Das Kabinett der Wunder
blind. Also schätze ich mal, dein Zaubertrank ist in Ordnung.« Er gab ihr das Fläschchen zurück.
Während Petra es nahm, sah sie ihm in die ungleichen Augen. Dann fuhr sie mit dem Daumen über den flachen Schnitt in ihrer Hand, über dem sich bereits langsam eine Kruste bildete. Eine Blutsbrüderschaft ist ein Versprechen, das Leben deines Bruders zu schützen wie dein eigenes und keine Geheimnisse voreinander zu haben. Sie ist eine Möglichkeit, sich aus Freunden eine Familie zu schaffen.
»Neel, warum hast du niemandem in der Burg von uns erzählt oder von dem Notizbuch meines Vaters? Du hättest
wahrscheinlich eine Belohnung bekommen. Ich weiß, dass du daran gedacht hast.«
»So jemand wie ich würde nicht so ohne Weiteres eine Privataudienz beim Prinzen bekommen. Also wem hätte ich es sagen sollen? Dem Hauptmann der Wache? Wo der doch so ein freundlicher Kerl ist. Der würde als Erstes mein Zigeunerfell in die nächste Gefängniszelle stopfen und jede Belohnung für sich selbst einfordern.«
»Du hast also daran gedacht?«, fragte sie anklagend.
»Gegen das Denken kann ich nichts machen. Aber es ist nicht meine Art, Damen zu verraten. Oder Spinnen.« Er nickte Astrophil zu.
Sie machte ein böses Gesicht. »Ich kann’s gar nicht glauben, dass du überhaupt daran gedacht hast. Ich hab dir vertraut.«
»Ich weiß.« Er schob die Hände in die Taschen und blickte zu Boden. »Ich bin daran nicht gewöhnt. Die Tatsache, dass du mir vertraut hast..., also das hat mich dazu gebracht, auch jemand sein zu wollen, dem man vertrauen kann.«
Sie schwiegen.
Ich sollte ihm von der Uhr erzählen, Astro.
Du hast deinem Vater versprochen, es niemandem zu erzählen , sagte Astrophil.
Ich weiß.
Das sieht dir nicht ähnlich, Petra. Du hast noch nie dein Wort gebrochen.
Ich weiß, aber ich hab Blutsbrüderschaft geschworen und...
Ich habe versucht, dich davon abzuhalten , unterbrach Astrophil
sie. Wenn du zu viele Versprechen machst, werden sich zwei im Weg stehen, und dann muss man ein Versprechen brechen.
Wenn Neel sein Leben riskiert, muss er alles über die Situation wissen. Ich muss überlegen, was Vater jetzt sagen würde, wenn er hier wäre. Ich glaube, er würde wollen, dass Neel Bescheid weiß.
Astrophil schüttelte den Kopf. Petra, wenn dein Vater hier wäre, würde er wollen, dass du und Neel so weit von der Salamanderburg fortgehen würdet, wie euch die Füße tragen.
Doch Petra hatte sich entschieden. »Neel, ich weiß, warum Dee will, dass ich ihm helfe.« Der Schnee fiel nun in dicken Schwaden. Die Flocken trieben wie Gänsefedern im Wind, während Petra ihm von der Uhr und ihren Kräften erzählte. »Und jetzt hat mir Dee befohlen, dafür zu sorgen, dass die Uhr niemals das Wetter bestimmen kann. Dee möchte seine rothaarige Königin beeindrucken... und Prinz Rodolfo daran hindern, ganz Europa zu unterwerfen«, fügte sie hinzu, wobei sie widerstrebend anerkannte, dass es gut war, was Dee plante.
Neel stieß einen Pfiff aus. »Ich hab doch immer schon gewusst, dass an der Staro-Uhr was Besonderes ist. Aber was glaubt Dee denn? Wie stellt er sich das denn vor? Dass du in das Kabinett der Wunder einbrichst und die Uhr sprengst, wenn sich das Kabinett in der Burg befindet und die Uhr am anderen Ufer des triefnassen Flusses? Das geht doch gar nicht.«
»Es gibt ein besonderes Teil der Uhr, das sie dazu bringt, das Wetter zu bestimmen«, erklärte Petra. »Dee meint, es befindet sich im Kabinett der Wunder. Bis jetzt weiß der Prinz nicht, wie das letzte Stück einzubauen ist.Wir müssen
es finden, was auch immer es ist, und es zerstören oder stehlen.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber das ist auch unmöglich. Wir wissen ja nicht einmal, wie es aussieht.«
»Was ist mit dem Notizbuch deines Vaters? Vielleicht steht da was drin? Irgendein Hinweis auf das fehlende Teil, das Dee finden will.«
»Ich weiß nicht. Ich hab es mir angesehen, aber da waren nur diese rätselhaften Gleichungen, einige Kopien und ein paar Zeichnungen, die nichts mit der Uhr zu tun haben. Ich glaube nicht, dass uns die Zeichnung von einem Schiff ohne Segel hilft. Aber du hast recht, wir sollten uns das Notizbuch noch mal ansehen.«
Er nickte. »Ich hab es sicher im Vurdon verstaut. In unserem Wagen, meine ich. Wir können es uns an unserem nächsten freien Tag vornehmen.«
»Ich glaube nicht, dass wir bis dahin warten können«, sagte Petra düster. »Vater war sich so sicher, dass der Prinz es nicht schaffen würde,
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