Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
mächtig, ich bin zwar Paschtune, aber aus einem ganz kleinen Clan. Außerdem genießt er das Vertrauen Karzais. Deine Geschichte legt die Beteiligung eines Westlers nahe, sie bringt die Internationale Schutztruppe in eine peinliche Lage. Vergiss nicht, dass die Deutschen die Sicherheit des Flughafens garantieren: Hunderte von Soldaten, ultramoderne Panzer, elektronische Gegenangriffe. Karzai will Probleme mit einem großen europäischen Land wie Deutschland vermeiden. Nach dem, was bei den letzten ›Wahlen‹ passiert ist, besitzt er keinerlei Legitimität, hat keinerlei Einfluss mehr. Er existiert nur durch die ISAF. An dem Tag, an dem er denen nicht mehr passt, wird er verschwinden, so einfach ist das. Mein lieber Osama, wenn du glaubst, Karzai könnte dich unterstützen, obwohl es den Westlern nicht passt, dann bist du verdammt naiv!«
»Ich weiß noch nicht, wer in diese Affäre verwickelt ist und wer nicht. Wenn du recht hast, wären die Leute aus dem Westen
unberührbar
.«
»Ist das nicht so?«
»Dortmund ist kein Funktionär, er arbeitet selbständig. Wir haben keinerlei Beweise, dass er Kontakt mit den Offiziellenunterhielt oder dass er irgendjemandes Befehl ausführte, als er diesen Mord beging.«
»Und meine Mutter ist Mullah Omar, ja? Hör auf, mich zu verarschen, Osama. Dein Fall stinkt zum Himmel. Du wirst überwacht und belauscht, und zwar von Leuten, die einen langen Arm haben. Sie haben Zugang zu Kommunikationssatelliten, zu Übersetzerteams, die Dari und Russisch beherrschen. Sie sind mächtig genug, um Ex-Mudschaheddin einzuspannen oder ein vollbesetztes Café in die Luft zu sprengen, nur weil sie dich töten wollen. Sie sind in der Lage, sich C 5 und Material der ehemaligen Roten Armee zu beschaffen. Siehst du denn nicht, was das bedeutet? Dortmund ist nur eine Marionette. Ich spüre die Hand einer großen Organisation hinter alldem.«
»Im Augenblick ist nur ein Ausländer in die Geschichte verwickelt. Ich bin allerdings erst am Anfang meiner Recherchen«, gab Osama zu.
»Du kämpfst gegen jemanden, der stärker ist als du. Gegen Deutsche. Schweizer. Seit wann mischen sich Schweizer Bürger in Kriegshandlungen ein? Es ist doch ein neutrales Land. Deine Typen arbeiten für jemand anderen, das ist offensichtlich. Jemanden sehr Mächtigen. Hast du dich schon mal gefragt, ob es nicht die Amerikaner sind?«
»Nein. Momentan ist da nur Dortmund, gegen den ich etwas in der Hand habe.«
»Überleg doch mal.«
»Ich weiß nicht, weshalb Wali Wadi getötet wurde, warum hier jemandem so sehr daran gelegen ist, die Untersuchungen zu stoppen. Ich weiß auch nicht, was Wali Wadis Safes enthielten, aber mein Instinkt sagt mir, dass hier der Schlüssel zu allem zu finden ist.«
»Also, mein Instinkt sagt mir, dass der Angriff, dessen Ziel du werden solltest, bestimmt nicht der letzte war und dass du rascher unter der Erde liegst, als dir lieb ist, wenn du noch tiefer bohrst.«
»Der Justizminister wird mir dabei behilflich sein, den Fall abzuschließen. Er wird mich schützen.«
»Er hat uns nicht auf unsere Posten berufen, und außerdem ist er ein Tadschike. Sieh doch nur, wie Karzai Amrullah Saleh gefeuert hat. Wie einen Hund. Entschuldige, dass ich das sage, aber wenn’s drauf ankommt, zählen doch nur die Paschtunen etwas in diesem Land.«
»Reza, ich verstehe, was du mir sagen willst, aber ich werde die Sache durchziehen, koste es, was es wolle. Du dagegen hast nur am Rande mit diesem Fall zu tun. Du kannst dir einen mächtigeren Beschützer als den Justizminister suchen, damit du nicht in Gefahr kommst.«
»Ach ja? Und wer ist denn dieser seltene Vogel, an den ich noch gar nicht gedacht habe? Komm mir ja nicht mit Abdullah Abdullah, der hat die Wahl verloren, damit wird es schon mal nichts.«
»Ich dachte an den Handelsminister. Er ist ein Ghilzai«, erwiderte Osama leise. »Ich weiß, dass du ihm letztes Jahr das Leben gerettet hast, als du ihn vor einem Attentat gewarnt hast, das gegen ihn angezettelt wurde. Er schuldet dir einen großen Gefallen.«
»Woher weißt du das?«, brummte Reza.
Die Ghilzai waren ein paschtunischer Clan, ebenso mächtig wie die Durrani, und der Handelsminister der aufstrebende Star der Regierung Karzai. Er war nicht bestechlich. Das Geld, das er veruntreute, so, wie alle das taten, kam dem Unterhalt seines Dorfes, seines Clans und seiner Getreuen zugute. Er selbst lebte sehr bescheiden.
Da sein Freund zögerte, es zuzugeben, half Osama nach.
»Hast du dich
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