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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Weg in der Brigg unter Kontrolle halten könne, wurden durch einen Blick auf sein Gesicht hinfällig. Die Augen des Söldners waren nach oben gerollt, der Unterkiefer hing schlaff herab. Wangen und Stirn wiesen rote Flecken auf und fühlten sich glühend heiß an. Die Hände waren wächsern, die Nägel lila unterlaufen. Der Puls war schwach und beschleunigt.
    Entsetzt fummelte Miles an den Knoten der Fesseln. Dann nahm er ungeduldig den Dolch und schnitt sie durch. Er tätschelte die Gesichtsseite mit der unverletzten Schläfe, aber der Mann wachte nicht auf. Plötzlich wurde der Körper ganz steif. Dann zuckte er und schlug um sich. Miles wich fluchend aus. In der Schwerelosigkeit war das gar nicht so leicht. Ich muss den Mann ins Lazarett schaffen und einen Sanitäter holen, damit der ihn weckt – oder Bothari, der hat am meisten Erfahrung in Erster Hilfe …
    Mühsam schob Miles den Piloten durch die Luke. Als er die Schwerelosigkeit verlassen hatte, merkte er, wie schwer der Körper war. Erst versuchte er ihn über die Schulter zu legen, aber damit gefährdete er seine eigenen Knochen. Dann zerrte er ihn an den Schultern hinter sich her. Der Pilot verfiel wieder in krampfartige Zuckungen. Miles gab auf und lief ins Lazarett, um eine Antigrav-Bahre zu holen. Aus Frustration und Angst traten ihm Tränen in die Augen.
    Es dauerte eine Zeitlang, bis er das Lazarett und eine Bahre fand. Dann musste noch Bothari über die Sprechanlage ausrufen. Schroff befahl er ihm, sich sofort im Lazarett mit einem Sanitäter zu melden. Erst dann konnte er mit dem Hebegerät durchs leere Schiff zurück zum Lukenkorridor laufen.
    Als Miles wieder beim Piloten eintraf, hatte dieser aufgehört zu atmen. Das Gesicht war so wächsern wie die Hände, die Lippen so lila wie die Nägel. Das getrocknete Blut wirkte wie aufgemalt.
    Hektisch legte Miles dem Söldner das Gerät an. Dabei hatte er das Gefühl, seine Finger schwöllen an und würden immer ungeschickter. Dann ließ er ihn über dem Fußboden schweben. Bothari traf im Lazarett ein, als Miles den Piloten gerade auf den Untersuchungstisch schob und das Hebegerät entfernte.
    »Was ist mit ihm los, Sergeant?«, fragte Miles ängstlich.
    Bothari warf einen Blick auf die reglose Gestalt und erklärte lakonisch: »Er ist tot.« Dann wandte er sich ab.
    »Nein, noch nicht, verdammt!«, rief Miles. »Wir müssen ihn irgendwie wiederbeleben! Stimulanzien, Herzmassage, Kryostase! Hast du den Sanitäter gefunden?«
    »Ja, aber sie war zu stark betäubt. Ich konnte sie nicht aufwecken.« Fluchend durchsuchte Miles die Schubladen nach geeigneten Medikamenten und Apparaten. Es herrschte ein furchtbares Durcheinander. Die Etiketten hatten keinerlei Bezug zum Inhalt.
    »Das hilft doch alles nichts, Mylord«, sagte Bothari der Miles ungerührt zugesehen hatte. »Da braucht man einen Chirurgen. Infarkt.«
    Miles wippte auf den Fersen. Jetzt erst verstand er richtig, was er gesehen hatte. Er stellte sich vor, wie die Drähte des Implantats im Gehirn des Mannes beim Herausreißen an der elastischen Wand einer Arterie scheuerten und Risse hervorriefen. Mit jedem Pulsschlag verstärkte sich der Druck auf diese Schwachstelle, bis sie platzte und die todbringende Blutung eintrat.
    Hatte dieses kleine Lazarett überhaupt eine Kältekammer? Miles lief ins Nebenzimmer. Der Einfrierungsprozess musste sofort begonnen werden, sonst war der Hirntod so weit fortgeschritten, dass man ihn nicht mehr aufhalten konnte. Miles hatte keine Ahnung, wie man einen Patienten für die kryostatische Behandlung vorbereiten musste oder wie man die Geräte bediente … Egal!
    Dort! Die tragbare Kältekammer aus glänzendem Metall auf einem Schweberost ähnelte irgendwie einer Taucherglocke. Miles schlug das Herz bis in den Hals. Er ging näher. Die Batterie war leer, ebenso die Gaskanister, der Kontrollcomputer lag offen da, wie ein grob seziertes Präparat. Defekt!
    Bothari stand ruhig da und wartete auf Anweisungen. »Brauchst du mich noch, Mylord? Ich hätte ein besseres Gefühl, wenn ich die Durchsuchung der Gefangenen auf Waffen selbst beaufsichtigen könnte.« Er betrachtete den Leichnam teilnahmslos.
    »Ja – nein …« Miles ging um den Untersuchungstisch. Er konnte den Blick nicht von dem dunklen Loch in der Schläfe des Piloten lösen. »Was hast du mit seinem Implantat gemacht?«
    Überrascht suchte Bothari in seinen Taschen. »Ich habe es noch, Mylord.« Miles ließ sich die zerquetschte Silberspinne geben. Das

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