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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Kreis des Redners. Auf der Zeugenbank dahinter saß Admiral Hossman. Die Galerie mit der reich geschnitzten Balustrade war leer, aber die Holzbänke und Pulte um den Rednerkreis waren dicht besetzt.
    Unter den offiziellen Roben in Scharlachrot und Silber blitzten alle möglichen Hautfarben. Nur wenige Männer trugen keine Robe, sondern die rotblaue Paradeuniform der aktiven Kaiserlichen Streitkräfte. Kaiser Gregor saß auf einem erhöhten Podest links im Raum. Auch er trug nur die Uniform. Miles kämpfte gegen den Anfall von Lampenfieber. Er wünschte, er hätte sich noch schnell zu Hause umgezogen. Er trug immer noch das einfache dunkle Hemd, Hosen und Stiefel, wie beim Verlassen von Tau Verde. Die Entfernung bis in die Saalmitte kam ihm wie ein Lichtjahr vor.
    Sein Vater saß hinter einem Pult in der ersten Reihe, nicht weit entfernt von Vordrozda. Wie immer trug er die Uniform. Graf Vorkosigan hatte sich zurückgelehnt, die Beine an den Knöcheln gekreuzt und die Arme auf die Lehnen gestützt. Trotz dieser lässigen Haltung wirkte er wie ein Tiger kurz vor dem Sprung. Die Augen in dem finsteren Gesicht fixierten Vordrozda mordlüstern. Miles fragte sich in diesem Augenblick, ob der Titel ›Schlächter von Komarr‹, den böse Zungen seinem Vater angehängt hatten, vielleicht doch nicht so ganz unbegründet war.
    Vordrozda, im Rednerkreis, war der einzige, der direkt auf den Eingangsbogen blickte. Daher sah er Miles und Ivan auch als erster. Er hatte gerade den Mund aufgemacht, um weiterzusprechen. Jetzt fiel ihm der Unterkiefer herab.
    »Auf eben diese Frage, Graf Vordrozda, möchte ich gern antworten und Ihnen auch, Admiral Hessman«, rief Miles.
    Zwei Lichtjahre , dachte er, und humpelte weiter.
    Im Saal erhob sich lautes Stimmengewirr. Doch Miles interessierte nur die Reaktion eines einzigen Mannes.
    Graf Vorkosigan drehte den Kopf, sah Miles an und atmete tief ein. Dann zog er Arme und Beine ein. Einen Augenblick lang barg er das Gesicht in den Händen. Dann rieb er sich die Augen. Sie funkelten feucht, als er seinen Sohn wieder ansah.
    Wann ist er so alt geworden? überlegte Miles. War das Haar schon immer so grau gewesen? Hat er sich so verändert oder ich? Oder wir beide?
    Graf Vorkosigans Blick fiel jetzt auf Ivan. Verzweifelt runzelte er die Stirn.
    »Ivan, du Idiot! Wo hast du gesteckt?«
    Ivan zwinkerte Miles zu und schritt hocherhobenen Hauptes zur Zeugenbank. Dort verneigte er sich kurz. »Admiral Hessman schickte mich aus, um Miles zu finden, Sir!«
    »Das stimmt!«, antwortete der Admiral. »Aber ich glaube nicht, dass dies der wahre Grund des Befehls war.«
    Vordrozda funkelte wütend Hessman an. »Sie …«, zischte Vordrozda in Richtung Admiral. Dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
    Miles verbeugte sich vor der ganzen Versammlung und verharrte schließlich mit gebeugtem Knie vor dem Podest des Kaisers. »Mein Gebieter, Mylords. Ich wäre schon früher gekommen. Doch leider ging die Einladung an mich mit der Post verloren. Um dies zu beweisen, würde ich gern Lord Ivan Vorpatril zu meinem Zeugen aufrufen.«
    Der junge Kaiser Gregor blickte ihn aus seinen dunklen Augen beunruhigt an. Dann sah er verwirrt zu seinem neuen Ratgeber im Rednerkreis hin. Sein ehemaliger Ratgeber, Graf Vorkosigan, strahlte. Er hatte die Lippen zu einem fast raubtierhaften Lächeln gefletscht. Auch Miles sah aus dem Augenwinkel zu Vordrozda hin. Instinktiv wusste er, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war, um Druck zu machen. Bis der Lord Hüter der Ordnung Ivan gemäß Protokoll als Zeugen zulässt, sagte er sich, haben die anderen sich vom Schock erholt. Gib ihnen sechzig Sekunden Beratung, und sie brüten neue Lügen aus, die so überzeugend klingen, dass ihr Wort gegen unseres steht. Da mit Sicherheit mehrere Mitglieder des Rats geschmiert sind, ist die Abstimmung ein teuflisch gefährliches Spiel. Hessman, ja, Hessman, dem musste man jetzt zusetzen. Vordrozda war zu aalglatt. Der würde sich irgendwie herauswinden. Zuschlagen und die Verschwörung spalten!
    Miles räusperte sich und stand auf. »Hiermit klage ich vor Euch, Ihr Lords, Admiral Hessman der Sabotage, des Mordes und des versuchten Mordes an. Ich kann beweisen, dass er die Sabotage des Kaiserlichen Schnellkurierschiffes von Captain Dimir befahl, was zum grauenvollen Tod aller an Bord führte. Ferner kann ich beweisen, dass er damit auch meinen Vetter Ivan töten wollte.«
    »Das ist gegen das Protokoll«, rief Vordrozda. »Derartig absurde Anklagen

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