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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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verhalte sich doch bescheiden statt überheblich, da man doch dem Schöpfer des Universums zu Diensten sei. Dieser Schöpfer ist im Grunde eine übermenschliche Version von uns selbst – ein König, ein Kaiser, ein Pharao, ein Lord –, dessen Macht bis an die Grenze unserer Vorstellungskraft ausgedehnt wird.
    Die alternative Sichtweise betrachtet Menschen als eine einzige, winzige Erscheinung in einem riesengroßen Weltraum, der größtenteils nicht in menschlichen Größenordnungen funktioniert und keinerlei Notiz von unseren Wünschen nimmt. Die Saat gedeiht, weil es Regen gibt, aber der Regen existiert aus Gründen, die praktisch nichts mit der Saat zu tun haben. Regen gibt es seit Jahrmilliarden, die Saat seit zehntausend Jahren. Im kosmischen Gesamtbild sind Menschen nur ein winziges, zufälliges Detail auf einem unbedeutenden Felsbrocken, dessen Geschichte sich zum größten Teil zugetragen hat, ehe wir auftauchten und uns wunderten, was da vor sich geht. Wir mögen das wichtigste Ding im Universum sein, soweit es uns selbst betrifft, doch nichts, was sich außerhalb unseres winzigen Planeten ereignet, hängt von unserem Dasein ab, ausgenommen ein paar Dinge wie allerlei kleine, aber komplizierte Metall- und Kunststoffteile, die mittlerweile auf den Oberflächen von Mond und Mars herumliegen, Merkur, Jupiter und Saturn umkreisen oder die Außenbezirke des Sonnensystems durchstreifen. Wir könnten sagen, das Universum sei uns gegenüber gleichgültig, doch sogar diese Aussage ist zu sehr auf uns bezogen – sie schreibt dem Universum die menschliche Eigenschaft der Gleichgültigkeit zu. Das System der Welt funktioniert aber nicht nach menschlichen Begriffen.
    Wir wollen diese Denkweisen »menschenbezogen« und »universumbezogen« nennen. Viele schlagzeilenträchtige Diskussionen beruhen mehr oder weniger auf den gravierenden Unterschieden zwischen ihnen. Statt anzunehmen, eine der beiden Denkweisen müsse der anderen überlegen sein, und dann vehement zu streiten, welche es wohl ist, sollten wir zunächst lernen, den Unterschied zu erkennen. Beide haben Vorzüge – in ihrem jeweils angemessenen Einflussbereich. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn sie einander auf die Zehen treten.
    Vor dem frühen 20. Jahrhundert glaubten Wissenschaftler für gewöhnlich, Erscheinungen wie das Licht könnten entweder Teilchen oder Wellen sein, aber nicht beides. Sie stritten sich – oft recht erbittert –, was von beidem richtig sei. Als die Quantentheorie erfunden wurde, erwies sich, dass die Materie über beide Aspekte verfügt, die untrennbar miteinander verwoben sind. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als alle Wissenschaftler von Rang wussten , dass das Licht eine Welle ist, tauchten die Photonen auf, und das waren Lichtteilchen. Von den Elektronen, die zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung offensichtlich Teilchen waren, stellte sich heraus, dass sie auch über wellenartige Eigenschaften verfügen. Also gewöhnten sich die Quantenphysiker an den Gedanken, dass Dinge, die Teilchen zu sein schienen, in Wahrheit winzige Klümpchen von Wellen waren.
    Die Quantenfeldtheorie stellte sich ein, und die Wellen klumpten nicht mehr. Sie konnten sich ausbreiten. Also müssen sich Teilchenphysiker inzwischen mit Quantenfeldern auskennen, und unsere beste Erklärung, warum »Teilchen« Masse haben, besteht in der Existenz eines allgegenwärtigen Higgs-Feldes. Andererseits stützen die gegenwärtigen Messergebnisse nur die Existenz des teilchenartigen Aspektes dieses Feldes: des Higgs-Bosons. Das Feld selbst ist nicht beobachtet worden. Möglicherweise existiert es nicht, und das wäre interessant, denn es würde die Art und Weise umkrempeln, wie Physiker gegenwärtig von Teilchen und Feldern zu denken pflegen. Es wäre auch ziemlich ärgerlich.
    Im Alltag begegnen wir festen, kompakten Gegenständen wie Steinen, und das macht es uns leicht, über winzige Teilchen nachzudenken. Wir begegnen unscharfen, unsteten, aber wohldefinierten Strukturen, die sich auf dem Wasser fortbewegen, und haben keine Probleme mit Wellen. In der menschenbezogenen Weltsicht gibt es keine unsteten, unscharfen Steine, weshalb wir annehmen – fast ohne es infrage zu stellen –, dass nichts zugleich Teilchen und Welle sein kann. Aber universumbezogenes Denken hat aufgezeigt, dass diese Annahme außerhalb des menschlichen Bereiches falsch sein kann.
    Die menschenbezogene Sichtweise ist so alt wie die Menschheit selbst. Sie scheint für die meisten von uns das vorgegebene

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