Das Jesus Sakrileg, Teil 1: Thriller (German Edition)
verhielt mich ganz still.
„Was bedrückt dich , mein Sohn?“, fragte Maria.
„Dass ich anders bin.“
„Wieso anders? Du bist mein Sohn, wie auch die anderen Söhne von ihren Müttern sind.“
„Bin ich das wirklich, Mutter? Oder verschweigst du mir etwas?“, sagte Joshua mit einem fordernden Blick.
Ich merkte, wie Maria für einen Augenblick ratlos war und Angst zu haben schien, was sie sagen sollte. Waren dies die bangen Momente einer Mutter, die fürchtet, ihr Kind zu verlieren?
„Verschweigen? Was sollte ich dir verschweigen? Du bist Josefs und mein Sohn“, sagte Maria, aber selbst ich konnte aus der Ferne der Stimme entnehmen, dass die Wahrheit nicht in ihr zu wohnen schien.
„Wirklich, Mutter? Oder bin ich ein anderer?“
„Ein anderer?“
„Ja, den, den die Schrift verkündet“, sagte Joshua und ich konnte Bitterkeit in seiner Stimme hören, gepaart mit Angst.
Maria schaute ihn ratlos an und es dauerte ein en Augenblick, bis sie antwortete.
„Du bist unser Sohn, das weiß ich, so wie ich weiß, dass du ein guter Mensch bist, dessen Herz am rechten Platze schlägt. Du hast eine Gabe, die dir zuteil geworden ist, um den Menschen ihre Liebe wiederzugeben. Aber ich weiß nicht, ob dich das zu dem, der verkündet wurde, macht. Wieso belastest du dich mit diesen Gedanken?“
„Weil sie mich heimsuchen, Mutter. Und das schon seit langer Zeit. Ich höre diese Stimmen immer wieder. Sie kommen, wenn sie es für richtig halten. Früher hatte ich Angst vor ihnen, doch ich lernte, mit ihnen zu leben. Aber heute waren die Stimmen anders. Es war nur eine, die zu mir sprach.“
Maria schaute ihren Sohn an und ich sah an ihrem Blick, dass etwas schwer auf ihrem Herzen lastete, dessen sie sich nicht mehr erwehren konnte. Hätte ich mich nicht in dieser beschämenden Situation befunden, wäre ich am liebsten davon gerannt, um das , was ich fürchtete, nicht hören zu müssen. Doch ich blieb, zu stark war meine Neugier.
„War es die Stimme einer jungen Frau?“
„Ja.“
„Was sagte die Stimme?“, fragte Maria. Ich hatte eher das Gefühl, als wüsste sie die Antwort bereits.
„Johannes ist gegangen, damit erfüllt werde, was Moses am Berge Sinai empfing. Der Messias weilt auf Erden, um der Menschheit Gottes Wort zu verkünden. Du kennst die Stimme, nicht wahr, Mutter? Sprach sie auch zu dir?“
Wieder schwieg Maria. Sie griff nach Joshuas Hand.
„Ja, auch ich vernahm diese Stimme, als ich dich noch nicht gebar und diese Stimme sagte mir, dein nächstes Kind ist auserkoren, das Leid aller zu ertragen. Sei sorgsam, denn es gehört dir nicht ...
Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt. Ich habe versucht, diese Stimme zu ignorieren, dich als Zimmermann aufwachsen zu lassen, wie dein Vater, aber du warst anders. Wie sehr habe ich mich vor diesem Augenblick gefürchtet“, sagte sie und schien mit den Tränen zu kämpfen. Joshua umarmte seine Mutter kurz und ließ von ihr ab.
„Bin ich der Messias, Mutter?“
„Ich weiß es nicht, Joshua. Nur, dass du von den Engeln bestimmt wurdest für eine höhere Aufgabe, wenn dich das zum Messias macht …“, wollte Maria fortfahren, aber ihr versagte die Stimme.
„Nachdem ich heute Mittag alleine um den Tod Johannes´ getrauert habe und die Stimme des Engels vernahm, betete ich zu Gott, dass er mir die Angst nehmen möge und den dunklen Schleier von den Augen, damit ich wüsste, welcher denn mein Weg sei. Ich bat, alldem hier ein Ende zu setzen, wenn auch ich nur ein Heuchler bin, der den Pilgern falsche Hoffnungen in ihre Herzen pflanzt. Doch Gott antwortete nicht. Nach einer langen Zeit des Meditierens stand ich auf, um zu den Pilgern zu sprechen und dann vernahm ich eine Stimme. Es war Gottes Stimme, die sagte, gehe hinaus mein Sohn und zeige der Welt dein Antlitz, dass sie dich an meiner Stelle preisen mögen, damit erfüllt werde, was ich einst den Propheten durch ihre Stimme verlauten ließ. Ich fiel auf die Knie. Zu mächtig war diese Stimme. Ich hatte Angst, Mutter. Denn nun bestand kein Zweifel. Ich bin der Messias! Gottes Sohn! Entbunden jeglicher menschlicher Verantwortung. Allein auf Erden, um die Worte meines Vaters zu verkünden. Die Liebe, die ich verkünde, werde ich nie erfahren.“
Maria konnte ihre Tränen nicht mehr halten. All die Ungewissheit und Angst der letzten Jahrzehnte schienen von ihr abzufallen, denn nun hatte sie Gewissheit, dass ihr Kind Gottes Sohn war. Bestimmt für eine höhere, eine göttliche Aufgabe, aber
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