Das Känguru-Manifest
Imbissbude?«
»Na, Snacks and the City !«
»Ich habe keinen Schimmer, wovon du redest«, sagt das Känguru.
»Ach, vergiss es«, sage ich. »Ist unwichtig.«
»Ist es das nicht immer?«, fragt das Känguru und verschwindet.
Wir sitzen mit Friedrich-Wilhelm und Otto-Von in unserem Wohnzimmer.
»Welcher ursprünglich rumänische Stabhochspringer gewann 1956 bei den norddeutschen Meisterschaften in Celle die Bronzemedaille im 110-Meter-Hürdenlauf?«, frage ich das Känguru.
»Was’n das für ’ne Scheißfrage?«, fragt es zurück. »Frag was anderes.«
»Wie heißt der amtierende Staatsratsvorsitzende der DDR?«, frage ich.
»Erich Honecker«, sagt das Känguru.
Ich drehe die Karte um.
»Walter Ulbricht«, lese ich laut.
»Was’n das für ein Scheißspiel?«, fragt Otto.
Schon nach zwei Fragen verstaue ich die Trivial-Pursuit-Ausgabe meiner Eltern wieder fein säuberlich im Schrank und puste noch ein wenig Staub darauf.
»Was ist das eigentlich für ein komischer Typ hier nebenan?«, fragt Friedrich-Wilhelm.
»Der Pinguin?«, frage ich.
»Wir sind ihm vorhin im Flur begegnet, und er hat uns angekuckt, als ob unsere bloße Anwesenheit den Wert seiner Eigentumswohnung senkt.«
»Das tut sie doch auch«, sagt das Känguru.
»Apropos. Wir könnten Monopoly spielen«, schlägt Otto vor.
»Oder Risiko«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Fight the game – not the players!«, sagt das Känguru. »Wie wäre es stattdessen mit einem Rollenspiel? Zum Beispiel ›Verein freier Menschen‹?«
Ich stöhne.
»Wie wär’s mit Mensch-ärgere-dich-nicht?«, fragt Otto.
»Ich spiele nie Mensch-ärgere-dich-nicht«, sagt das Känguru, »weil ich mich dabei immer so ärgere.«
»Wir könnten ›Scene it – Das Kinoquiz‹ spielen«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Nein«, sagt das Känguru. »Das habe ich schon mal gespielt. Die Antwort ist immer ›Daniel Brühl‹.«
»So wie früher im Biologieunterricht die Antwort immer ›Photosynthese‹ war«, sage ich.
Als kleinster gemeinsamer Nenner wird von allen Stadt, Land, Fluss akzeptiert.
»Ich schlage als zusätzliche Kategorie ›Revolutionäre Guerillabewegung‹ vor«, sagt das Känguru.
Ich verdrehe die Augen.
»Kampfabstimmung!«, ruft das Känguru.
Es verliert drei zu eins.
»Ich habe immer noch Alpträume von den schier endlosen Diskussionen beim letzten Mal, ob man die FARC noch als revolutionär einstufen kann«, sage ich.
»Aber Fatah, oder was?«, ruft das Känguru. »Fatah hat sich so sehr selbst zerfleischt, ich würde behaupten, dass man sie nicht mal mehr als Organisation einstufen kann. Und außerdem …«
»Schluss jetzt«, ruft Friedrich-Wilhelm.
Schließlich einigen wir uns darauf, »U-Bahn-Station, Hassobjekt, Phantasiewort« zu spielen, und ich habe schon Dahlem-Dorf, Digitale Bilderrahmen und DubbiDubbi, aber leider haben wir statt »Revolutionäre Guerillabewegung« noch Ottos Kategorie »Obst & Gemüse« eingeführt. Eine wirklich blöde Kategorie. Vor allem beim Buchsta-
ben D.
Plötzlich meldet sich mein Gehirn wie ein übereifriger Schüler. Es schnipst, reckt den Finger in die Höhe und schreit: »Ich weiß es! Ich weiß es!«
»Also gut«, denke ich. »Dann sag mir das Obst mit D.«
»Dominik!«, verkündet mein Gehirn.
Erst bin ich verwirrt. Dann denke ich sanft: »Nein. Dominik ist kein Obst.«
Einige Sekunden herrscht Stille in meinem Kopf. Dann schreit mein Gehirn: »Dominik! Dominik! Dominik!«
»Fertig!«, ruft das Känguru. »Obst & Gemüse: Datteln.«
»Datteln«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Datteln«, sagt Otto.
»Dominik«, sage ich.
»Er heißt Otto«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Ich weiß«, sage ich.
»Was soll denn Dominik für ein Obst sein?«, fragt das Känguru.
»Frag nicht mich, frag mein Gehirn«, sage ich.
»Das zählt nicht«, sagt Otto. »Außerdem finde ich, dass Phantasiewort eine doofe Kategorie ist.«
»Warum?«, fragt das Känguru.
»Weil es dafür keine Regeln gibt«, sagt Otto.
»Das stimmt so nicht«, sage ich. »Das Wort muss mit dem gewählten Buchstaben beginnen.«
»Und es darf keinen definierten Sinn geben«, sagt Friedrich-Wilhelm.
Das Känguru geht zum Regal, zieht ein Wörterbuch aus einer Stoppersocke und reicht es Otto.
»Also Phantasiewort: DubbiDubbi«, sage ich.
»Dödidedidödidu«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Mir ist nichts eingefallen«, sagt Otto.
»Dialektik«, sagt das Känguru und zieht alle Blicke auf sich.
»Ich kann jetzt in einem halbstündigen
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