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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hebräische und die englische Beschriftung mit schwarzer Farbe übersprüht hatte, so daß nur noch die arabischen Schriftzeichen lesbar waren.
    »Angenommen, der Professor will die Bedienungsanleitung untersuchen. Was glaubst du, wo er das am besten tun kann?«
    »Bei uns.«
    »Bei euch? Ich denke, ihr könnt nur Papyri untersuchen?«
    »Das ist das, was wir tun. Aber wir könnten genausogut Papier restaurieren. Das ist sogar einfacher als die Restauration von Papyrus. Bisher ist bloß noch nie jemand mit altem Papier angekommen.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil in geschichtlicher Zeit im gesamten Mittelmeerraum ausschließlich Papyrus als Schreibmaterial verwendet wurde.«
    »Aber du könntest auch Papier restaurieren?«
    »Klar.«
    »Brüchige Blätter so behandeln, daß man sie gefahrlos umblättern kann?«
    »Sicher.«
    »Verblaßte Schrift wieder sichtbar machen?«
    »Ohne weiteres.«
    »Gut«, sagte Stephen.»Das ist gut.«
    Jetzt mischte sich Judith ein. Sie drehte sich auf ihrem Sitz herum, so daß sie Stephen von der Seite anschauen konnte. Das Mißtrauen in ihrem Gesicht war im schwachen Glimmlicht der Armaturen mehr zu erahnen als zu erkennen.»Du interessierst dich doch nicht einfach nur für Yehoshuahs Arbeit, oder?«
    Stephen ließ den Kopf vornüber sinken, als sei er ihm urplötzlich zu schwer geworden, und brummelte:»Nein, ich interessiere mich nicht einfach nur für Yehoshuahs Arbeit.«
    »Sondern?«
    »Ich habe etwas vergessen.«
    »Du hast… was?«
    »Ich habe etwas vergessen. Vergessen zu erzählen, meine ich. — Yehoshuah, bitte schau wenigstens du auf die Straße!«Das Auto hatte angefangen, beunruhigende Schlangenlinien zu fahren, als Yehoshuah genau wie seine Schwester den Kopf gedreht hatte, um Stephen mißtrauisch in Augenschein zu nehmen.
    »Vergessen?«Judith glaubte ihm kein Wort.
    Stephen seufzte.»Ich habe es wirklich vergessen. Ich habe es vergessen zu sagen, als ich dem Professor meinen Fund zeigte, und als ich euch die Geschichte erzählte, habe ich es schon wieder vergessen. Es ist wirklich seltsam.«
    »Und? Willst du wenigstens jetzt damit herausrücken?«
    Stephen sah von einem zum anderen. Judiths Augen glitzerten ahnungsvoll und begehrenswert im Dunkeln, sahen aus wie zwei tiefe dunkle Seen. Yehoshuah starrte voraus auf die Straße, und er wirkte angespannt, als könne er eine weitere aufregende Story ungefähr so gut brauchen wie ein akut Herzkranker einen Steuernachzahlungsbescheid.
    Aber dies war ein Abenteuer. Abenteuer und Adrenalin sind nun einmal untrennbar miteinander verbunden. Und, hey, Yehoshuah war ein Israeli, ein wehrhafter Bewohner eines bedrohten Landes, und er mußte Streß so gewöhnt sein wie ein New Yorker Börsenmakler. Stephen beschloß, keine Rücksicht zu nehmen. Vielleicht lag es ja einfach nur an der seltsamen Beleuchtung, daß Yehoshuah so gestreßt wirkte.
    »In dem Plastikbeutel«, begann er,»war nicht nur die Bedienungsanleitung. «
    Judith gab einen erstickten Laut von sich.»Ich hab’s geahnt.«
    »Ich hab’ das wirklich vergessen zu sagen«, beteuerte Stephen.»Einfach vergessen. Vielleicht will es mein Unterbewußtsein geheimhalten, ich weiß es nicht.«
    »Laß mich raten, was noch darin war. Eine Landkarte. Mit einem Kreuz darauf.«
    »Nein. Nur ein paar zusammengefaltete, bröckelige Stücke Papier.«
    Yehoshuah stöhnte.»Bröckelig!«
    »Ja. Das war das erste, was ich sah, als ich den Plastikbeutel aufgeschlitzt hatte. Wahnwitzig, wie ich ohnehin drauf war, habe ich die Papiere mit der Pinzette herausgezogen. Und dann tauchte das Firmenlogo von SONY auf… Ich weiß nicht, warum, aber das wischte irgendwie alles weg. Da war kein Raum mehr für Gedanken an die anderen Papierstücke.«
    »Und wo sind sie jetzt, die anderen Papierstücke, die brökkeligen? Im Papierkorb?«
    »Nein, ich hab’ sie einfach in meinen Fundkasten gelegt, oben auf die Erde, die ich bis dahin zusammengefegt hatte. Und der Fundkasten steht immer noch unter meinem Bett.«
    »Na großartig«, sagte Judith.
    »Der Professor wird nicht gerade begeistert sein, wenn du erst jetzt damit ankommst«, meinte Yehoshuah kopfschüttelnd.»Und nach dem, was du über diesen John Kaun erzählt hast… Ich weiß nicht. Du solltest noch ein bißchen an der Geschichte feilen, glaube ich. Ich meine, damit er dir nicht einfach den Kopf herunterreißt.«
    Ein Schlagloch erschütterte den Wagen, beanspruchte die Federung gerade stark genug, um ein deutliches Rucken hervorzurufen und

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