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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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Wirklichkeit auf der Erde stattfanden und für das Fernsehen inszeniert wurden. In einer Bibliothek begegnet man allen Arten von Menschen; jeder Bibliothekar kann ein Lied davon singen. Übrigens, Mustrum, haben Sie eben wie ein Prediger ausgesehen, nichts für ungut.«
    »Mein Bruder Hughnon ist Prediger, ich nicht«, erwiderte der Erzkanzler. »Und selbst er hat Schwierigkeiten mit den modernen Omnianern. Wenn es nach ihnen geht, soll man Kindern nicht mehr erzählen, dass diese Welt von einer riesigen Schildkröte durchs All getragen wird.« Er lächelte und fügte hinzu: »Ihre Reaktion ist mir nicht entgangen, Marjorie. Doch, die Schildkröte gibt es wirklich; wagemutige Forscher haben sie gesehen. Natürlich ist sie in dieser Realität real; in anderen Realitäten sieht die Sache vielleicht anders aus. Und dann gibt es die Rundwelt, die unserer Meinung nach vermutlich einer universellen Schablone entspringt, im Gegensatz zur maßgeschneiderten Scheibenwelt. Doch in beiden Welten gibt es Narrativium und … Ja, was ist?«
    Die Tür öffnete sich, und wieder trat Ponder Stibbons ein, diesmal mit einem Lächeln. »Ich bringe gute Nachrichten, Erzkanzler, und auch für Sie, Frau Daw. Unser kleines Problem ist gelöst, und wir haben jetzt Zugang zur Rundwelt.« Ponder zögerte kurz. »Aber vielleicht sollten wir zuerst die Mayonnaise abwischen.«

ZEHN
    Wo kommt denn das her?
    Wie der Erzkanzler anmerkt, funktioniert die Scheibenwelt mit Narrativium, welches der Kausalität sagt, was sie zu tun hat. Dasselbe gilt für die Rundwelt, von außen gesehen, das heißt, aus der Sicht der Zauberer. Von innen gesehen aber besaß die Rundwelt keinerlei Narrativium, bis sich Menschen entwickelten und Geschichten erfanden, um alle rätselhaften Eigenschaften der natürlichen Welt zu »erklären«: warum es regnet oder nicht, wie sich ein Regenbogen bildet, was Donner und Blitz verursacht, warum die Sonne auf- und untergeht. Wir haben schon gesehen, wie diese Erklärungen durch Geschichten, in denen oft Heroen, Ungeheuer und Götter eine Rolle spielen, an einen menschenbezogenen Blickpunkt appellieren und wie sie – oft kläglich – die universumbezogene Betrachtungsweise verfehlen.
    Viele der größten Fragen nach der Kausalität betreffen Ursprünge. Wie sind Tiere, Sonne und Mond, ja, die Welt selbst entstanden? Wir geschichtenerzählenden Affen sind von Ursprüngen fasziniert. Wir sind nicht zufrieden, Bäume, Steine oder Gewitter einfach nur zu sehen; wir wollen wissen, wodurch sie hervorgerufen wurden. Wir wollen die Eichel sehen, aus der die Eiche entsteht, die geologische Geschichte hinter dem Stein verstehen und die elektrische Genese des Gewitters umreißen. Wir wollen unsere eigene, besondere Art Narrativium: Geschichten, die erklären, wie solche Dinge ihren Anfang nehmen und wie sie funktionieren. Und da wir uns einfache Geschichten auf Fragen nach den Ursprüngen wünschen, erwarten wir auch einfache Antworten. Die Wissenschaft zeigt jedoch, dass uns die Vorliebe für Geschichten in die Irre führt. Ursprünge sind äußerst vertrackte Konzepte.
    Die Eichel und die Eiche haben eine oberflächlich einfache Geschichte, die wir alle verstehen: Man pflanzt die Eichel, gießt sie, gibt ihr Licht, und sie wächst zu einer Eiche heran. Diese einfache Geschichte überdeckt jedoch die wirklich schwierige Erklärung einer ungeheuer komplexen Entwicklung: Im Grunde ist es ziemlich dieselbe, die Sie aus einem Ei entstehen lässt. Und es gibt noch eine andere Schwierigkeit: Die Eiche kommt nicht nur aus der Eichel, die Eichel stammt von der Eiche. Es ist exakt wie bei dem Klischee vom Huhn und vom Ei. Die wichtige Frage lautet aber nicht, was zuerst da war. Das ist eine alberne Frage, denn Huhn und Ei sind beide Teil des sich wiederholenden Systems. Es ist klar, dass das Huhn nur die Methode ist, mit der das Ei ein anderes Ei herstellt. Lange vor den Haushühnern benutzte dieselbe Abstammungslinie von Eiern Dschungelvögel, um mehr Eier herzustellen. Wiederum lange davor benutzte sie kleine Dinosaurier, um ihre Eier zu produzieren. Noch früher benutzte sie urtümliche Amphibien.
    Das große Problem mit »Schildkröten bis ganz nach unten« als Erklärung ist nicht das lachhafte geistige Bild, so amüsant es sein mag. Jede Schildkröte wird in der Tat von der unter ihr gestützt. Das Problem ist, wie und warum ein unendlicher Stapel von Schildkröten existieren sollte. In rekursiven Systemen kommt es nicht darauf an, welcher

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