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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Stollen. Der Tunnel, der hier begann und angeblich fünfhundert Meter durch den Fels führte, um hinter der Klagemauer zu enden.
    Absolut phantastisch, dachte Stephen.
    »Das Wasser schmeckt schlecht«, erklärte Halil Saad.»Nicht gut für Tee oder Kaffee. Aber sehr gut für Pflanzen im Garten. Ich nehme Wasser für den Garten hier heraus. Ich habe einen Schlauch und eine kleine Pumpe. Gieße damit den Garten, und alles wächst groß und stark.«
    Yehoshuah deutete in genau die Richtung, in der Stephen die Öffnung gesehen zu haben glaubte.»Der Stollen beginnt etwa einen Meter unter der Wasseroberfläche.«
    »Ja«, nickte Stephen und sah sich um, versuchte sich jede kleine Einzelheit einzuprägen. Das würde tatsächlich alles andere als ein Spaziergang werden. Die Zisterne war so schmal, daß höchstens ein Taucher mit Sauerstoffgerät darin Platz hatte. Wenn man zu zweit gehen wollte, mußte der erste schon in den Tunnel gehen, damit der zweite Platz hatte. Man würde eine Winde brauchen und einen Dreifuß, um die Taucher hinabzulassen. Und natürlich eine Person, die die Winde bediente.
    All das waren Details, nach denen ihn vielleicht jemand fragen würde, den er um Rat zu bitten beabsichtigte. Jemand, der solche Expeditionen schon unternommen hatte. Stephen versuchte, die Szenerie unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Die Decke zum Beispiel. Wie hoch mochte die sein? Normale Zimmerhöhe, etwa zweieinhalb Meter. Der ganze Kellerraum rund um die Zisterne mochte vier auf fünf Meter groß sein. Schwer zu schätzen. Am liebsten hätte Stephen alles fotografiert, um bei Detailfragen später jederzeit nachschauen zu können.
    Er spürte, wie eine heiße Woge aus seinem Unterleib hochstieg. Fotografieren! Du meine Güte — was war eigentlich aus dem Fotoapparat geworden, mit dem sie das erste Blatt des Briefes fotografiert hatten?
    Den hatten sie total vergessen. Der mußte immer noch dort sein, in das Stativgestell geschraubt.
    Wenn Kaun ihn nicht inzwischen gefunden hatte. So ein dummer Fehler! Er versuchte, sich an den Text des Briefes zu erinnern. Was hatte darin gestanden? Jedenfalls keinerlei Hinweis auf die Klagemauer, nichts. Im Grunde würde Kaun nichts damit anfangen. Selbst im schlimmsten Fall hatten sie immer noch einen Vorsprung.
    Er bemerkte, daß Yehoshuah ihn etwas gefragt hatte.»Wie bitte?«
    »Ich habe dich gefragt, wie du das hier findest.«
    Stephen rieb seine Finger gegeneinander und stellte beunruhigt fest, daß sie feucht waren.»Sieht beeindruckend aus«, erklärte er trotzdem.»Gefällt mir wirklich gut.«
    »Wenn alles Zufall war«, stellte Professor Goutiere fest,»wenn alles nur aufgrund einer unbegreiflichen Laune der Natur geschehen ist — oder geschehen wird, wie immer man das ausdrücken will — dann verschlechtert das die Chancen, das Versteck der Kamera durch logisches Kombinieren und scharfes Nachdenken zu finden, enorm. Ich würde sogar sagen, es macht es völlig unmöglich.«
    Eisenhardt beobachtete Kaun. Der wiederum sah Goutiere an, mit überaus finsterer Miene.
    »Wir sind davon ausgegangen«, fuhr der kanadische Historiker in bester Dozentenmanier fort,»daß alles ein wohlausgedachtes, ausgeklügeltes Unternehmen war. Mit anderen Worten, das wäre ein Unternehmen gewesen, das seinen Ausgangspunkt gehabt hätte in einer Idee — in der Idee, wo und wie man eine Videoaufzeichnung aus dem Leben Jesu sicher in unsere Zeit herüberretten könnte. Was wir versucht haben, war, durch eingehendes Nachdenken noch einmal auf die gleiche Idee zu kommen. Nun ist es ein bekanntes Phänomen, daß es einem leichter fällt, etwas zu finden, wenn man weiß, daß es da ist. Und wir glaubten zu wissen, daß diese Idee da war — die Gebrauchsanleitung der Videokamera, die bei dem Toten gefunden wurde, schien es zu beweisen.«
    Das ganze Unternehmen wird jetzt einfach versanden, dachte Eisenhardt. In spätestens zwei Tagen wird Kaun die Lust verlieren und alles abblasen.
    »Nun erfahren wir: es war eine Art Unfall. Der Zeitreisende war nicht bestens ausgerüstet und vorbereitet, sondern im Gegenteil ahnungslos. In einigen Jahren wird eine kleine Notiz in der Zeitung stehen, daß ein Tourist bei Bet Shearim aus dem Bus gestiegen und zusammen mit seiner Reisegruppe eine Führung durch die Nekropole mitgemacht hat, aber unterwegs zwischen den alten Gräbern verschwunden ist. Man wird alles absuchen, den Fall noch einige Jahre in den Polizeiakten führen und irgendwann schlie ßen. In diesem

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