Das Kadett
insgeheim immer eine Tochter gewünscht – natürlich hat sie das nie offen gesagt, um Vater nicht wehzutun. Lass sie deine richtige Mutter sein.«
»Oh«, sagte sie, als hätte er ihr einen Schlag versetzt. »Oh!«
»Du wirst sehen, sobald wir erst wieder in Barrayar sind …«
»Ich bete zu Gott«, unterbrach sie ihn, »dass ich nie wieder einen Fuß dorthin setzen muss.«
»Oh«, sagte er jetzt und dachte nach. »Wir könnten woanders leben. Kolonie Beta. Wir müssten uns etwas einschränken. Ich könnte mir Arbeit suchen – irgend etwas werde ich schon finden.«
»Und am Tag, an dem der Kaiser dich auffordert, deinen Platz im Rat der Grafen einzunehmen und für deinen Distrikt und die armen Kerle darin zu sprechen? Wohin willst du dann gehen?«
Miles schluckte betreten. »Ivan Vorpatril ist mein Erbe«, meinte er schließlich. »Lass ihn doch die Grafenwürde antreten.«
»Ivan Vorpatril ist ein Mistkerl.«
»Ach, so übel ist er gar nicht.«
»Ach ja? Wenn mein Vater nicht in der Nähe war, ist er mir nachgestiegen und hätte mir gern unter den Rock gefasst.«
»Was! Das hast du nie gesagt.«
»Ich wollte keinen großen Wirbel machen.« Sie runzelte die Stirn. »Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, dann würde ich ihm kräftig in die Eier treten.«
Verblüfft musterte Miles sie von der Seite. »Ja«, sagte er langsam. »Du hast dich tatsächlich sehr verändert.«
»Ich weiß nicht mehr genau, wer oder was ich bin. Miles, du musst mir glauben, dass ich dich liebe wie meinen Atem …« Sein Herz schlug höher …
»Aber ich kann nicht als dein Anhängsel leben.«
… und brach. »Ich verstehe nicht.«
»Ich weiß auch nicht wie ich es erklären soll. Du würdest mich verschlingen wie ein Ozean einen Eimer Wasser verschlingt. Ich würde in dir verschwinden. Ich liebe dich, aber ich habe schreckliche Angst vor dir und vor deiner Zukunft.«
Ihm fiel nur eine einfache Erklärung ein. »Es ist Baz, stimmt’s?«
»Wenn es Baz nicht gäbe, wäre meine Antwort dieselbe. Aber – da du schon von ihm sprichst – ja, ich habe ihm mein Wort gegeben.«
»Du …« Miles blieb die Luft weg. »Brich es!«, befahl er.
Elena blickte ihn nur stumm an. Er wurde tiefrot und senkte beschämt die Augen.
»Deine Ehre ist so groß wie der Ozean«, sagte sie leise. »Meine ist nur wie ein Eimer. Ein unfairer Wettkampf, Mylord.«
Besiegt ließ er sich rückwärts aufs Bett fallen.
Elena stand auf. »Kommst du zur Stabsbesprechung?«
»Warum? Ist doch alles hoffnungslos.«
Sie blickte mit schmalen Lippen auf ihn hinab, dann zum Sarg. »Wird es nicht langsam Zeit, dass du lernst, auf eigenen Füßen zu stehen – du Krüppel?«
Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, durch die Tür zu entwischen und so dem Kissen zu entgehen, das Miles nach ihr schleuderte. Auf Elenas Lippen lag ein leises zufriedenes Lächeln über diesen plötzlichen Energieausbruch.
»Du kennst mich zu verdammt gut«, flüsterte Miles. »Ich sollte dich schon aus Sicherheitsgründen in meiner Nähe behalten.«
Dann stand er auf, um sich zu rasieren.
Miles kam in letzter Sekunde zur Besprechung und ließ sich wie üblich in den Sessel am Kopfende sinken. Diesmal waren alle Offiziere erschienen. General Halify und ein Adjutant, Tung, Thorne, Auson, Arde, Baz und die fünf Männer und Frauen, die aus den neuen Rekruten als Offiziere gewählt waren, saßen um den großen Konferenztisch. Der cetagandische Ghem Captain und der Kshatrysche Lieutenant gifteten sich so an, dass sie es mit der Dreier-Rivalität zwischen Tung, Auson und Thorne aufnehmen konnten. Einig waren sie sich nur gegen die Felicianer, den Profi-Killer aus Jackson’s Whole oder den ehemaligen Major von Tau Ceta, welcher seinerseits gegen die Ex-Oserer hetzte. Damit schloss sich der Kreis.
Auf der Tagesordnung dieser Zirkusvorstellung stand die Vorbereitung des endgültigen Schlachtplans der Dendarii, die Blockade der Oserer zu durchbrechen. General Halify war daher besonders interessiert. Seine anfängliche Begeisterung war allerdings in letzter Zeit etwas durch Miles’ Verhalten gedämpft worden. Als Miles den Zweifel in Halifys Augen sah, dachte er: General, bei deinen Preisen bekommst du eben keine erstklassige Ware!
Während der ersten halben Stunde wurden nur die Lieblingspläne dreier Teilnehmer verrissen, die schon bei früheren Besprechungen vorgetragen worden waren. Mit Wonne verwies die eine Hälfte von Miles’ Gruppe die andere auf
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