Frau.
»Sie haben leichte Tragen hier«, beharrte Flannigan. »Wie viele Männer habt ihr?«
»Alles, was da ist«, sagte die Frau.
»Nur ihr zwei?«
Plötzlich wandten sich beide der Höhlenmündung zu, wie Tiere, die etwas gewittert hatten. Im nächsten Augenblick hörte er es auch, das Knattern von Hubschraubern. Binnen Sekunden ertönten laute Rufe von überall aus dem Lager, und aufgeregte Schritte, als die Rebellen zu ihren Maschinengewehrstellungen eilten.
»Drei Helikopter, vielleicht vier«, meinte der Mann.
Janson und Jessie tauschten verblüffte Blicke und liefen zur Höhlenmündung.
»Die führen irgendwas im Schilde«, meinte Paul Janson.
»Der Angriff ist doch Selbstmord.«
Schon hörte man das Knattern der Maschinengewehre – schnelle, präzise Feuerstöße –, und Janson und Jessica stellten sich vor, wie die schweren Geschosse die Hubschrauber förmlich zerrissen. Dann das Zischen von Raketenfeuer, und das Knattern der Helikopter veränderte sich, als sie in Position gingen, um das Feuer zu erwidern.
»Selbstmord«, brummte Janson nachdenklich. »Es sei denn …«
»Eine Finte! Iboga greift am Boden an.«
Eine mächtige Explosion zerriss die Luft. Ein Feuerball donnerte durch das Blätterdach. Ein Hubschrauber war abgestürzt. Eine weiße Rauchsäule schoss vom Waldboden empor. Das Knattern wurde noch intensiver, die MGs gaben längere Feuerstöße ab. Eine zweite Explosion schickte eine Druckwelle durch die Baumkronen. Dann einige Augenblicke unheimliche Stille. Bis plötzlich das Dröhnen von mächtigen Motoren und das Rasseln von Stahlketten ertönte.
»Panzer!«, rief Janson. »Die T-72 sind da.«
8
Unter dem ohrenbetäubenden Lärm ihrer 125-mm-Kanonen erklommen die Panzer den Berg und schnitten mit ihren hochexplosiven Splittergeschossen breite Schneisen der Zerstörung in den Wald. Umstürzende Bäume rissen riesige Lücken in das Blätterdach.
Der Angriff kam völlig überraschend: Das Dröhnen der vierzig Tonnen schweren gepanzerten Ungeheuer war vom Knattern der angreifenden Hubschrauber und der Maschinengewehre der Verteidiger übertönt worden. Nun prasselte MG-Feuer aus den Panzern auf die FFM-Kämpfer ein, die nur noch um ihr Leben rannten.
Janson schätzte die Entfernung der Angreifer auf wenige hundert Meter. »Wir haben uns vorgenommen, keine Schießerei anzufangen. Aber jetzt stecken wir mittendrin.«
»Abhauen oder kämpfen«, sagte Jessie. »Wir haben ungefähr zehn Sekunden, um uns zu entscheiden.«
Zwei gut ausgebildete Leute konnten aus einem solchen Kampfgetümmel entkommen. Mit dem Doktor verschlechterten sich die Chancen. Nahmen sie auch noch seinen Patienten mit, würden sie alle untergehen.
Flannigan eilte zu ihnen. »Geben Sie mir eine Pistole.«
»Können Sie damit umgehen?«
»Verdammt, nein. Für Minister Poe. Er will auf keinen Fall noch einmal diesen Leuten in die Hände fallen. Er will im Kampf untergehen und die letzte Kugel für sich aufheben.«
Janson und Jessica wechselten einen grimmigen Blick. »Die Russen exportieren ihre klapprigsten Panzer«, meinte Janson. »Schlechte Panzerung, kein Infrarot, keine Laser. Die Munition haben sie im Mannschaftsraum. Wenn man sie richtig trifft, geht der Turm in die Luft wie ein Schachtelmännchen.«
»Aber es sind trotzdem richtige Panzer?«
»Leider ja.«
»Du entscheidest«, sagte Jessie.
Janson wandte sich an Flannigan. »Sagen Sie Ihrem Patienten, die werden ihn nicht erwischen.«
Ohne ein weiteres Wort öffneten sie ihre Rucksäcke und packten die russischen Granatwerfer aus, sogenannte Wegwerfwaffen: fünf RPG-22 und ein modernerer RPG-26.
»Nimm den
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