Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Schädel, tadelloser schwarzer Anzug. Nick wartete ein paar Sekunden und blickte dann unauffällig auf die Straße. Der General stieg in seinen Audi und fuhr los.
Das war die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte.
Er verabschiedete sich von den beiden Kolleginnen und schlich zum Büro des Generals. Er wusste, dass seine Sekretärin immer zur selben Zeit wie ihr Vorgesetzter Mittagspause machte. Die Tür war verschlossen. Eine massive Holztür, die wie alle Büros der Firma durch ein ausgeklügeltes System der Iriserkennung gesichert wurde.
Allerdings war das System an diesem Morgen ausgeschaltet worden, wie Nick mitbekommen hatte. Es funktionierte nicht zufriedenstellend und sollte im Laufe des Tages durch ein einfacheres und schneller reagierendes System ersetzt werden, das auf der Erkennung von Fingerabdrücken basierte. Nick sprach ein stummes Gebet und drückte dann die Klinke herunter.
Der Computer war noch eingeschaltet und verlangte nicht die Eingabe eines Passworts, was einen klaren Verstoß gegen die Sicherheitsregeln der Firma bedeutete: Sie verpflichteten jeden User, den Computer so zu konfigurieren, dass der Computer nach sechzig Sekunden Untätigkeit automatisch in den Sicherheitsmodus verfiel. Der General gehörte zu denen, die glaubten, Regeln seien für alle, nur nicht für sie selbst da.
Mit einem Klick öffnete sich die Mailbox. Posteingang und -ausgang waren mit einem speziellen Sicherheitscode geschützt, doch die bereits vorhandenen Mails ließen sich lesen. Nick beschloss, sich auf die Korrespondenz zwischen dem General und Joseph zu konzentrieren. Sofern es einen Schlüssel zu der geheimen Verbindung zwischen der afghanischen Ermittlung und den Geschehnissen in Zürich gab, würde er ihn hier finden.
Mit klopfendem Herzen ging er Josephs Nachrichten durch. Was er las, entsetzte ihn.
Kandar und seine beiden Assistenten in zwei Tagen an gemeinsamem Treffpunkt. Möglichkeit, das gesamte Team mit einem Schlag auszuradieren. Erwarte grünes Licht von Ihnen.
Minister im Prinzip einverstanden, spricht sich aber gegen militärische Intervention aus. Schlägt Selbstmordattentat vor, größere Risiken ziviler Verluste. Bestätige Abwesenheit westlicher Staatsangehöriger vor Ort.
Selbstmordattentat hat Ziel verfehlt. Kandar ist davongekommen. 30 Tote – umsonst. Erwarte Ihre Anweisungen.
Untersuchung im Fall Wali Wadi noch im Gange. Kandar scheint über Rolle Dortmunds Bescheid zu wissen. Unsere Mandanten müssen informiert werden.
Vorbereitung einer neuen Aktion zur Beseitigung Kandars. Einsatz lokaler Mittel bestätigt. Erwarte grünes Licht.
Dortmund muss beseitigt werden. Habe Lösung per Drohne für Kandar vorbereitet. Erwarte grünes Licht.
***
Eine Reisetasche in der Hand, stieg Michael Dortmund in den Wagen ein und setzte sich neben den Fahrer. Es überraschte ihn, dass er bei Einbruch der Dunkelheit abgeholt wurde: Wegen der immer heftigeren Angriffe durch Terroristen mieden die Westler die Straße zum Flughafen nach achtzehn Uhr. Einige mit al-Qaida verbundene Sprengmeister waren aus Bagdad herübergekommen, um die Taliban in alle Feinheiten der IED einzuweisen, jener ferngesteuerten Sprengvorrichtungen, die im Irak für Angst und Schrecken sorgten. Seit ein paar Monaten hatten die Explosionen zugenommen. Zweite Überraschung: Dortmund stellte fest, dass Joseph auf dem Rücksitz saß.
»Sie schon wieder?«
»Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass ich mich gar nicht mehr von Ihnen trennen kann«, spöttelte Joseph. »Ich begleite Sie zum Flughafen. Der General möchte, dass Sie Begleitschutz haben, für den Fall, dass die Afghanen Dummheiten machen.«
»Ich bin noch in der Lage, allein ein Flugzeug zu besteigen«, erwiderte Dortmund.
Amin fuhr los und schlängelte sich geschickt zwischen den anderen Fahrzeugen durch. Er bog in Richtung Cinema Zaina ab und folgte dann der Strecke nach Surobi, anstatt nach links in Richtung Flughafen abzubiegen.
»Fliege ich von Bagram ab?«, fragte Dortmund überrascht.
»Selbstverständlich, Sie nehmen ein Militärflugzeug, das ist diskreter.«
Sie fuhren weiter. Dortmund entspannte sich. Er hatte keine Zeit mehr, um Angst zu haben. Er spürte, wie auf einmal einkalter Gegenstand seinen Nacken berührte, dann traf ihn eine elektrische Ladung.
Joseph setzte die Elektroschockpistole ab, zog ein Futteral aus der Innentasche seiner Jacke und entnahm ihm eine bereits aufgezogene Spritze. Ohne zu zögern, rammte er sie dem
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