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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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seinem Gesicht. Er sah in die Runde, als gelte es, eine deprimierte Sportmannschaft aufzumuntern, die gerade ein wichtiges Match verloren hatte.»Nun?«fragte er.»Wie geht es weiter?«
    Judith wagte kaum, sich zu bewegen. Sie saß auf ihrem Bett, einen kleinen Handspiegel in der einen und einen grobzinkigen Kamm in der anderen Hand, und bemühte sich, ihre ungebärdigen Haare einigermaßen von Sand und Staub zu befreien und wieder in Form zu bringen. Zweimal pro Tag war dieser Rückzug in ihr Zelt notwendig, um abends nicht auszusehen wie eine Vogelscheuche.
    Sie hatte Angst, eine unbedachte Bewegung zu machen und dann das Rascheln zerbröselnden Papiers zu hören. Die Papiere, die Stephen bei der Gebrauchsanleitung gefunden hatte, mußten ebenfalls zweitausend Jahre alt sein und waren wahrscheinlich so morsch und brüchig, daß es genügte, sie scharf anzusehen, und sie würden zu Staub zerfallen, mit dem das beste Labor der Welt nichts mehr würde anfangen können. Und Judith fragte sich, wo um alles in der Welt Stephen diese Papiere in ihrem Zelt versteckt haben wollte. Hoffentlich nicht in der Tasche irgendeines Kleidungsstücks. Unter dem Bett und zwischen den Bettlaken hatte sie behutsam nachgesehen, ehe sie sich daraufgesetzt hatte. Wußte Stephen, daß sie sich tagsüber ab und zu hierher zurückzog? Und hatte er es berücksichtigt?
    Während sie den Kamm langsam durch das widerspenstige Haar zog, sah sie sich um, ihr Spiegelbild ignorierend. Wo um alles in der Welt konnte man denn in so einem Zelt derart empfindliche Dokumente verstecken?
    Die eigenartigen Geräusche, die von draußen hereindrangen aufheulende Motoren, das Mahlen schwerer Räder im Schotter, aufgeregte Rufe aus vielen Kehlen, das scheppernde Schlagen von Ladetüren -, veranlaßten Eisenhardt, neugierig die Blenden von einem der Fenster zur Seite zu schieben und einen Blick hinauszuwerfen. Er sah zwei große Lastwagen, die sich auf dem Parkplatz zwischen die übrigen Fahrzeuge rangiert hatten und nun von einer Gruppe stämmiger Männer entladen wurden.»Was ist das?«fragte er halblaut, ohne im Ernst zu erwarten, daß ihm jemand antworten würde.
    Aber Kaun, jetzt wieder die verbindlichste Bereitwilligkeit in Person, sprang geradezu auf, trat neben ihn und stieß die Abdeckungen des Fensters vollends beiseite.»Wunderbar. Endlich sind sie da«, meinte er mit geradezu genießerischer Genugtuung.»Der Sonartomograph. Heikel, wenn man ihn transportieren muß. Wirklich erstaunlich, wie diese Spediteure heutzutage arbeiten. Sie sagen einem, morgen früh um zehn, und dann sind sie tatsächlich da wie versprochen. Ich weiß nicht, aber früher hätte es das nicht gegeben.«
    »Ein Sonartomograph?«wiederholte Eisenhardt und war sich nicht sicher, was für ein Wort er da verstanden zu haben glaubte.
    Kaun grinste breit.»Müßte in Ihr Fach fallen, Peter. Ein Sonartomograph kann den Boden mit Schockwellen röntgen. Unsere Paläontologen verwenden solche Geräte bei ihren Ausgrabungen in Montana, um Dinosaurierskelette aufzuspüren.«
    »Dinosaurier?«
    »Ich sagte mir«, erklärte der Medienmagnat gut gelaunt,»der wahrscheinlichste Ort, an dem die Kamera sein könnte, ist dieser hier. Nicht weit vom Grab des Zeitreisenden. Vielleicht hat er ja bis zuletzt auf sie aufgepaßt, wer weiß. Aber wir können schlecht die ganze Gegend hier abtragen und durchwühlen, nicht wahr? Also — der Sonartomograph. Sehen Sie das Gerät, das gerade abgeladen wird? Das aussieht wie ein fahrbarer Hot-Dog-Stand? Das ist der Schockwellengenerator. Er feuert eine große Bleikugel, deren Masse genau bekannt ist, mit einer exakt berechneten Geschwindigkeit auf den Boden. Und überall ringsum werden Sensoren aufgestellt sein, die die Echos der Schockwelle registrieren und an den Computer weiterleiten. Der zaubert im Handumdrehen ein Bild des Bodens unter unseren Füßen auf den Bildschirm so klar, als wäre der durchsichtig.«
    Eisenhardt nickte beeindruckt.»Und das funktioniert?«
    »Das funktioniert.«
    »Warum macht man dann überhaupt noch Ausgrabungen?«
    Der Professor schnaubte unwillig, was Kaun zum Brüllen komisch zu finden schien. Eisenhardt sah verwundert von einem zum anderen, ohne über ein unsicheres Grinsen hinauszukommen. Sogar Ryan fing an zu lächeln, was an ihm äußerst beunruhigend aussah, weil er diese Art Gesichtsgymnastik offensichtlich nicht sehr häufig übte.
    »Nein, im Ernst«, beruhigte sich Kaun schließlich wieder.»Natürlich werden wir

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