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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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und unwegsamen Gelände. Seltsam geformte Gegenstände auf den Schuttbergen gaben plötzlich nach und wurden zu Fußangeln. Der gesamte Abfall der hochentwickelten Technologie wartete hier auf die Apotheose durch den genialen Erfindungsreichtum der nächsten betanischen Generation und glänzte zwischen dem üblichen menschlichen Müll.
    »Verflucht!«, rief Hathaway plötzlich. »Jetzt hat er schon wieder ein Feuer angemacht!« Hundert Meter entfernt stieg eine kleine Rauchwolke empor. »Ich hoffe, dass er diesmal nicht wieder Holz verbrennt. Ich kann ihn einfach nicht überzeugen, wie wertvoll das Zeug ist. Naja, wenigstens findet man ihn auf diese Weise leicht …«
    Zwischen den Müllbergen lag eine geschützte Stelle. Ein dünner, dunkelhaariger Mann, Ende zwanzig, hockte mit finsterem Gesicht neben einem winzigen Feuer, das er auf dem Boden einer flachen Parabolantennenschüssel angezündet hatte. Der provisorische Küchentisch hatte sein Leben als Computer-Tischkonsole begonnen und enthielt jetzt flache Metallstücke, die offenbar als Teller und Schüsseln dienten. Ein großer rotgold schimmernder Karpfen lag ausgenommen da, fertig zum Braten.
    Beim Geräusch der Schritte blickte der Mann aus dunklen Augen zu ihnen auf. Erschöpfung hatte tiefe Ringe darunter gezeichnet. Er sprang auf und griff nach einem offenbar selbst gemachten Messer. Miles konnte nicht erkennen, aus welchem Material es hergestellt war, aber es konnte nicht schlecht sein, wenn man den ausgenommenen Fisch betrachtete. Bothari legte die Hand automatisch an den Griff der Betäubungspistole.
    »Ich glaube, dass er tatsächlich Barrayaraner ist«, sagte Miles leise zu Bothari. »Sieh doch nur, wie er sich bewegt.«
    Bothari nickte zustimmend. Der Mann hielt das Messer wie ein Soldat: Die linke Hand deckte die rechte, um jederzeit einen Schlag abzuwehren oder mit der Klinge zuzustoßen. Er schien sich dieser Kampfstellung nicht bewusst zu sein.
    Hathaway erhob die Stimme: »He, Baz! Ich bringe dir ein paar Besucher, in Ordnung?«
    »Nein.«
    »He, hör zu.« Hathaway rutschte auf dem Müll ein Stück hinab, doch nicht zu nah. »Ich habe dich doch wirklich in Ruhe gelassen, oder? Ich lasse dich in meinem Zentrum tagelang unbehelligt herumlaufen. Das ist ja auch in Ordnung, solange du nichts hinausträgst – du verheizt doch nicht etwa Holz? Naja, schon gut … diesmal will ich es übersehen, aber du musst mit diesen Männern reden. Das schuldest du mir, finde ich. In Ordnung? Außerdem kommen sie von Barrayar.«
    Baz warf einen prüfenden Blick zu ihnen herauf. Hunger und Verzweiflung lagen darin. Die Lippen formten stumm ein Wort. Miles las es: Heim. Ich stehe wie eine Silhouette da, dachte Miles. Wir müssen hinunter, damit er mein Gesicht im Feuerschein sehen kann. Er glitt zu Hathaway hinab.
    Baz starrte ihn an. »Sie sind kein Barrayaraner«, sagte er lakonisch.
    »Ich bin halb Betaner«, erklärte Miles. Allerdings hatte er in diesem Augenblick keine Lust, seine gesamte medizinische Vorgeschichte auszubreiten. »Aber ich bin auf Barrayar aufgewachsen. Es ist meine Heimat.«
    »Heimat«, flüsterte der Mann kaum hörbar. »Sie sind weit weg von zu Hause.«
    Miles hob das Plastikgehäuse irgendeines Geräts hoch, Drähte baumelten traurig heraus. Er setzte sich darauf. Bothari bezog oberhalb von ihm Posten. »Sind Sie hier hängengeblieben? Brauchen Sie Hilfe, um nach Hause zurückzukommen?«
    »Nein.« Der Mann blickte finster weg. Das Feuer war heruntergebrannt. Er legte das Metallgitter einer alten Klimaanlage darüber und darauf den Fisch.
    Fasziniert sah Hathaway zu. »Was machst du mit dem toten Goldfisch?«
    »Essen.«
    Angewidert wandte Hathaway sich ab. »Hör zu, Mann – du musst dich nur in irgendeinem Schutzraum melden und dir eine Karte ausstellen lassen. Dann bekommst du so viele Proteinschnitten, wie du willst, jede Geschmacksrichtung, sauber und frisch aus den Fässern. Niemand muss auf diesem Planeten ein totes Tier essen. Wo hast du den Fisch überhaupt her?«
    »Aus einem Brunnen«, antwortete Baz unsicher. Hathaway schaute ihn entsetzt an. »Das sind Ausstellungsstücke des Silica-Zoos! Du kannst kein Ausstellungsstück essen!«
    »Da waren so viele. Ich habe gedacht, dass kein Mensch den einen Fisch vermisst. Ich habe nicht gestohlen. Ich habe ihn gefangen.«
    Miles rieb sich nachdenklich das Kinn. Dann hob er den Kopf und holte Mayhews grüne Flasche heraus, die er im letzten Augenblick noch eingesteckt hatte. Baz

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