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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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Mädchen sein, doch er konnte nicht sagen, was oder warum.
    Aber jetzt war nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Jetzt war die Zeit, sein Glück und sein Leben zu feiern.
    Petra hob den Blick nicht, bevor sie hörte, wie die eiserne Tür hinter dem Prinzen und seinem Gefolge zuschlug. Nur den hohen Herrschaften war es gestattet, das Feuerwerk vom blühenden Garten aus anzuschauen.
    Susana kam wieder zu sich und sagte schwach: »Das war großartig. Doch es war auch schrecklich, nicht wahr?«
    Petra hatte keine Zeit für eine Antwort, weil plötzlich Feuer in den Himmel schoss und zu tausend roten Sternen explodierte. Die Menge schnappte nach Luft und Astrophil auf ihrem Ohr zitterte. Susana drehte sich um und rannte voller Angst zurück in die Burg. Feuersalven barsten über dem Park in den Himmel und regneten wie flatternde
Edelsteine auf die Mauern nieder.Voller Entzücken starrte Petra in die Nacht und der Donner der Explosionen hallte in ihrem Körper wider wie ein zusätzlicher Herzschlag. Einige Feuerwerkskörper kippten ihre Farbe wie einen feurigen Regen aus und andere öffneten sie zu Sonnenblumen. Der letzte zog einen orangen Salamander über den Himmel. Dann löste sich der Salamander in glühende Asche auf.
    Es folgte fassungsloses Schweigen. Dann erfüllten Begeisterungsschreie den Burghof.
    Petra war vor Ehrfurcht wie erstarrt. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie so ein Feuerwerk gemacht werden konnte.
    Da muss starke Magie im Spiel gewesen sein , sagte Astrophil und zitterte immer noch etwas.
    »Hat es dir gefallen?«, hörte sie einen Mann fragen.
    Ohne nachzusehen, wer da gesprochen hatte, sagte sie: »Oh ja. Es war erstaunlich. Es war... ja. Das war es.«
    »Ah, sehr gut. Etwas geschaffen zu haben, das eine so wirre Reaktion erzeugt, ist in der Tat ein Kompliment für meine Arbeit.«
    Wie aus einem Traum erweckt, runzelte Petra die Stirn und drehte sich um.
    Vor ihr stand da in einem grünen Samtgewand und ohne Maske der Mann aus der Bibliothek, Meister John Dee.
    »Ich habe das Feuerwerk geschaffen, verstehst du?«
    »Ihr seid ein Magier«, rief sie wachsam.
    »Ich?« Er lachte, aber seine Augen blieben eindringlich auf sie gerichtet. »Ich bin ein Gelehrter.«

    »Die Feuerwerkskörper sind also nicht mit Magie gemacht worden?«
    »Nein. Sie werden aus einer nicht ganz einfachen Mischung aus Schießpulver und bestimmten Mineralien hergestellt. Ich würde dir auch sagen, welche Mineralien, doch ich fürchte, das würde uns zu einem Gesprächsthema führen, zu dem du zu viel zu sagen hast. Und wir haben viel wichtigere Dinge zu besprechen, nicht wahr, Petra Kronos?«

Der Magier, der keiner war
    MEISTER DEE stand neben der offenen Tür zu seinen Gemächern. Die Hände hatte er in seinen Gewändern verborgen. »Komm doch herein, meine Liebe.«
    Seine Stimme war höflich, doch Petra war nun schon lange genug Dienerin, um einen Befehl zu erkennen, auch wenn er nicht so klang.
    Sie trat in das Zimmer, das nur von einer grünen Rapsöllampe erleuchtet war. Astrophil blieb vollkommen ruhig und schweigsam. Sie hatte den Eindruck, dass er sich in Gegenwart von Meister Dee nichts zu sagen traute. Auch sie war verunsichert, dass dieser Fremde ihren Namen wusste, sie unter Hunderten von Bediensteten herausgefischt und an den Wachen vorbei in den dritten Stock geschleust hatte.
    Er rumorte in der Dunkelheit und zündete dann einige Kerzen neben zwei mit Samt bezogenen Sesseln an. »Nimm bitte Platz.«
    Petra setzte sich. Er ebenfalls. Seine Kleidung verschmolz mit dem Sessel, und sie konnte nicht erkennen, wo der
Sessel aufhörte und der Mann anfing. Er wartete offenbar darauf, dass sie etwas sagte.
    Petra blickte sich um. John Dee schien Spiele zu mögen. Sie sah ein Schachbrett, einen offenen, mit rotem Filz ausgekleideten Kasten und zwei Paar Würfeln, und ein seltsames Brett, das mit schwarzen und weißen Scheiben bedeckt war. Sie konnte nur ein bisschen Karten spielen und auch da schlug Tomik sie meistens.Trotzdem versuchte sie zu bluffen. Mit kräftiger Stimme, in der all das Selbstvertrauen lag, das sie nicht empfand, sagte sie: »Was wollt Ihr von mir? Ich habe nichts Unrechtes getan.«
    Sie wusste selbst nicht genau, was sie mit dieser Bemerkung hatte erreichen wollen, doch Belustigung bestimmt nicht. Als Meister Dee lachte, vermutete Petra, dass er bemerkt hatte, wie sie die Spiele betrachtet hatte (vielleicht hatte er sie sogar absichtlich so offen hingestellt), und schätzte nun ihren

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