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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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schon erzählt, dass der blöde Pinguin seine Wecker direkt an diese Trennwand zu meinem Schlafzimmer hier gestellt hat?«, fragt das Känguru. »Habe ich schon erzählt, dass er, obwohl er schon längst aufgestanden ist, immer nur auf den Schlummern-Knopf drückt? Nur, damit ich alle fünf Minuten wieder geweckt werde?«
    »Ja.«
    »Was ja?«
    »Haste schon erzählt«, sage ich. »Und du versuchst jetzt also, durch die Wand mit deinem Basketball den Wecker von der Wand wegzustoßen?«
    »Die Wecker!«, sagt das Känguru. »Er benutzt mehrere.«
    Plötzlich purzelt es mit einer Rolle rückwärts von seinem Sessel.
    »Krass!«, ruft es. »Hattest du mitbekommen, dass Michael Jackson tot ist?«
    »Äh. Ja«, sage ich. »Am Rande … Ich glaube, an dem Tag gab’s unter Vermischtes ’ne kleine Notiz in der Zeitung. Gleich neben der Finanzkrise.«
    »Heftig, heftig«, sagt das Känguru. »Da war der Mann mal der größte Star der Welt, und dann stirbt er einfach so. Unbemerkt. Unbeachtet. Im Stillen sozusagen.«
    »Ja, ja«, sage ich. »Fast schon würdevoll.«
    Das Känguru nickt.
    »Sag mal, liest du gar keine Nachrichten mehr?«, frage ich.
    »Nee, mein Arzt hat mir das verboten, weil ich mich dabei immer so aufrege. Jetzt kucke ich einfach am Ende des Jahrzehnts den Dekadenrückblick. Das ganze Jahrzehnt auf zwei Stunden komprimiert und alles Unwichtige rausgefiltert.«
    Ich werfe einen Blick von den Socken auf den Fernseher. Da läuft ein Schnipsel über den deutschen Comedypreis.
    »Ich glaube, es würde auch noch kürzer gehen«, sage ich.
    »Ja«, sagt das Känguru. »Ungefähr so: Die Nuller sind vorbei. Sie wurden ihrem Namen gerecht.«
    »Hast du eigentlich schon Vorsätze gefasst fürs nächste Jahr?«
    »Willst du damit unterschwellig nahelegen, dass es an mir noch etwas zu verbessern gäbe?«, fragt das Känguru.
    »Kein Grund, aggressiv zu werden.«
    »Doch. Ich habe nämlich den Vorsatz gefasst, mir nicht mehr alles gefallen zu lassen.«
    »Ich wusste nicht, dass du damit Probleme hast«, sage ich. »Sonst noch Vorsätze?«
    »Ja«, sagt das Känguru. »Mein Vorsatz ist, mehr oder weniger Drogen zu nehmen. Eines von beiden. Das aktuelle Level ist nicht gut.«
    Es wirft sich eine Schnapspraline ein.
    »Hast du denn schon Vorsätze gefasst?«, fragt es.
    »Ja«, sage ich. »Ich habe gerade in einem Buch gelesen, dass auf Kakaoplantagen in Westafrika zwischen 10 000 und 20 000 Kindersklaven schuften, bis sie vor Erschöpfung draufgehen, und dann stand da noch, dass 80 Prozent der deutschen Kakaoimporte aus Westafrika stammen.«
    »Und dein Vorsatz fürs neue Jahr ist also, nur noch Fair- Trade-Schokolade zu kaufen?«, fragt das Känguru.
    »Mein Vorsatz fürs neue Jahr ist, nicht mehr solche Bücher zu lesen«, sage ich.
    »Weil du jetzt findest, dass Kinderschokolade ein sehr makaberer Produktname ist?«, fragt das Känguru.
    »Ach«, seufze ich. »Ich habe immer gehofft, die Schokolade käme wirklich aus den Alpen. Weißte? Aus der Lila-Kuh.«
    »Wusstest du, dass der Spot mit der Lila-Kuh nicht in den echten Alpen, sondern in den Neuseeländischen Alpen gedreht wurde, weil die mehr wie die Alpen aussehen als die Alpen?«
    »Nur gut, dass ich sowieso keine Schokolade essen darf«, sage ich. »Aber du musst ab sofort Fair-Trade-Schnapspralinen kaufen. Man hat’s wirklich nicht leicht als Politisch-Korrekter.«
    »Tja, ja«, sagt das Känguru. »Nazi müsste man sein …«
    »Ach. Ich weiß nicht«, sage ich. »Die haben’s ja auch nicht leicht. Stell dir vor, du bist Nazi und versuchst natürlich, Nazi-bewusst einzukaufen. Und dann, nachdem du nun schon fünf Jahre trotz deiner Laktoseintoleranz jeden Morgen ein Glas Müllermilch getrunken hast, erzählt dir irgendein Kamerad, dass Theo Müller schon vor langem angebliche Spenden an die NPD unter Hinweis auf seine CSU-Mitgliedschaft dementiert habe. Dann denkste auch: Na danke.«
    »Du hast wirklich nur Quatsch im Kopf«, sagt das Känguru.
    »Am besten man mietet ’nen Schrebergarten und wird Selbstversorger«, sage ich.
    »Ich kann Kartoffelschnaps brennen«, sagt das Känguru.
    »Das ist doch schon mal was«, sage ich. »Die einzige stabile Währung ist alkoholische Gärung.«
    »Krass!«, ruft das Känguru. »Barack Obama hat den schwedischen Comedypreis bekommen? Wahnsinn!«
    »Jo«, sage ich. »Und da habe ich mich gefragt, wie wollen sie das noch toppen? Und weißt du, wem ich ziemlich gute Chancen auf den Friedensnobelpreis

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