Das Kadett
erstaunt.
Beleidigt hob Miles den Kopf noch höher. »Doch kein Geld«, entrüstete er sich, als würde er dieses schmutzige Zeug nie im Leben berühren. »Es ist eine Ehrenschuld.«
Die Verwaltungsangestellte schaute ihn vorsichtig beeindruckt an, der Pilot erfreut, die Sicherheitsbeamtin zweifelnd und der Verschrotter absolut misstrauisch. »Und wie hilft mir das?«, fragte er ungehobelt.
»Ich kann Pilot Mayhew überreden, ihr Schiff zu verlassen«, sagte Miles und witterte eine klare Chance. »Allerdings müssen Sie mir dazu die Gelegenheit verschaffen, mit ihm von Angesicht zu Angesicht zu sprechen.« Elena schluckte. Miles warf ihr schnell einen warnenden Blick zu.
Die vier Betaner sahen sich an. Offenbar waren sie unschlüssig, wem sie die Verantwortung zuschieben sollten. Schließlich erklärte der Pilot: »Ach, zum Teufel, warum nicht? Oder hat einer von Ihnen eine bessere Idee?«
Der grauhaarige Chefpilot saß auf dem Kontrollsitz der Personalfähre und sprach – noch einmal – in seine Komkonsole. »Arde? Arde, hier ist Van. Antworte mir bitte! Ich habe jemand heraufgebracht, der mit dir reden will. Er kommt jetzt an Bord, wenn’s dir recht ist. In Ordnung, Arde? Du machst doch keinen Blödsinn, oder?«
Schweigen kam als einzige Antwort. »Empfängt er Sie?«, fragte Miles.
»Seine Komkonsole schon. Ob, er aber die Lautstärke aufgedreht hat oder ob er davor sitzt oder wach ist oder – oder noch lebt? Keine Ahnung.«
»Ich lebe«, ertönte plötzlich eine belegte Stimme aus dem Lautsprecher; aber es kam kein Bild. »Aber du nicht lange, Van, wenn du versuchst, an Bord meines Schiffes zu kommen, du hinterhältiger Dreckskerl.«
»Ich werde es nicht versuchen«, versprach der Chefpilot. »Nur Mister … äh … Lord Vorkosigan neben mir.« Stille, wenn man vom Knistern absah.
»Arbeitet der etwa für diesen Blutsauger Calhoun?«, kam die misstrauische Frage aus dem Lautsprecher.
»Er arbeitet für niemand«, versicherte Van beschwichtigend.
»Auch nicht für die Psychiatrische Gutachterstelle? An mich kommt keiner mit einer verdammten Spritzenpistole ran! Vorher jage ich uns alle in die Hölle.«
»Er ist nicht einmal Betaner. Er ist Barrayaraner und sagt, dass er dich sucht.« Wieder Stille. Dann die Stimme – unsicher. »Ich schulde keinem Barrayaraner etwas – glaube ich zumindest … Ich kenne überhaupt keine Barrayaraner.«
Ein seltsames Gefühl von Druck und ein leises Klicken kam von der Außenseite des Rumpfes, als sie mit dem alten Frachter in Kontakt kamen. Der Pilot gab Miles mit dem Finger ein Zeichen, worauf dieser die Lukenverbindung sicherte. »Fertig?«, rief er.
»Sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen?«, flüsterte der Chefpilot.
Miles nickte. Es war ein kleines Wunder, dass er der Obhut Botharis entkommen war. Er leckte sich die Lippen und grinste. Er genoss das herrliche Gefühl von Schwerelosigkeit und Angst. Elena würde unten auf dem Planeten jeden unnötigen Alarm verhindern.
Miles öffnete die Luke. Luft zischte, als sich der Druck zwischen den beiden Raumschiffen ausglich. Vor ihm lag ein pechschwarzer Tunnel. »Haben Sie eine Taschenlampe?«
»Auf dem Regal dort«, antwortete der Pilot, Miles holte sie und schwebte vorsichtig in die Röhre, Dunkelheit lauerte vor ihm, verbarg sich in Querkorridoren und schlug hinter ihm wieder zusammen. Er schlängelte sich zum Navigations- und Kommunikationsraum vor, wo sich sein Opfer höchstwahrscheinlich aufhielt. Eigentlich war es keine große Entfernung – die Mannschaftsunterkünfte waren klein, da der größte Teil des Schiffs für die Ladung bestimmt war –, aber die absolute Stille ließ die Strecke länger erscheinen. Die Schwerelosigkeit wirkte sich jetzt wie üblich auf ihn aus: Die letzte Speise kam ihm wieder hoch. Vanille , dachte er, ich hätte Vanilleeis nehmen sollen .
Aus einer offenen Luke drang ein schwacher Lichtschein vor ihm auf den Korridor. Miles räusperte sich laut. Es war vielleicht besser, den Mann nicht zu erschrecken, wenn man die Umstände berücksichtigte.
»Pilot Mayhew?«, rief er leise und zog sich zur Tür. »Ich bin Miles Vorkosigan und suche nach … nach …« Was, zum Teufel, suchte er? Ach was! »Ich suche nach verzweifelten Männern«, schloss er hochtrabend.
Pilot Mayhew saß wie ein Häuflein Elend angeschnallt auf dem Pilotensitz. Im Schoß hielt er die Kopfhörer, eine halbvolle Literflasche aus weichem Plastik, in der eine perlende, giftgrüne Flüssigkeit leuchtete,
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