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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Israel jeden Stein herumgedreht auf der Suche nach der Kamera; Sie würden problemlos noch drei Jahre warten können.«Stephen beugte sich vor.»Ich weiß, daß Ihr Abspielgerät vorletzte Woche geliefert wurde. Ich bin gekommen, weil ich das Video sehen will.«
    Stephen hatte Gegenargumente erwartet, zumindest aber ein mitleidiges Kopfschütteln oder Äußerungen wie etwa, daß er zuviel Phantasie habe oder die falschen Romane lese. Und wenn er ehrlich war, kam ihm seine Theorie in diesem Augenblick, nachdem er sie in den Raum gestellt hatte und nur noch ein gespanntes, beinahe verblüfftes Schweigen übrig war, selber reichlich überspannt vor. Eine Art archäologisches Pendant zu einer UFO-Paranoia.
    Doch Professor WilfordSmith lachte nicht, und er versuchte auch nicht, ihn lächerlich zu machen. Er saß nur eine ganze Weile da und betrachtete ihn mit dem feinen, beinahe wohlwollenden Lächeln, mit dem er ihm die ganze Zeit zugehört hatte. Dann stand er mit einiger, seinem Alter angemessener Mühe auf und sagte einfach:»Gut. Kommen Sie mit.«
    Eisenhardt, dessen Englisch nach eigenem Eingeständnis in den letzten Jahren weiter eingerostet war und der deshalb die ganze Zeit nichts gesagt, wahrscheinlich sogar Mühe gehabt hatte, der Unterhaltung überhaupt zu folgen, fuhr auf wie angestochen.»Moment!«rief er aus.»Heißt das, Stephen hat recht mit seiner Theorie?«
    Der weißhaarige Archäologe nickte bedächtig.»Ja. Genau so war es.«
    Sie folgten ihm in sein Arbeitszimmer wie Lämmer ihrem Hirten. Dort stand der Fernseher, ein großes, teures Modell, darüber ein gewöhnlicher Videorecorder und auf diesem ein schmaler, elegant aussehender schwarzer Kasten: der MR-S das Abspielgerät für das neue System. Darum herum standen Regale, vollgestopft mit Büchern, Manuskripten und Fundstücken, kleinen Tonvasen oder Statuen etwa. Zwei schmale Türfenster führten auf die Terrasse hinaus. An der Wand dazwischen hing eine — den eingedruckten Staatsgrenzen zufolge ziemlich alte — Karte von Israel, auf der farbige Aufkleber die Stellen markierten, an denen Professor WilfordSmith Ausgrabungen unternommen hatte.
    »Im Jahr 1947 sind, wie Sie vielleicht wissen, die Schriftrollen von Qumran gefunden worden«, begann er zu erzählen, während er Stühle vor den Fernseher schob.»Ich hatte davon gehört. Die Geschichte faszinierte mich — Sie sehen, eine gewisse Neigung zur Archäologie muß wohl schon damals in mir geschlummert haben -, und ich konnte es irgendwann einrichten, nach Jericho zu reisen und mir von einem beduinischen Führer die Höhle zeigen zu lassen, in der man die Schriftrollen entdeckt hatte. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen«- er lächelte -,»daß ich damals knapp Anfang Zwanzig und entsprechend naiv war. Es gibt in den Bergen dort Hunderte von Höhlen, und die Führer hatten sie gerecht unter sich aufgeteilt. Je nachdem, an welchen Führer man geriet, erhielt man eine andere Höhle gezeigt, die einzig wahre selbstverständlich.«
    Er bedeutete ihnen, sich zu setzen.»Mein Führer damals war geldgierig, aber großzügig, wenn er sich gut bezahlt fühlte. Nachdem ich ihm einen zusätzlichen Schein zugesteckt hatte, ließ er mich die Höhle auf eigene Faust durchstreifen, und während er am Eingang saß und eine stinkende Zigarette rauchte, fand ich in einer Nebenhöhle in einem Spalt eine zerbrochene, aber noch vollständige Amphore. Als ich die Scherben aufhob, lag darin ein kleines rechteckiges Paket, ein fettiges, schmieriges Bündel aus übereinandergewickelten Stoffbahnen, die ich in meiner Einfalt für Papyri hielt. Im Grunde war es recht unspektakulär — ich wühlte noch eine Weile herum, fand aber nichts weiter, wickelte dann meinen Fund in ein großes Taschentuch und steckte ihn ein, und dann gingen wir wieder.«
    WilfordSmith ging an eine Schublade, aus der er einen kleinen Blechkasten holte, eine ehemalige Keksschachtel.»Als ich zurück war und meinen Fund bei Tageslicht betrachtete, wurde mir klar, daß es sich um einfachen Leinenstoff handelte, der mit einer harzigen Substanz getränkt war. Ich verbrachte Tage damit, Lage um Lage zu entfernen, und schließlich fand ich im Inneren das hier.«Er öffnete den Dekkel der Schachtel und holte eine flache schwarze MR-Cassette heraus. Als wäre es nichts Besonderes, reichte er sie Stephen.»Sie haben recht, ich wußte lange nicht, was es war. Ich hielt das Material für einen mir unbekannten Halbedelstein, und weil lateinische

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