Das Kadett
Wir haben sie nicht …«
»Und in diesen sechs Monaten hat Ihr Kapitän nie eine Inspektion durchgeführt?«
»Nein, Sir.«
Miles streifte Auson und Thorne mit einem Blick, der wie eine eiskalte Dusche wirkte. Dann verharrte er bewusst lange auf der zugedeckten Leiche des Piloten. »Ihr Pilot hat nicht mehr so viel Zeit gehabt.«
»Wie ist er gestorben?«, fragte Thorne scharf.
Miles parierte mit absichtlichem Missverstehen. »Tapfer. Wie ein Soldat.« Grauenvoll, wie ein Opferlamm, verbesserte er sich insgeheim. Das dürfen sie nie erfahren! »Es tut mir leid«, fügte er impulsiv hinzu. »Er hatte Besseres verdient.«
Die Sanitäterin schaute Thorne entsetzt an. »Die Kryokammer hätte bei einem Scherenschuss auf den Kopf auch nichts geholfen, Cela«, tröstete sie Thorne.
»Aber beim nächsten Opfer könnte es eine andere Verletzung sein.« Hervorragend, dass dieser scharf beobachtende Lieutenant eine eigene Theorie entwickelt hat, wie der Pilot ohne sichtbare Verwundung gestorben war. Miles war sehr erleichtert, nicht zuletzt, weil ihn das auch davon befreite, der Sanitäterin eine Schuld aufzubürden, die sie nicht hatte.
»Ich werde nachher einen Ingenieur vorbeischicken«, fuhr Miles fort. »Ich möchte, dass alle Geräte morgen früh tadellos in Ordnung sind. Inzwischen können Sie dafür sorgen, dass es hier wie ein Militärlazarett aussieht und nicht wie eine Besenkammer. Verstanden, Sanitäterin?« Das letzte klang wie ein Peitschenknall.
Die Sanitäterin stand stramm und sagte unter Tränen: »Jawohl, Sir!« Auson war schamrot, Thorne dagegen schien begeistert zu sein. Beim Hinausgehen zog die Sanitäterin mit zitternden Fingern eine Schublade auf.
Miles bedeutete den beiden Söldnern auf dem Korridor vorauszugehen, weil er unbedingt mit Bothari sprechen wollte.
»Du lässt sie da drinnen unbewacht zurück? Das ist Wahnsinn«, sagte Bothari leise.
»Sie ist zu beschäftigt, um abzuhauen. Mit etwas Glück kann ich sie so auf Trab halten, dass sie nicht zur Autopsie des Piloten kommt. Schnell, Bothari! Wenn ich jetzt eine Generalinspektion des Schiffes vornehmen wollte, wo würde ich am meisten Dreck finden?«
»Auf diesem Schiff? Überall.«
»Beim nächsten Punkt muss es wirklich übel aussehen. Bei der Technik kann ich mich nicht durchmogeln. Da muss ich warten, bis Baz Zeit hat.«
»Dann probiere es mit den Unterkünften der Besatzung«, schlug Bothari vor. »Aber warum?«
»Ich möchte, dass diese beiden Typen denken, wir seien eine Art Supersöldner. Ich habe eine Idee, wie ich sie abhalten kann, Pläne zu schmieden, das Schiff wieder in ihren Besitz zu bekommen.«
»Die fallen nie und nimmer darauf rein!«
»Sie werden es schlucken, und zwar mit Freuden. Verstehst du nicht? Damit retten sie ihren Stolz. Wir haben sie besiegt – im Augenblick. Was glauben Sie deiner Meinung nach lieber? Dass wir großartig sind oder dass sie Einfaltspinsel sind?«
»Das liegt doch auf der Hand.«
»Du wirst schon sehen!« Miles vollführte einen stillen Stepptanz. Dann setzte er wieder eine steinerne Miene auf und folgte seinen Gefangenen. Seine Stiefelsohlen klangen wie Eisen auf dem Korridor.
Die Mannschaftsunterkünfte waren von Miles’ Standpunkt aus eine reine Freude. Bothari nahm alles auseinander. Sein Instinkt für Beweise von Schlampigkeit und verborgener Laster war untrüglich. Miles nahm an, dass der Sergeant alles schon mal erlebt hatte. Als Bothari die versteckten Flaschen des Äthanolsüchtigen herausholte, waren Auson und Thorne keineswegs überrascht. Offenbar war der Mann als nur begrenzt funktionsfähig bekannt und toleriert. Von den beiden Kavapfeffer-Junkies hatte offenbar keiner etwas gewusst. Miles konfiszierte sofort den Stoff. Einem anderen Soldaten ließ er aber den beträchtlichen Vorrat an Sex-Hilfen. Er fragte nur Auson mit hochgezogener Braue, ob er einen Kreuzer oder ein Kreuzfahrtschiff befehligt habe. Auson kochte vor Wut, erwiderte aber nichts. Miles hoffte aus ganzem Herzen, der Kapitän würde den Rest des Tages damit verbringen, sich bissige Antworten auszudenken, die er nicht mehr anbringen konnte.
Miles suchte in Ausons und Thornes Kojen besonders nach Hinweisen auf die Persönlichkeiten der Bewohner. Thornes hätte jede reguläre Inspektion überstanden. Auson befürchtete offenbar, dass sie seine Kammer in ein Chaos verwandeln würden, aber Miles lächelte zuckersüß und befahl Bothari, alles nach der Inspektion aufzuräumen, so dass die Kammer
Weitere Kostenlose Bücher