Das Jesus Video
Hände gegeneinandergelegt,»werden wir von nun an Sicherheitsmaßnahmen treffen. Dieser Ort ist zu schützen. Und unerfreuliche Pannen, wie zum Beispiel, daß dieser Foxx ausgerechnet heute abend in irgendwelche Diskotheken fahren muß, darf es auch nicht mehr geben.«
Der Professor stemmte sich in dem Ledersessel hoch und fühlte sich bemüßigt, Partei zu ergreifen.»Mister Kaun, ich versichere Ihnen… Stephen Foxx ist ein junger Mann, und er hat ein Auge auf dieses Mädchen geworfen. Es ist doch ganz natürlich, daß er mit ihr ausgehen möchte. Der Mann, der die beiden abholte, ist ihr Bruder. Ich kenne ihn gut; er arbeitet als Assistent am Rockefeller-Museum in Jerusalem.«
Kaun musterte den Archäologen wie ein ekliges Insekt.»Wir hätten vielleicht Fragen an ihn gehabt.«
»Aber die können wir ihm doch morgen noch stellen.«
»Wir hätten sie ihm aber auch heute abend stellen können und weniger Zeit verloren.«
Eisenhardt runzelte die Stirn. Was hatte dieser Mann für Vorstellungen, wie man ein solches Problem lösen konnte? Mit simpler, gewalttätiger Arithmetik nach dem Motto» Was, Leonardo da Vinci braucht sechs Monate, um die Mona Lisa zu malen? Gebt ihm fünfundzwanzig Mitarbeiter, dann schafft er es in einer Woche!«?
»Mein Gott«, seufzte WilfordSmith und ließ sich wieder zurücksinken. Der Ledersessel schien seine hagere Gestalt förmlich zu verschlucken.»Er ist ein freier Mann. Ich kann ihm doch nicht vorschreiben, was er außerhalb der Arbeitszeit tun oder lassen soll.«
»Das müssen Sie auch nicht«, sagte Kaun.»Das werden wir von nun an tun.«
Der Wissenschaftler blickte ihn mürrisch an.»Was soll das heißen?«
»Wir werden eine Nachrichtensperre verhängen. Ich will nicht, daß unsere Entdeckung vorzeitig bekannt wird und eine Art Goldrausch losbricht, weil jeder im Land nach dieser Kamera sucht.«
»Und wie wollen Sie das machen? Die meisten meiner Mitarbeiter sind freiwillige…«
»Das ist mir egal«, versetzte Kaun scharf.
Es ließ sie zusammenzucken, als hätte er mit der Faust auf den Tisch geschlagen, und daß es dieser Geste nicht bedurft hatte, machte es nur noch eindrucksvoller.
»Sie machen sich noch nicht wirklich klar, womit wir es hier zu tun haben«, fuhr Kaun fort und sah von einem zum anderen, als könne er es so in ihre offensichtlich verständnislosen Hirne hämmern.»Sie denken einfach, es ist eine Sensation. Sie denken, deswegen bin ich dahinter her — weil es die größte Sensation aller Zeiten ist. Die sensationellste Schlagzeile, die es je gegeben hat. Der sensationellste Fund, seit Archäologie betrieben wird. Eine Revolution in der Physik. Was dieses Videoband wirklich bedeutet, haben Sie alle überhaupt noch nicht begriffen.«
Die Worte schienen einige Sekunden abwartend im Raum zu hängen und dann von dem dicken Teppichboden und den mahagonigetäfelten Wänden aufgesogen zu werden. Niemand atmete mehr. Jeder im Raum hing an Kauns Lippen. Er schien es zu genießen.
»Was«, fragte er leise, beinahe flüsternd,»glauben Sie, kann man von der katholischen Kirche bekommen für ein Videoband, das die Auferstehung Jesu Christi beweist?«
Er machte eine Pause.
»Oder«, setzte er dann mit einem dünnlippigen Lächeln hinzu,»das sie widerlegt!«.
Die Scheinwerfer des Autos stachen durch die Nacht, tasteten über den grauen Asphalt der Straße, die durch die Dunkelheit führte und auf der verblüffend viel Verkehr unterwegs war dafür, daß es gegen zwei Uhr morgens war. Sie sprachen nicht viel, hingen ihren Gedanken nach, und abgesehen vom Dröhnen des Motors herrschte eine eigenartig benommene Stille im Wagen.
Diesmal saß Stephen auf dem Rücksitz. Irgendwann auf halbem Weg beugte er sich nach vorn, stützte sich mit den Armen auf den Lehnen ab und streckte den Kopf zwischen den beiden Vordersitzen vor.»Yehoshuah?«»Mmmh?«
»Ihr habt im Rockefeiler Museum doch verschiedene Laboratorien, um archäologische Fundstücke zu untersuchen.«
»Ja.«
»Hast du nicht mal erwähnt, daß ihr auch alte Papiere untersucht?«»Papyri. Nicht Papiere. Mehrzahl von Papyrus.«»Papyrus, verstehe. Das Zeug aus Schilf.«»Nicht aus Schilf. Papyrus wurde aus dem Mark der Papyrus-Staude hergestellt, lateinisch cyperus papyrus. Ein Riedgras.«
»Aber es ist etwas anderes als Papier.«
»Genau.«
Stephen nickte. Ein Lastwagen donnerte auf der Gegenfahrbahn vorbei. Am Straßenrand blitzte für einen Moment ein Straßenschild auf, auf dem jemand die
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