Das Jobinterviewknackerbuch
Sie die Schwafel-Falle!
»Es nervt mich, wenn jemand so gar keine Empathie hat, sich nicht in uns Interviewer hineinversetzen kann und gar nicht merkt, dass wir uns langweilen und nicht mehr zuhören – und redet und redet und gar nicht mehr aufhört«, klagte ein Personalchef aus der Finanzwelt. Einige Bewerber redeten sich im wahrsten Sinne des Wortes um Kopf und Kragen. Man müsse auch mal eine Pause aushalten können.
Die Schwafel-Falle ist sehr viel gefährlicher als die Stummer-Fisch-Falle. Und zwar gerade weil sich die meisten Bewerber so intensiv auf ihr Gespräch vorbereiten. Wenn sie die Rolle schon auswendig gelernt haben, dann wollen sie, bitte schön, ihre Texte auch aufsagen.
Dass die meisten Kandidaten beim Interview zu viel reden, sagten |156| 36 Prozent der Personalvermittler, die für den
Executive Recruiter Index
der Personalberatung Korn/Ferry International befragt wurden (2006). In deutlichem Abstand bekrittelten die Personaler mangelndes Wissen über das Unternehmen oder die Position (22 Prozent), ein aufgeblasenes Ego (16 Prozent) und ein Übermaß an Selbstsicherheit (9 Prozent).
Doch ein Vorstellungsgespräch ist kein Shakespeare-Text – eher ist es vergleichbar mit Stand-up Comedy. Sie kommen viel besser rüber, wenn Sie kurz, knackig und pointiert sprechen und dabei immer ein sehr waches Auge auf Ihr Publikum werfen. Ist der Personaler noch interessiert? Nickt er heftig mit dem Kopf und signalisiert, dass eine Pause angebracht ist? Oder ist er schon eingeschlafen?
Das kriegen Sie nur mit, wenn Sie keine Gucklöcher in die Zimmerdecke oder durch den Tisch bohren.
Fahren Sie also alle Antennen aus! Das ist besonders wichtig, wenn Sie im Vertrieb arbeiten wollen. Denn wenn Sie schon im Vorstellungsgespräch nicht mitbekommen, dass Sie Ihrem Gesprächspartner das Ohr restlos abgekaut haben, dann kriegen Sie das im Kundengespräch wahrscheinlich auch nicht mit.
Sprechen kann doch jeder? Stimmt nicht!
Ihre Sprache ist ein mächtiges Medium. Wie komplex und gewählt, wie deutlich oder vernuschelt, wie dominant oder hektisch Sie sprechen, zeigt Ihrem Gegenüber, wer Sie sind, woher Sie kommen und wohin Sie wollen.
In der sprachlichen Interaktion schlägt immer auch die soziale Ordnung durch. Außerdem Ihr Draht zu sich selbst: Wenn Sie lispeln, stottern oder nuscheln, zeigen Sie, dass Sie in dieser Hinsicht nie an sich gearbeitet haben. Sie legen offenbar keinen Wert auf eine perfekte Performance. Dann werden Sie auch keinen Job bekommen, der eine solche voraussetzt. Oder haben Sie im Business schon einmal einen |157| wirklich erfolgreichen Menschen getroffen, der wie eine Gießkanne oder ein Piepsvogel klingt?
Zu viele Menschen sprechen viel zu tief, viel zu hoch, viel zu schnell. Sie schnarren, sie scheppern, sie brummeln sich einen in den Bart und verschlucken halbe Worte. Dann wundern sie sich, warum ihre guten Vorschläge in Meetings regelmäßig untergehen. Dann gibt es noch körperliche Schäden: Stimmbandknötchen schlimmstenfalls. Wenn man solche hat, klingt man so wie ein Rockstar mit 30 Jahren Bühnenerfahrung.
Wie kommt es überhaupt zu diesen Verstimmungen? »Frauen in Männerberufen sprechen oft viel zu tief«, erklärt Gisela Jörgens, diplomierte Opernsängerin und Sprechtrainerin aus Frankfurt am Main. Dabei führt eine auf Bass getunte Stimme nicht zu einem besseren
Impression Management,
sondern leider nur zu Halsschmerzen.
Knacker: So spielen Sie die Macht Ihrer Stimme aus
»Statt besonders tief sollten Frauen deutlich sprechen«, rät Jörgens. Das wirke viel kompetenter und überzeugender. Sie rät dies übrigens auch Männern, die ja auch gelegentlich mit recht hohen Stimmlagen ausgestattet sind. Macht gar nichts!
Es ist sogar wichtig, seinen sogenannten Eigenton herauszufinden. Nur in dieser Stimmlage (im Fachjargon: Indifferenzlage) klingt eine Stimme schön und voll, während das Sprechen gleichzeitig völlig unanstrengend ist.
Gönnen Sie sich ein paar Stunden Sprechtraining, wenn Sie häufig heiser sind oder ständig überhört werden. Manch schüchterner Mensch hat sich schon über sein imposantes Stimmvolumen gewundert, mit dem er sich locker durchsetzen könnte, wenn er sich nur trauen würde. Stimmtraining braucht Mut, bringt aber auch welchen!
|158| Fazit
Eine durchsetzungsstarke Stimme ist keine Frage des Schicksals, sondern eine Frage des Trainings.
|159| NACH DEM GESPRÄCH IST VOR DEM GESPRÄCH
Die Tage nach dem Vorstellungsgespräch erleben
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