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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Zeit zu schinden.
    »Ich würde Admiral Oser einen Gefallen erweisen, wenn ich Sie jetzt nach Hause lassen würde«, sagte er zu Thorne. »Sind da draußen alle wie Sie?«
    »Die Oserer sind ein freies Bündnis von Söldnern«, antwortete Thorne mit eisiger Miene. »Die meisten Kapitäne sind auch Eigner.«
    Überrascht fluchte Miles. »Das ist keine Befehlskette, das ist ein verdammtes Komitee.« Er blickte Auson neugierig an. Die schmerzstillende Spritze hatte ihn dazu gebracht, sich nicht mehr nur mit seinem Körper zu befassen, so dass er Miles’ Blick erwiderte. »Hat Ihre Besatzung den Eid auf Sie oder auf Admiral Oser abgelegt?«, fragte ihn Miles.
    »Eid? Ich habe mit allen auf meinem Schiff Verträge, wenn Sie das meinen«, antwortete Auson.
    »Auf meinem Schiff«, verbesserte Miles ihn. Auson wollte wütend widersprechen, aber ein Blick auf die Nervenschere erstickte die Bemerkung – wie Bothari vorausgesagt hatte. Die Sanitäterin schiente die Arme des abgesetzten Captains und spannte jetzt einen Streckverband. Auson wurde blass. Miles hatte fast eine Spur Mitleid.
    »Ihr seid zweifellos die traurigsten Figuren, die ich während meiner gesamten Karriere als Soldaten vor Augen bekommen habe«, erklärte Miles als Köder, um eine Reaktion herauszukitzeln. Um Botharis Mundwinkel zuckte es. »Es ist ein Wunder, dass ihr noch lebt. Ihr müsst euch eure Feinde sehr sorgfältig aussuchen.« Dann rieb er sich den Bauch, der ihn immer noch schmerzte.
    Auson wurde dunkelrot und schlug die Augen nieder. »Wir wollten bloß ein bisschen Wirbel machen. Wir machen diesen verdammten Blockadedienst jetzt schon ein ganzes Jahr!«
    »Wirbel machen«, murmelte Thorne verächtlich. »Du schon!«
    Jetzt habe ich euch! Diese Gewissheit klang wie eine Glocke in Miles’ Kopf. Alle Gelüste, sich an Auson zu rächen, verflüchtigten sich in der Hitze der neuen, atemberaubenden Inspiration. Sein Blick nagelte Auson fest, als er ihn anfuhr: »Wann war eigentlich Ihre letzte Große Flotteninspektion?«
    Auson schaute ihn an, als sei ihm gerade eingefallen, dass er eigentlich die Unterhaltung auf Name, Rang und Personenkennziffer beschränken sollte. Aber Thorne antwortete: »Vor anderthalb Jahren.«
    Miles fluchte gefühlvoll und reckte angriffslustig das Kinn in die Höhe. »Jetzt reicht’s mir! Die nächste Inspektion findet sofort statt!«
    Bothari verhielt sich erstaunlich ruhig, aber Miles spürte, wie sich die Augen des Sergeants mit einem Was-zum-Teufel-machst-du-jetzt-Blick durch seine Schulterblätter bohrten. Miles drehte sich nicht um.
    »Was, zum Teufel, reden Sie da?«, sagte Auson und wiederholte Botharis stumme Frage. »Wer sind Sie? Ich hatte Sie eindeutig als Schmuggler klassifiziert, als Sie uns alles ohne einen Mucks durchsuchen ließen, aber ich schwöre, wir haben nichts übersehen.« Er sprang auf. Bothari richtete sofort die Nervenschere auf ihn. Frustriert fuhr Auson fort: »Sie müssen ein Schmuggler sein, verdammt noch mal! Ich kann mich doch nicht so irren! Ging’s ums Schiff? Wer, zum Teufel, würde den alten Kasten wollen? Was schmuggeln Sie?«
    Miles lächelte eiskalt. »Militärberater.« Er sah direkt, wie sich das Wort im Söldnerkapitän und seinem Ersten Offizier festhakte. Jetzt langsam die Angelschnur einholen!
     
    Genüsslich begann Miles seine Inspektion im Lazarett. Dort fühlte er sich auf sicherem Grund. Bei vorgehaltener Nervenschere holte die Sanitäterin ihre Inventarliste heraus und öffnete unter Miles’ strengem Blick alle Schubladen. Mit sicherem Instinkt stieß Miles sehr schnell auf Medikamente, die süchtig machen konnten. Hier stellte er hübsche Fehlbestände fest.
    Als nächstes kamen die Geräte. Miles juckte es, zur Kältekammer zu kommen, aber sein Sinn für Showbusiness riet ihm, damit bis zuletzt zu warten. Es gab genügend Dinge zu beanstanden. Einige der bissigsten Ausdrücke seines Großvaters hatten das Gesicht der Sanitäterin kreidebleich werden lassen, als sie endlich beim piece de résistance anlangten.
    »Und wie lange ist die Kammer schon funktionsunfähig, Sanitäterin?«
    »Sechs Monate«, sagte sie leise. »Der für Reparaturen zuständige Ingenieur versprach immer wieder, sich bald darum zu kümmern«, fügte sie hinzu, als sie Miles’ finstere Miene sah.
    »Und Ihnen ist wohl auch nie der Gedanke gekommen, ihn anzutreiben? Beziehungsweise den Dienstweg zu gehen, und Ihre Vorgesetzten darum zu bitten?«
    »Es sah so aus, als hätten wir sehr viel Zeit.

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