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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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diesen Wurm der Angst eintauschte, der wie ein Parasit in seinem Bauch nagte. War er aus Feigheit davongelaufen? Hatte er ein Verbrechen begangen? Oder irgendeinen schrecklichen, tödlichen Fehler? Eigentlich war Miles verpflichtet, dem Staatsschutz zu helfen, diesen Kerl zu fangen. Aber er war heute Abend hergekommen, um dem Mann zu helfen, nicht um ihn zu vernichten …
    »Ich verstehe nicht«, sagte Hathaway. »Hat er ein Verbrechen begangen?«
    »Ja, ein verdammt ernstes: Desertieren mitten in der Schlacht«, antwortete Miles. »Wenn er nach Hause ausgeliefert wird, lautet die Strafe Vierteilen.«
    Hathaway starrte ihn schockiert an. »Aber dabei stirbt er doch!« Er blickte umher und schrumpfte unter den Blicken der drei Barrayaraner.
    »Betaner!«, sagte Baz angewidert. »Ich kann Betaner nicht ausstehen!«
    Hathaway murmelte irgend etwas Unverständliches vor sich hin. Miles verstand nur: »… blutrünstige Barbaren …«
    »Wenn Sie also nicht vom Sicherheitsdienst sind, können Sie gleich wieder abhauen. Sie können doch nichts für mich tun.« Baz setzte sich wieder.
    »Ich muss aber etwas unternehmen«, beharrte Miles.
    »Warum?«
    »Ich … ich fürchte, ich habe Ihnen unabsichtlich einen schlechten Dienst erwiesen, Mr … Mr … Sie können mir jetzt ruhig Ihren Namen nennen.«
    »Jesek.«
    »Mr. Jesek. Sehen Sie, ich bin selbst unter Observierung des Sicherheitsdienstes. Dadurch, dass ich mich mit Ihnen getroffen habe, ist Ihre Tarnung in Gefahr. Es tut mir leid.«
    Jesek wurde blass. »Warum beobachtet der Staatsschutz Sie?«
    »Nicht der betanische Staatsschutz, der kaiserliche.«
    Aus dem Deserteur entwich die Luft, als hätte er einen Hieb in die Magengrube bekommen. Er wurde leichenblass und verbarg das Gesicht zwischen den Knien. Leise wimmerte er: »O Gott …« Dann schaute er zu Miles auf. »Was hast du bloß ausgefressen, Junge?«
    »Ich habe Ihnen diese Frage nicht gestellt, Mr. Jesek«, fuhr Miles ihn scharf an.
    Der Deserteur murmelte eine Entschuldigung.
    Ich darf ihn nicht wissen lassen, wer ich bin, dachte Miles. Sonst rennt er los und direkt in die Maschen meines sogenannten Sicherheitsnetzes. Lieutenant Croye oder seine Knechte von der Barrayaranischen Botschaft werden den Mann sowieso überprüfen. Sie drehen durch, wenn sie feststellen, dass er der Unsichtbare ist. Spätestens morgen, wenn sie ihn routinemäßig überprüfen. Ich habe diesen Mann praktisch getötet – nein! »Was haben Sie denn früher als Soldat getan?« Miles brauchte Zeit zum Nachdenken.
    »Ich war Assistent des Ingenieurs.«
    »Auf dem Bau? Bei Waffensystemen?«
    Die Stimme des Mannes festigte sich. »Nein, Sprungschiffantriebe und ein paar Waffensysteme. Ich habe versucht, als Techniker auf privaten Frachtern Arbeit zu bekommen; aber in diesem Sektor ist das meiste Gerät, für das ich ausgebildet bin, ausgemustert worden. Harmonische Impulsmotoren, Necklin Farbantrieb – selten geworden. Ich muss weiter weg von den großen Handelszentren.«
    Miles konnte ein leises ›Hm‹ nicht unterdrücken. »Verstehen Sie etwas von Frachtschiffen der RG-Klasse?«
    »Klar. Ich habe auf einigen gearbeitet. Necklin Antrieb. Aber die sind jetzt auch alle verschrottet.«
    »Nicht ganz.« Miles wurde ganz aufgeregt. »Ich kenne ein Schiff. Es wird bald eine Fahrt machen, wenn es Ladung und Besatzung findet.« Jesek beäugte ihn misstrauisch. »Fährt es irgendwohin, wo man kein Auslieferungsabkommen mit Barrayar hat?«
    »Vielleicht.«
    »Mylord!« Botharis Stimme klang erregt. »Du erwägst doch nicht etwa, diesem Deserteur eine Zuflucht zu bieten.«
    »Naja …«, meinte Miles betont harmlos. »Technisch gesehen, weiß ich nicht, dass er ein Deserteur ist. Ich habe lediglich einige dunkle Behauptungen gehört.«
    »Er hat es selbst zugegeben!«
    »Verwegenheit, vielleicht auch negativer Snobismus.«
    »Strebst du danach, ein zweiter Lord Vorloupulous zu werden?«, fragte Bothari trocken.
    Miles lachte und seufzte. Um Jeseks Mundwinkel zuckte es. Hathaway bat, ihn an dem Scherz teilhaben zu lassen.
    »Es geht wieder um Barrayaranisches Recht«, erklärte Miles. »Unsere Gerichte halten nicht viel von Leuten, die sich peinlich genau an den Buchstaben des Gesetzes halten, aber den Sinn darin verletzen. Der klassische Präzedenzfall ist der Lord Vorloupulous’ und seiner zweitausend Köche.«
    »Betrieb er eine Restaurantkette?«, fragte Hathaway erstaunt. »Sag bloß nicht, dass das auf Barrayar auch illegal ist.«
    »Nein.

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