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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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gerechtfertigt. Manche Wahrheiten können so reißend werden, dass auch starke Bauten ihnen nicht standhalten können. Er wollte nicht noch so eine Zerstörung wie die Elena Botharis erleben.
    Als Miles zu dem Punkt gekommen war, wie er die Blockade endgültig gebrochen hatte, hörte Gregor mit offenem Mund fasziniert zu, und Graf Vorkosigans Augen strahlten anerkennend. Ivans Ankunft, Miles Schlüsse daraus – das erinnerte ihn, dass es Zeit war, wieder die Medizin einzunehmen, und er griff nach dem Flachmann.
    »Was ist das?«, fragte sein Vater überrascht.
    »Ein Mittel gegen Magensäure. Möchtest du einen Schluck?«
    »Ja, danke«, sagte Graf Vorkosigan und nahm einen kräftigen Schluck. Er verzog keine Miene, aber Miles war nicht sicher, ob sein Vater nicht doch innerlich lachte.
    Miles gab dann noch einen kurzen und knappen Bericht über die Gründe, die ihn dazu geführt hatten, heimlich zurückzufliegen, um Vordrozda und Hessman zu überraschen. Ivan bestätigte alles, was er als Augenzeuge miterlebt hatte, und entlarvte Hessman als Lügner. Gregor wirkte verstört über die Feststellung, dass seine neuen Freunde ihn so hinters Licht geführt hatten. Wach auf, Gregor! dachte Miles. Du von allen Menschen kannst dir den Luxus angenehmer Illusionen nicht leisten. Nein! Mit dir möchte ich wirklich nicht den Platz tauschen.
    Als Miles seinen Bericht abgeschlossen hatte, war Gregor ganz niedergeschlagen. Graf Vorkosigan saß rechts von Gregor, wie immer zurückgelehnt, und betrachtete seinen Sohn nachdenklich.
    Schließlich ergriff Gregor das Wort. »Als du eine solche Streitmacht auf die Beine gestellt hast – was wolltest du werden? Wenn nicht Herrscher von Barrayar, dann vielleicht woanders?«
    »Mein Gebieter.« Miles senkte die Stimme. »Als wir im Winter immer in der Kaiserlichen Residenz spielten, habe ich da jemals eine andere Rolle spielen wollen, als die Vorthalias des Getreuen? Du kennst mich – wie konntest du an mir zweifeln! Die Dendarii Söldner sind rein zufällig entstanden. Ich hatte nie vor, eine Streitmacht zu sammeln. Irgendwie haben sie sich gebildet, während ich von einer Krise in die nächste stolperte. Ich wollte nur Barrayar dienen, so wie mein Vater vor mir. Als ich aber nicht Soldat werden konnte, wollte ich – irgend etwas Nützliches tun, um …« – er blickte seinen Vater an und konnte die schmerzliche Wahrheit nicht länger zurückhalten –, »um aus meinem Leben ein würdiges Geschenk zu machen, das ich zu seinen Füßen niederlegen konnte.« Er zuckte Achseln. »Aber ich habe mal wieder versagt.«
    »Ton, mein Junge.« Die Stimme Graf Vorkosigans klang belegt. »Nur ein tönernes Standbild, das nicht wert ist, eine so goldene Opfergabe zu empfangen.« Dann versagte ihm die Stimme.
    In diesem Augenblick dachte Miles nicht mehr an die bevorstehende Gerichtsverhandlung. Er senkte die Augen und barg dieses köstliche Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit im Herzen, um daraus in einer zukünftigen dunklen oder verzweifelten Stunde Trost zu holen. Der vaterlose Gregor schluckte und blickte – wie beschämt – beiseite. Graf Vorhalas schaute zu Boden, wie jemand, dem es peinlich ist, in eine sehr private, intime Szene gestolpert zu sein.
    Dann legte Gregor die rechte Hand zögernd auf die Schulter seines ersten und treuesten Beraters und Beschützers. »Ich diene Barrayar«, sagte er. »Das Recht darin ist meine Pflicht. Ich wollte niemals ungerecht sein.«
    »Man hat dich an der Nase herumgeführt, mein Junge«, sagte Graf Vorkosigan so leise, dass nur Gregor ihn verstand. »Schon gut. Aber lerne daraus.«
    Gregor wandte sich wieder an Miles. »Als wir zusammen gespielt haben, Miles, hast du mich bei Strat-O immer geschlagen. Weil ich wusste, wie gut du in diesem Strategiespiel bist, dass ich an dir zweifelte.«
    Miles kniete nieder, senkte den Kopf und breitete die Arme aus. »Ich beuge mich Eurem Urteil, Gebieter.«
    Gregor schüttelte den Kopf. »Einen derartigen Hochverrat kann ich immer ertragen.« Dann erhob er die Stimme und fragte die Zeugen: »Nun, Mylords? Seid Ihr überzeugt, dass Vordrozdas Anschuldigung, dass Miles sich des Imperiums bemächtigen wollte, falsch und böswillig ist? Und werdet Ihr dies auch Euren Standesgenossen gegenüber bezeugen?«
    »Absolut«, erklärte Henri Vorvolk begeistert. Miles vermutete, dass der Kadett im zweiten Jahr auf der Akademie, sich bei seiner Schilderung der Abenteuer mit den Dendarii Söldnern rettungslos in ihn verliebt

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