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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Buchstaben eingraviert waren, dachte ich, daß es vielleicht ein römisches Schmuckstück sein konnte.«
    Stephen hatte vor drei Wochen, im Lager von Video World Dispatcher, zum ersten Mal eine MR-Cassette in der Hand gehalten. Diese hier sah genauso aus: ein flaches, quadratisches Gebilde aus schwarzem Kunststoff, das schwer in der Hand lag und nicht wie herkömmliche Videocassetten klapperte. An einer Seite wies es geheimnisvolle Bohrungen und rechteckige Hohlräume auf, hatte aber ringsum keine sichtbare Öffnung. Das eigentliche Speichermedium, eine speziell behandelte Siliziumscheibe, war von außen unzugänglich.
    Diese Cassette war reichlich zerschrammt, und auf der Seite, auf der der Schriftzug»SONY«eingeprägt war, war ein Stück herausgebrochen und mit Klebstreifen sorgfältig wieder an Ort und Stelle eingefügt worden. Man hätte sie nicht für fabrikneu gehalten, aber man mochte auch kaum glauben, daß sie zweitausend Jahre alt sein sollte.
    Er drehte sie unschlüssig in den Händen. Jetzt, da die Suche allem Anschein nach zu Ende war, fühlte er eine seltsame Leere in sich. Das war es also, was sie so brennend gesucht hatten. Oder jedenfalls so etwas Ähnliches. Jetzt, da er es in Händen hielt, schien es auf merkwürdige Weise bedeutungslos geworden zu sein. Als wäre es darauf angekommen, zu suchen, nicht darauf, zu finden.
    »Ich muß Ihnen noch ein Geständnis machen«, unterbrach der Professor seine Gedanken.»Es betrifft meine vielgerühmte und noch mehr beneidete Fähigkeit, Sponsoren für meine Ausgrabungen zu gewinnen.«
    Stephen sah hoch. Er ließ es zu, daß Eisenhardt ihm die Cassette aus der Hand nahm.
    »Meine Erfahrungen aus der Wirtschaft waren zwar oft sehr nützlich, und wer jemals im Leben zweihundert Strickerinnen und Weberinnen zu beaufsichtigen hatte, dem kommt die Organisation einer Ausgrabung wie ein Spaziergang vor«, fuhr WilfordSmith fort.»Aber all das war nicht entscheidend, oder jedenfalls nicht immer. Das, worauf ich in schwierigen Situationen zurückgegriffen habe, war der Splitter, der aus der Vorderseite herausgebrochen ist.«
    »Wie bitte?«fragte Eisenhardt verblüfft.
    »Ich hatte gar nicht so viele Sponsoren, wie man immer behauptet. Ich hatte sehr ausdauernde, zahlungskräftige Sponsoren — zuerst vor allem die Universität von Barnford, später, nach einer Reihe von kürzeren Episoden, John Kaun. Ihm habe ich nur diesen Splitter gezeigt, ihm hoch und heilig versichert, daß ich ihn 1947 in Palästina gefunden habe, und daraus dann ungefähr die Theorie entwickelt, die uns heute ja allen geläufig ist.«
    »Er wußte also, daß Sie in Israel nach einer Videokamera suchten«, sagte Stephen.»Aber er wußte nicht, daß Sie bereits die zugehörige Videocassette besaßen.«
    »Genau. Mir war klar, daß jemand wie Kaun die Cassette sofort von Wissenschaftlern untersuchen lassen würde. Und das wollte ich nicht.«
    »Weil Sie befürchteten, dadurch ein«- Eisenhardt suchte nach dem passenden Wort -»Zeitparadoxon auszulösen!«
    Der Archäologe sah ihn mit einem überraschten Gesichtsausdruck an, der besser als alle Worte verriet, daß ihm dieser Gedanke noch nie gekommen war.»Nein«, schüttelte er den Kopf,»ich hatte Angst, die Aufnahme könnte zerstört werden.«
    »Oh!«machte der Schriftsteller.
    Stephen nahm die Cassette wieder an sich und betrachtete den Splitter, der gerade so verlief, daß die Schrift mit darauf war. Mit gelindem Grusel stellte er fest, daß unterhalb des Firmenlogos in kleineren Buchstaben eingeprägt war: MR-VIDEO SYSTEM. Auf den Cassetten, die er gesehen hatte, hatte nichts dergleichen gestanden. Und er glaubte sich auch zu erinnern, daß es bei diesen Cassetten bestimmte schmale Nuten an der Seite nicht gegeben hatte.
    »Die Cassette war unbeschädigt, als ich sie fand. Ich habe den Splitter selber so herausgetrennt, einerseits weil ich sehen wollte, wie das Innere aussah — ziemlich nichtssagend für das bloße Auge -, andererseits um einen Sponsor für mein Vorhaben zu gewinnen.«Er bemerkte Stephens Blick.»Ja, die Beschriftung ist anders. Ich glaube, Cassetten dieser Bauart sind noch nicht auf dem Markt.«
    »Das ist also der Beweis, daß diese hier wirklich und wahrhaftig aus der Zukunft stammt. Immer noch.«»Ja.«
    »Kann man sie dann überhaupt abspielen?«fragte Stephen bang.
    Der Professor nahm sie ihm wieder aus der Hand und ging damit an die Videowand, um sie einzulegen.»Zum Glück ja.«»Und?«
    »Lassen Sie sich

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