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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Picknick«
    »Kleinkünstlerbaby von 13-jährigem Mädchen großgezogen«
    »Letztes Jahr wurden über 2000 Kleinkünstler auf der Straße überfahren«
    Bei der letzten Nachricht muss ich schlucken.
    »Ja«, sage ich. »Viele von uns sind rot-grün-blind.«
    »Und dann schenken mir die Leute zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen Plüschkleinkünstler«, fährt das Känguru unbeirrt fort. »Kuck mal, wie niedlich. So klein … Oder so Plastikkleinkünstler zum Aufziehen. Die machen Saltos. Von denen habe ich schon vier Stück«, es kramt alles Genannte aus seinem Beutel. »Nein. Kuck. Es sind sogar schon fünf. Die müssen günstig sein! Und hier …«, es holt ein Magazin hervor, »eine National-Geographic -Spezialausgabe: Deutschland – Das Land der Kleinkünstler! «
    Ich ziehe einen der Plastikkleinkünstler auf und lasse ihn los. Er macht Saltos.
    »Ziemlich witzig«, sage ich. »Von wem haste die denn? Von Kevin?«
    »Ja, ja«, sagt das Känguru. »Genau. Können wir mal weiterziehen? Das ist mir alles zu ironisch hier. Mein Ironiedetektor spielt verrückt. Ich kann mir keine Meinung darüber bilden.«
    »Ich finds flashig«, sage ich. »Die machen auch öfter Konzerte. Hab schon gefragt, ob ich hier mal mit der Band auftreten kann. Und im Keller haben sie eine begehbare Geisterbahn eingerichtet.«
    Ich deute auf das Schild mit der Aufschrift »Dungeon«.
    »Warst du mal in Hertas Keller?«, fragt das Känguru. »Da mussten sie nicht viel umbauen.«
    »Man kann sich sogar an der Theke gruselige Kostüme ausleihen und selber Leute erschrecken«, sage ich.
    Eine Gruppe von zwei Dutzend Leuten drängt auf die Karaokebühne.
    »Wenn’s gut läuft, ein Chor nach der Probe, wenn’s schlecht läuft, ein Junggesellenabschied«, sagt das Känguru.
    »Wir sind die Urban-Development-Abteilung des My-City-Immobilienfonds auf Betriebsausflug«, sagt der Sprecher des Chores, »und wir singen für euch I’ve been looking for freedom .«
    »Also wenn ihr mich fragt …«, sagt das Känguru.
    »Wir fragen dich nicht!«, ruft der Chor.

»Mein neuer Kumpel Otto-Von hat doch diese Imbiss-
bude …«, sagt das Känguru.
    »Snacks and the City?«, frage ich.
    »Ja, genau«, sagt das Känguru. »Und er hat ein radikal neues Konzept entwickelt.«
    »So?«
    »Er verkauft nichts mehr zu essen, sondern nur noch Billigbier.«
    »Aha.«
    »Ja. Er verkauft nur noch Billigbier. Damit hat er es sogar in die neue Auflage vom Lonely Planet geschafft. Da steht drin: ›Este restaurante sólo vende cerveza barata.‹ Der ganze Laden steht voll mit Billigbier. Wenn du in die Bude reinkommst: hinter dir Billigbier, vor dir Billigbier. Rechts und links Billigbier. Jedenfalls kommt da letztens so ein Typ rein und fragt: ›Haben Sie auch Billigbier?‹ Und da nimmt Otto eine Flasche aus dem Regal, zerschlägt sie auf dem Tresen und …«
    In diesem Moment klingelt unser Telefon. Es ist ein fast schon antikes Telefon mit Wählscheibe, welches das Känguru, wie ich vermute, einzig aus dem folgenden Grund besorgt hat: Es schlägt mit der linken Pfote auf den Sprechmuschelteil des Telefonhörers, woraufhin dieser von der Gabel in die Luft schnellt. Sobald der Hörer am höchsten Punkt angelangt ist, fischt es ihn mit seiner rechten Pfote wieder aus der Luft. Dann sagt es: »Am Apparat!«
    Immer wenn ich diesen Stunt versuche, beende ich das Telefonat vorzeitig oder muss den Hörer vom Boden aufheben. Einmal hat mir der Hörer ein blaues Auge geschlagen.
    »Ah! Ausgezeichnet!«, sagt das Känguru. »Aha … Aha … Nein. Schick das direkt an die abgemachte Adresse. Dwigs mit D! Ja. Mit D. Wie Dummkopf. … Na ja … … also … ich kann gerade nicht … Ich bin nicht allein … Ja, ja. Und den Kindern geht’s gut? Aha. Nein. Die müssen nicht mehr frisch sein. So lange noch nichts geschlüpft ist. Hehehe. Ach! Schön. Die Oma ist noch fit. Toll …«
    Das Känguru wirft mir einen Seitenblick zu.
    »Okay. Ich kann hier nicht reden. Ich komme kurz vorbei. Bis denne. Danke für den Anruf! Verbleiben wir so. Grüß schön! Ja, du mich auch. Tschüssi.«
    Es legt auf und reibt sich die Pfoten. »Hehehe.«
    »Und?«, frage ich.
    »Entschuldige mal …«, sagt das Känguru. »Das war ein Privatgespräch!«
    »Ich hab schon bei dem Wort ›geschlüpft‹ beschlossen, dass ich nicht wissen will, worum sich dein Gespräch dreht. Ich will wissen, was mit dem Typ war.«
    »Welcher Typ?«, fragt das Känguru.
    »In der Imbissbude.«
    »Welche

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