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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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kann, weil es einfach keine Wörter dafür gibt. Das ist besser als Träume oder Alpträume – besser als eine Frau –, besser als Essen, Trinken, Schlafen oder Atmen – und dafür bezahlen sie uns! Diese armen Irren, mit nichts unter der Schädeldecke als Protoplasma …« Er blickte Miles mit verschleierten Augen an. »Tut mir leid! War nicht persönlich gemeint. Sie sind nun mal kein Pilot. Ich habe nie wieder eine Ladung nach Hespari gebracht.« Jetzt musterte er Miles etwas klarer »He, sagen Sie mal, Sie sind aber auch ganz schön beschissen dran, was?«
    »Nicht so beschissen wie Sie«, antwortete Miles pikiert.
    »Mm«, stimmte Mayhew ihm zu und hielt ihm wieder die Flasche hin.
    Komisches Zeug, dachte Miles. Da musste etwas enthalten sein, was die übliche Wirkung von Äthanol ins Gegenteil verkehrte, denn normalerweise schlief Miles davon ein. Aber jetzt fühlte er sich warm und voll Energie, als würde es bis in die Finger und Zehen fließen. Wahrscheinlich hielt Mayhew sich damit drei Tage lang wach – ganz allein in dieser verlassenen Konservendose.
    »Sie haben also keinen Schlachtplan«, fuhr Miles tadelnd fort. »Sie haben nicht eine Million Betanischer Dollar in kleinen, unmarkierten Scheinen verlangt oder gedroht, sonst lasse ich das Schiff durchs Dach des Raumfahrthafens fallen? Sie haben auch keine Geiseln genommen oder irgend etwas Konstruktives getan. Sie sitzen nur hier oben, schlagen die Zeit tot, leeren die Pulle und lassen alle Gelegenheiten aus, nur, weil es Ihnen an Entschlusskraft oder Phantasie fehlt!«
    Mayhew blinzelte bei diesem unerwarteten Gesichtspunkt. »Bei Gott! Van hat tatsächlich einmal die Wahrheit gesagt! Sie kommen nicht von der Psychiatrischen Gutachterstelle … ich könnte Sie als Geisel nehmen«, bot er an und richtete die Nadelpistole auf Miles.
    »Nein, tun Sie das nicht!«, rief Miles schnell. »Ich kann es nicht erklären, aber die da unten würden überreagieren. Das ist keine gute Idee.«
    »Aha.« Der Lauf schwenkte. »Aber verstehst du nicht, dass sie mir nicht geben können, was ich will?« Er tippte an die Kopfhörer. »Ich will Sprünge fahren, und das kann ich nicht – nicht mehr.«
    »Nur mit diesem Schiff, oder?«
    »Dieses Schiff wird verschrottet.« Die Stimme klang verzweifelt aber erstaunlich rational. »Und zwar, sobald ich mich nicht mehr wach halten kann.«
    »Das ist doch eine völlig nutzlose Einstellung«, schimpfte Miles, »Geh mal ein bisschen logisch an das Problem heran: Du willst ein Sprungpilot sein. Du kannst nur auf einem RG-Schiff ein Sprungpilot sein. Dies ist das letzte RG-Schiff. Daraus folgt: Du brauchst dieses Schiff. Verschaff es dir! Sei ein Pilot-Eigner. Befördere deine eigenen Ladungen. Doch ganz einfach, oder? Gibst du mir noch einen Schluck von dem Zeug?« An den grauenvollen Geschmack gewöhnte man sich überraschend schnell, stellte Miles fest.
    Mayhew schüttelte den Kopf und presste das Kästchen mit dem Schalter verzweifelt an sich, als wäre er ein Kind mit seinem Lieblingsteddy. »Ich hab’s versucht. Ich habe alles versucht. Ich dachte, ich hätte das Darlehen, aber dann hat es doch nicht geklappt. Außerdem hat Calhoun mich sowieso überboten.«
    »Hm.« Miles gab die Flasche zurück und betrachtete den Piloten, zu dem er jetzt im rechten Winkel schwebte. »Und dennoch! Du darfst nicht aufgeben! Kapitulation beschmutzt die Ehre der Vor.« Er summte ein Stück einer alten Ballade aus seiner Kindheit, ›Die Belagerung des Silbermondes‹. Darin spielte auch ein Vor-Lord eine Rolle und eine wunderschöne Hexe, die auf einem magischen Mörser durch die Lüfte flog. Zum Schluss hatten sie darin die Knochen der Feinde zerstampft. »Gimmir noch ’n Schluck. Ich muss nachdenken. ›Wenn du den Treueeid mir schwörst, werd’ ich als Lehnsherr dir auch stets die Treue halten‹ …«
    »Häh?«, fragte Mayhew.
    Miles merkte, dass er laut vor sich hingesungen hatte. »Nichts, schon gut.« Schweigend schwebte er einige Minuten lang dahin. »Das ist das Problem des betanischen Systems«, erklärte er schließlich. »Niemand übernimmt für einen anderen die persönliche Verantwortung. Es gibt nur diese gesichtslosen, fiktiven Behörden – eine Geisterregierung. Was du brauchst, ist ein Lehnsherr, der das Schwert zückt und dem Amtsschimmel den Kopf abschlägt – so wie Vorthalia der Kühne die Dornenhecke.«
    »Was ich brauche, is ’n Schluck«, entgegnete Mayhew mürrisch.
    »Hm? Oh, tut mir leid.« Miles gab die

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