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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Implantat wog nicht mehr als der Knopf, dem es ähnlich sah. Dabei steckten unter der glatten Oberfläche Hunderte von Kilometern an Virenkreisen.
    Bothari runzelte die Stirn, als er Miles’ Gesicht sah. »Ein Toter ist bei einer derartigen Operation nicht schlimm, Mylord. Sein Leben rettete viele andere, nicht nur auf unserer Seite.«
    »Ja, daran werde ich denken, wenn ich meinem Vater erklären muss, wieso ein Gefangener zu Tode gefoltert wurde«, entgegnete Miles.
    Bothari zuckte zusammen und schwieg. Dann wiederholte er seinen Wunsch, bei der Durchsuchung nach Waffen dabei zu sein. Miles entließ ihn mit müdem Nicken. »Ich komme bald nach.«
    Miles kramte mehrere Minuten nervös im Lazarett herum, wobei er es vermied, zum Untersuchungstisch zu blicken. Plötzlich holte er eine Schüssel, Wasser und einen Lappen und wusch das angetrocknete Blut vom Gesicht des toten Söldners.
    Das ist also der Schrecken, dachte er, welcher diese verrückten Massaker an Zeugen hervorruft, von denen man liest. Jetzt verstehe ich das. Es war mir lieber, als ich es noch nicht tat.
    Er nahm den Dolch und schnitt die heraushängenden Drähte vom Silberknopf. Dann drückte er ihn vorsichtig wieder in die rechte Schläfe des Piloten. Bis Daum kam, um sich neue Anweisungen zu holen, stand Miles nur da und dachte über die stillen, wächsernen Züge des Dinges nach, das sie gemacht hatten. Aber der Verstand schien rückwärts zu laufen: Logische Schlüsse gingen in Prämissen unter und Prämissen in Schweigen, bis zum Schluss nur noch das Schweigen und das nicht zu beantwortende Objekt zurückblieb.

 
KAPITEL 10
     
    Miles trieb den verletzten Söldneranführer mit der Nervenschere vor sich her zum Lazarett. Die tödliche Waffe lag unnatürlich leicht in seiner Hand. Etwas so Todbringendes sollte einen schwereren Griff haben – so wie ein Breitschwert. Wenn man damit schon so mühelos morden konnte, sollte man sich wenigstens abschleppen müssen.
    Miles hätte sich mit einer Betäubungspistole wohler gefühlt, aber Bothari bestand darauf, dass er vor den Gefangenen mit maximaler Autorität auftrat. »Das erspart ne Menge Diskussionen.«
    Captain Auson sah mit zwei gebrochenen Armen und geschwollener Nase nicht so aus, als wolle er viel diskutieren. Aber die katzenähnlichen Bewegungen und berechnenden Blicke seines Ersten Offiziers, des betanischen Hermaphroditen Lieutenant Thorne, überzeugten Miles, dass Bothari recht hatte.
    Bothari lehnte trügerisch lässig an der Wand, während die erschöpft aussehende Sanitäterin der Söldner sich für den nächsten Kunden vorbereitete. Miles hatte Auson absichtlich bis zuletzt aufgehoben. Er spielte mit dem verführerischen Gedanken zu befehlen, dass die Arme des Captains in einer anatomisch völlig unmöglichen Position, in der er sie nicht mehr bewegen konnte, eingerichtet werden sollten.
    Thorne setzte sich, damit eine Platzwunde über dem Auge geschlossen werden konnte. Außerdem bekam er eine Spritze gegen die durch die Betäubung hervorgerufenen Kopfschmerzen. Der Lieutenant seufzte erleichtert, als die Spritze wirkte, und musterte Miles nicht mehr aus zusammengekniffenen Augen. »Wer, zum Teufel, seid ihr eigentlich?«
    Miles gab sich Mühe, ein weltmännischgeheimnisvolles Lächeln zustande zu bringen und schwieg.
    »Was habt ihr mit uns vor?«, bohrte Thorne nach.
    Gute Frage, dachte Miles. Als er zu Luke vier gekommen war, hatten die ersten Gefangenen die Schotts fast durchbrochen, um zu fliehen. Miles widersprach mit keinem Wort, als Bothari alle für den Transport in die Brigg der Ariel nochmals betäuben ließ. Dort hatten allerdings die Chefingenieurin und ihre Assistentinnen die Magnetschlösser ihrer Zellen beinahe schon ruiniert. Aus Verzweiflung ließ Miles sie auch alle wieder betäuben.
    Bothari hatte recht: Die Lage war tatsächlich unsicher. Miles konnte nicht die ganze Besatzung eine Woche oder länger in dem winzigen Gefängnis betäubt halten, ohne dass sie ernsten Schaden an der Gesundheit nahmen. Seine wenigen Leute mussten beide Schiffe bemannen und die Gefangenen vierundzwanzig Stunden lang bewachen – Müdigkeit würde die Fehler in Kürze vervielfachen. Botharis mörderische Endlösung kam ihm jetzt recht logisch vor. Aber dann fiel sein Blick auf den stummen Leichnam des Piloten unter dem Laken in der Ecke des Lazaretts, und es lief ihm kalt über den Rücken. Nicht noch einmal! Er unterdrückte die aufsteigende Panik wegen der Riesenprobleme und versuchte

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