Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
Vom Netzwerk:
Felsen. Für einen Augenblick ließ Nona alles hinter sich und stieg mit ihm empor in den Abendhimmel.
    »Bevor du Fliegen lernst, lerne Fallen ...«
    Jemand packte sie und schob sie über den Abgrund, der Griff seiner Hände war stahlhart. Sie geriet in Panik. Ihre Stimme versagte. Senkrecht fiel die Klippe unter ihr ab, achtzig Meter, direkt hinein in das ewige Murmeln des Meeres.
    »Warum seid ihr hier?«, flüsterte der Mann, der sie über den Abgrund hielt.
    Sie trat nach hinten aus, traf ihn mehrere Male.
    »Warum seid ihr hier?«, wiederholte er unbeeindruckt.
    Sie gab das Zappeln auf. Er war zu stark. Seine Hände waren Schraubstöcke. Nur einmal hatte sie solche Kraft gespürt, als sie nachts in der Kirche mit jemandem gekämpft hatte.
    »Ich warte«, hauchte es hinter ihr.
    Starr blickte sie in ihr tiefes, blaugrünes Grab. »Steck dir doch deine verdammten Handschuhe sonst wo hin, Mistkerl!«, rief Nona ihre Furcht hinaus.
    »Ich trage keine Handschuhe.«
    Sie schaute auf die beiden Hände, die ihre Arme schmerzhaft quetschten. Die Finger waren dunkel, aber nicht durch das Leder von Handschuhen, ihre Haut war dunkel!
    »Nigel. Du bist Nigel ...«, flüsterte sie erleichtert.
    Er schwieg.
    Du musst sein Vertrauen gewinnen, musst ihm zeigen, dass du keine Fremde bist, dass du ihn kennst! »Du warst Soldat in Vietnam. Du warst in einer Therapie. Es gab dir keinen Trost. Du kehrtest allem den Rücken und lebst hier alleine in der Wildnis«, zählte sie hastig auf.
    Er hielt sie weiter über den Rand der Klippe. »Es gefällt mir nicht, dass du so viel von mir weißt.«
    Sie schloss die Augen, er würde sie wohl gleich fallenlassen. »Vince erzählte es mir!«, rief sie. »Ihr wart in einer Therapie gegen Aggression. Er hat uns hierhergebracht. Wir brauchen ein Versteck. Wir wissen nicht, wohin, Nigel, die folgen uns, die bringen eiskalt Leute um! Sie haben seinen Sohn!« Nona schluchzte verzweifelt. Sie wollte es nicht, aber das hier war zu viel.
    »Vince hat einen Sohn?«
    »Ja ... er ... Max ist elf.«
    Nigel lachte und stellte Nona zurück auf den Fels. »Hat diese Marian ihn also rumgekriegt! Elf Jahre ist der Junge alt, sagst du? Wie schnell doch die Zeit vergeht!«
    Ihr ganzer Körper zitterte. »Warum ... warum hast du mir das eben angetan?«
    »Nichts für ungut, aber auch ich werde verfolgt.«
    Er ließ sie stehen und ging auf den nahen Wald zu.
    »Nigel, wirst du uns helfen?«
    Nona holte ihn ein, während er sprach. »Immer nach unserer Therapiesitzung damals habe ich Vince ein paar Nahkampftricks gezeigt. Mit Psychosprüchen kommst du nämlich nicht weit auf der Straße ...« Nigel grinste. Sein halbes Gesicht trug Brandnarben. Er bemerkte ihren Blick. »Gefallen sie dir? Das sind die Orden, die mir der Krieg verliehen hat.«
    Durch die Bäume sah sie das Taxi. Garry und Vince standen davor.
    »Worüber streiten die beiden?«, fragte Nigel leise.
    »Über die dämliche Idee, hier in dieser Wildnis deine Hütte zu finden«, antwortete Nona.
    Der Farbige lächelte. »Geben wir ihnen noch einen Moment.« Er ging in die Hocke, lehnte sich an einen Stamm. Sie hockte sich zu ihm. Sie fühlte sich plötzlich bei ihm sicher. Es tat gut und irritierte zugleich.
    »Wer ist der Mann auf dem Beifahrersitz?«
    »Ein Lügner.«
    »Er trägt die Kleidung eines Priesters.«
    »Dann ist es ein lügender Priester.«
    »Hat er deshalb ein blaues Auge?«
    »Ja. Und er hat es von mir.«
    Nigel betrachtete lange ihr Profil. »Du bist ein interessantes Mädchen.«
    Sie lachte. »Noch viel interessanter, als du es dir je vorstellen kannst«, erklärte sie spöttisch. »Ich tötete meinen Vater, fand drei Leichen in meiner Wohnung, wurde entführt, bedrohte Vince und Max mit einer Waffe, ich kämpfte in einer Kirche gegen einen Mann mit schwarzen Handschuhen, ach, und ich wurde fast von einem Fahrstuhl gefressen, der eigentlich ein Baum ist oder ein Hase oder was auch immer ...«
    Er nickte amüsiert. »Jetzt weiß ich wieder, wieso ich lieber in der Einsamkeit lebe.«
    Sie lächelte mit ihm, während dreißig Meter weiter Garry und Vince diskutierten.
    »Der Typ hat kein Telefon, kein Faxgerät, keinen Computer? Wie sollen wir ihn finden?!«
    »Wir fragen einfach jemanden, Garry.«
    »Hier ist doch keine Seele, Vince! Und es wird gleich dunkel. Fahren wir zu der kleinen Ortschaft zurück, ich will nicht die Nacht hier verbringen!«
    »Wir fahren nicht zurück! Wir folgen dem Trampelpfad. Wir müssen Nigel finden,

Weitere Kostenlose Bücher