Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
Teil zuerst da war, sondern auf den Ursprung des gesamten Systems . Bei Eiern und ihren Hühnern ist es vor allem eine Evolutionsgeschichte, eine Folge von Entwicklungen, die sich fortschreitend verändern, sodass wir heute Hühner haben, während wir früher Dschungelvögel oder Dinosaurier hatten. In diesem Fall reichen die Ursprünge des Systems bis zu den ersten Eiern zurück, den ersten mehrzelligen Wesen, die eine Embryonenentwicklung aus Eiern als Teil in ihrem Fortpflanzungsprozess verwendeten. Ebenso ist die Eichel die moderne Version eines Samens, der frühe Samenpflanzen hervorbrachte und vor diesen Baumfarne … bis zurück zu den Ursprüngen mehrzelliger Pflanzen.
Was wir mit »einer ungeheuer komplexen Entwicklung« meinen, braucht auch ein wenig Erklärung. Es ist klar, dass die Eichel nicht zu der Eiche wird , ebenso wenig, wie das Ei, das Sie hervorbrachte, zu Ihnen geworden ist. Die Eiche besteht größtenteils aus Kohlendioxid, welches der Luft entnommen wurde, Wasser aus dem Boden und Mineralien einschließlich Stickstoff, ebenfalls aus dem Boden. In Bäumen bilden diese Zutaten hauptsächlich Kohlenwasserstoffe, Zellulose und Lignin sowie Proteine* [* Der Fachbegriff »Protein« hat den Vorteil, dass er die Doppelbedeutung des deutschen Wortes »Eiweiß« vermeidet und nur die spezielle Gruppe organischer Verbindungen meint, nicht das, was im Kochbuch steht. – Anm. d. Übers. ] für die funktionierende chemische Maschinerie. Die Materialmenge, die die Eichel beiträgt, ist vernachlässigbar gering. Auf ähnliche Weise wurde fast alles an dem Säugling, aus dem (in einem sehr eingeschränkten Sinn) Sie geworden sind, aus einer Vielzahl von Chemikalien aufgebaut, die Sie durch die Plazenta von Ihrer Mutter erhielten. Das winzige Ei hat sehr wenig beigesteuert, soweit es das Material angeht – aber eine Unmenge an Organisation. Das Ei bewirkte, dass die Chemikalien, die Ihre Mutter lieferte, eingesetzt wurden, indem es die Abfolge der Entwicklungsabschnitte – Blastozyste, Embryo, Fötus – initiierte und steuerte, die zu Ihrer Geburt führten. In ähnlichem Sinn ist die Eichel bereits ein Embryo und besitzt eine sehr komplexe Organisation, bestens darauf abgestimmt, eine Wurzel in den Boden zu schlagen, Blätter zu entfalten und die Aufgabe in Angriff zu nehmen, eine winzige Eiche zu werden.
Es ist das Wort »werden«, mit dem wir alle Schwierigkeiten haben. Als Mitglied eines Krankenhaus-Ethikrates musste Jack einmal erklären, wie ein Embryo – Fötus – Säugling zu einem Menschen wird. Es ist nicht so, als ob man das Licht einschaltet, erklärte er. Es ist eher so, als ob man ein Bild malt oder einen Roman schreibt. Es ist kein Pinselstrich oder Wort, das die Sache vollendet, es ist ein Werden Schritt für Schritt. »Schön«, erwiderte ein Laienmitglied des Rates, »aber an welchem Punkt der Schwangerschaft hat man einen Menschen, nicht nur ein Ei?« Wir scheinen Linien ziehen zu müssen, selbst wenn die Natur es versäumt, uns hübsch abgegrenzte Stadien zu liefern.
Beginnen wir also nicht mit komplexer Entwicklung wie bei Eicheln und Eiern, wenn wir über Ursprünge nachdenken. Beginnen wir mit etwas deutlich Einfacherem: mit einem Gewitter. Vorher gibt es eine Zeit mit kühlem, klarem Himmel, mit Wolken, die im Wind wandern, wahrscheinlich eine Wetterfront. Was wir nicht sehen, weil es unsichtbar ist, ist die statische Elektrizität, die sich in den Wolken aufbaut. Wolken sind Ansammlungen von Wassertröpfchen, Milliarden winziger Kugeln flüssigen Wassers in einer Masse von Wasserdampf: eine gesättigte Lösung von Wasser in Luft. Die Tröpfchen und der Dampf steigen zum Oberrand der Wolke auf und fallen durch die Wolke zurück, wenn auch noch nicht als Regen – und der Zyklus wiederholt sich. Viele Tröpfchen fallen dann freilich als Regen auf die Erde, sobald das Gewitter losbricht.
Wolken sind sehr aktive Strukturen mit starker Zirkulation. Sie sehen verwischt und einfach aus, doch innerlich sind sie eine Vielzahl von Strömen aus Wassertröpfchen und Eispartikeln. Jedes Tröpfchen und jedes Partikel trägt eine winzige elektrische Ladung, und die Wolke als Ganzes lädt sich ebenfalls elektrisch auf, aus ziemlich demselben Grund, weshalb unsere Nylonunterwäsche eine elektrische Ladung gegensätzlich zu der unseres Körpers annimmt. Die Wolke hat also eine Ladung, gegensätzlich zur Ladung der Hügel, über die sie hinwegzieht, und das sieht klar nach Schwierigkeiten aus. In
Weitere Kostenlose Bücher