Das Joshua Gen (German Edition)
Hexe gewesen war.
»Warum muss ich sterben, Kate?«
»Madeleines Kuss hat dich vergiftet ... so tötet sie uns beide«, schluchzte das Mädchen vor Kummer.
»Nein, du stirbst nicht, Kleines. Aber du musst jetzt gehen.«
»Ich will aber nicht, ich lasse dich nicht im Stich!«
Er holte seine kleine Digitalkamera hervor und legte sie ihr in die Hand. »Zeig das hier Ornella, zeige die Bilder der Stadt unter der Stadt allen, damit sie erfahren, dass ich doch noch ein großer Archäologe geworden bin ...« Matteo sank zurück auf den Steinboden. Er fühlte seinen Körper nicht mehr.
Ben berührte sanft Kates Schulter. »Ihm kann niemand mehr helfen, komm, wir müssen einen Weg hinaus finden.«
Kate nickte und blickte auf Matteo. »Wir werden den nehmen, den du kamst.« Sie gab dem Sterbenden einen Kuss auf die Stirn, erhob sich und lief mit Ben an der Metalltür vorbei in einen der Gänge. Schnell verklangen ihre Schritte.
Er sah zu der Tür. Modernster Stahl. Elektronisch verschlossen. Eine Labortür. Sie hatte Matteo hoffen lassen, auf etwas Normales in diesen Gewölben, etwas aus seiner Welt, bis er vorhin durch ihre Fenster aus Sicherheitsglas geblickt hatte. Auf Tote, uralt, verwest, mumifiziert, sie hatten sich bewegt, hatten Forscher in weißen Kitteln gejagt. Einer hatte es noch zu der notverriegelten Tür geschafft, hatte auf das dicke Glas eingeschlagen und geschrien: Salomo verlor den Ring!
»Was bedeutet es, Kate?«
Ein Wispern flog heran, flog in seinen Kopf. Es bedeutet, der Teufel hat das Kind gefunden und wird ihm sagen, wer es ist. »Und wenn das Kind es dann weiß?«, fragte Matteo mit dem letzten Funken seines Bewusstseins.
Dann geht die Welt unter.
Nona betrat die große Lichtung. Sie war Nathan nachgerannt. Sie konnte ihn sehen, hundert Meter vor sich. Der Junge war stehen geblieben. Er hockte sich in den Sand, er hielt sich die Ohren zu. Es war totenstill.
Sie lief weiter.
Bis in die Mitte der Lichtung. In die fremdartige Stille hinein. Etwas darin hob sie an, griff sich ihre Arme, streckte sie nach rechts und links. Und es zwang Nona, sich zu drehen wie die Tänzerin einer stummen Spieluhr, weiter und weiter um sich selbst herum. Es zwang sie, alles mit anzusehen.
Das schwere Maschinengewehr vor dem Blockhaus hämmerte die Munition in die nahen Bäume. Sie sah Rinde platzen und in Stücken davonfliegen, sah den Sand unter den M16-Garben aufspritzen, sah Vince und Garry rufen, während beide gegen eine längst verstorbene Armee ankämpften. Aber Nona hörte nichts. Sie drehte sich langsam weiter um sich selbst, drehte sich in ihrer Stille, bis der Kreis vollendet war.
»Hallo«, grüßte sie der Mann mit den Handschuhen. »So sieht man sich wieder.«
Jetzt konnte sie alles hören. Der infernalische Krach erschlug sie beinahe. Gewehre feuerten, Granaten brachen Bäume, die Sterbenden schrieen. Garry schaffte es ein paar Meter in den Wald, bevor ihn das Maschinengewehr zerteilte wie Schlachtvieh. Aber es war nicht mehr der Priester, der den Abzug der M60 durchzog. Der Pater hing röchelnd in einer Baumkrone. Etwas hatte ihn da hinaufgeworfen und ihn auf einen kahlen Ast unter dem blassblauen Morgenhimmel gespießt. Etwas in alten, modrigen Vietconguniformen, etwas Totes.
»Gefällt dir die Show?«
Er stand immer noch vor ihr. Nathan hockte bei ihm.
Alles brach jetzt aus ihr heraus. Sie schrie und weinte. »Wer bist du, verdammt noch mal?! Was willst du von uns?! Wo ist Max?! Was hast du mit Vince’ Sohn getan?!«
»Ihn nach Haus geschickt.« Der Mann mit den Handschuhen zog eine Pistole hervor. »Er war nicht wichtig. Genauso wie der hier.« Er zeigte mit dem Lauf auf Nathan. Dann schoss er dem Jungen in den Kopf.
Nigel saß unter einem Baum. Er wollte nicht glauben, was er sah. Der Mann hatte Nathan getötet. Warum? Das Denken fiel schwer. Alle Nerven seines Körpers transportierten Schmerz. Der Priester hoch über ihm hatte etwas gerufen. Wenn Nathan erkennt, wer er selbst ist, wenn er es ihm sagt, dann beginnt die Apokalypse, dann kommt Satan frei für eintausend Jahre. Doch der auf der Lichtung hatte Nathan nichts gesagt. Er hatte ihn erschossen. Warum nur? Er wollte den Jungen doch die ganze Zeit ...
Und plötzlich hatte Nigel die Antwort.
Plötzlich wusste er es.
Er stöhnte. Der Schmerz raubte ihm die Sinne. Die stinkenden Leichen des Vietcongs hatten ihm mit Metallrohren Arme und Beine zertrümmert. Aber er musste hochkommen, musste sich jetzt aufrichten, denn nur er
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