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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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nichts gewesen. Er drehte den Zündschlüssel, und der Motor sprang mit mächtigem Rütteln an.»Lassen wir das ausfallen.«
    Die Diskussion verstummte abrupt, als es an der Tür des Wohnwagens klopfte. Es war eine von Kauns Sekretärinnen, kurvenreich, platinblond, absolut vorstandsvorzimmertauglich und irgendwie nicht ganz von dieser Welt. Wenn es sie irritierte, von fünf schweigenden Männern angestarrt zu werden, die wirkten, als habe sie sie bei etwas Verruchtem ertappt, dann ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Ach was, es irritierte sie nicht. Es hätte sie irritiert, wenn niemand sie angestarrt hätte.
    Sie reichte ihrem Chef eine Visitenkarte und wisperte ihm etwas ins Ohr. Kaun studierte die Karte und runzelte die Stirn.»Scarfaro?«flüsterte er zurück.»Kenne ich nicht. Und was will er?«
    Sie flüsterte wieder etwas.
    »Okay«, nickte er.»Sagen Sie ihm, ich komme sofort.«
    Sie ging wieder, einen Hauch von Parfüm zurücklassend, das nach schnittigen Jachten und teuren Brilliantkolliers duftete. Eisenhardt glaubte beobachtet zu haben, daß Kaun insgesamt drei Sekretärinnen mitgebracht hatte, die rund um die Uhr in einem der Wohnwagen Dienst taten — wahrscheinlich das Chefbüro für den Rest der Welt besetzt hielten. Untergebracht waren sie wohl in einem nicht allzu weit entfernt gelegenen Hotel, jedenfalls kam alle acht Stunden eine in einem kleinen Auto angefahren, mit dem dann diejenige, die sie ablöste, wieder davonfuhr.
    »Meine Herren«, sagte Kaun gewichtig, plötzlich wieder ganz der unerhört bedeutende Geschäftsmann, erhob sich entsprechend breitschultrig und knöpfte sich im Aufstehen gekonnt den teuren Zweireiher zu,»bitte setzen Sie die Diskussion einstweilen ohne mich fort. Ich schalte mich wieder ein, sobald es die Geschäfte zulassen.«Er reckte kurz das Kinn und schob es eine Winzigkeit nach vorne, was seinem Gesichtsausdruck einen bemerkenswert aggressiven Ausdruck verlieh, nickte noch einmal in die Runde und verließ das Besprechungszimmer.
    Einen Moment lang war es ruhig, nur die Klimaanlage surrte und knackte eifrig vor sich hin.
    »Einer der Jünger«, brach Professor WilfordSmith schließlich das Schweigen, als wenn nichts gewesen wäre.»Wenn er einer der Jünger gewesen wäre, dann wäre er auch ein Apostel geworden. Das hieße, im extremsten Fall könnte er die Kamera bis nach Rom gebracht haben.«
    »Vorausgesetzt, er ist nicht in die Rolle des Judas geschlüpft«, warf Goutiere ein.
    »Würden Sie freiwillig die Rolle des Judas übernehmen?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    Eisenhardt versuchte mühsam, sich zu erinnern, was er über die Apostelgeschichte wußte. Viel war es nicht. In den letzten Tagen hatte er immer wieder in der Bibel gelesen, mehr als in seinem ganzen bisherigen, ziemlich religionsfrei verlaufenen Leben zusammen. Aber es war eine englischsprachige Ausgabe gewesen, und schon mit den vier Evangelien hatte er ziemlich zu kämpfen gehabt. Bis zur Apostelgeschichte war er gar nicht gekommen.
    Der Gedanke war ihm spontan gekommen. Und er hatte etwas für sich. Wie war das gewesen? Nach dem Tod Jesu oder seiner Himmelfahrt, wie immer man dazu stehen mochte war der Geist Gottes über seine Jünger gekommen. Davon leitete sich das Pfingstfest ab, wenn er sich recht erinnerte. Jedenfalls waren die Jünger, die Jesus zu seinen Lebzeiten reichlich verzagt und begriffsstutzig begleitet hatten, plötzlich mutig, beredt und von charismatischer Überzeugungskraft erfüllt in die Welt hinausgegangen, um die neue Heils-lehre zu verkünden. Eine seltsame Wendung, wenn man es recht bedachte. Hätte er so etwas in einem Roman gebracht, hätte sein Lektor rote Fragezeichen an den Rand des Manuskripts gemalt und geschrieben: Unmotivierter Sinneswandel!
    »Die Kamera kann nicht bis nach Rom gelangt sein«, sinnierte Professor Goutiere,»denn das hieße, der Zeitreisende… Sollten wir ihn nicht mittlerweile anders nennen? Wie nennt man jemanden, den es in eine andere Zeit verschlagen hat? Zeitgestrandet? Jedenfalls, das hieße, er wäre identisch gewesen mit dem Apostel Paulus. Paulus war es, der bis nach Rom gelangte. Aber Paulus hat Jesus nie getroffen.«
    »Was?«wunderte Eisenhardt sich.»Aber ist er nicht der wichtigste Apostel? Ich meine, von ihm sind doch diese ganzen Briefe, oder?«
    Goutiere sah ihn an, als habe er gerade etwas unvorstellbar Dämliches gesagt.»Ja. Seltsam, nicht? Aber tatsächlich enthält die gesamte Bibel keinen einzigen

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