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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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glaube nicht, dass sie dem System irreparablen Schaden zufügen wird.«
    »Darauf kommt es auch nicht an«, sagt das Känguru. »Es ist ja fast allen klargeworden, dass man das System offenbar nur sehr schwer sprengen oder aushebeln kann. Deshalb haben wir uns entschlossen, es zu zernagen!«
    Es klappert mit den Zähnen.
    »Es mag ja sein, dass die Bösen mit den Skrupellosen und den Doofen eine unheilige Allianz eingegangen sind«, sagt der Messias. »Und dass sie übermächtig, vielleicht sogar unbesiegbar sind. Das sollte uns aber keinesfalls davon abhalten, sie wann, wie und wo immer möglich zu ärgern.«
    Das Känguru nickt.
    »Man könnte auch sagen, wir setzen viele kleine Nadelstiche«, sagt der Vorstandssprecher. »Wir versuchen sozusagen mit Akupunktur ein wenig Leben, etwas Bewegung in den trägen Leib des Leviathans zu bringen.«
    »Der Vorstandssprecher arbeitet zum Beispiel auf dem Sozialamt«, sagt das Känguru. »Und hat den ›Abgelehnt‹-Stempel durch einen ›Witzig‹-Stempel ersetzt. Der Abgeordnete arbeitet in ’ner Bank und schickt öfter mal CDs mit Infos über Großverdiener ans Finanzamt.«
    »Und was macht der Messias privat?«, frage ich. »Das hat mich schon immer brennend interessiert.«
    »Der Messias schweigt sich beharrlich aus über sein Leben jenseits des Netzwerkes«, sagt das Känguru. »Wahrscheinlich, um sich noch interessanter zu machen …«
    »Ich möchte darauf mit einem Gleichnis antworten«, sagt der Messias. »Es war einmal ein fruchtbarer Acker. Oder nee. Vielmehr eine Wiese …«
    »Unser heutiges Hauptthema haben wir immer noch nicht geklärt«, ruft plötzlich der Reichskanzler dazwischen. »Wer ist alles bei der großen Sache dabei? Bisher haben sich Gott, der Messias und der Hauptmann …«
    »Ich bin ein Arschgesicht! Mein Name ist Reichskanzler!«, ruft der Papst.
    »Meine Herrschaften, bitte!«
    »Herrschaften? Das ist doch sexistisch! Ich fühle mich ausgeschlossen.«
    »Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!«
    »Besser ein Arschloch als ein Kretin, Sie Kretin!«
    »Bitte nicht diese farbige Sprache.«
    »Ich finde ›farbige Sprache‹ rassistisch!«
    »Also gut: bunte Sprache.«
    »Was ham Sie denn gegen bunt?«
    »Ich habe einen Antrag zur Geschäftsordnung.«
    »Hört, hört! Einen Antrag zur Geschäftsordnung.«
    »Schnauze!«
    »Machen Se nich so viel Wind mit ihr kurzet Hemd!«
    »Anträge zur Geschäftsordnung haben Vorrang!«
    »Mir egal! Ich scheiß auf eure Anträge!«
    »Schnauze!«
    »Wieso treffen wir uns eigentlich in einem Bus? Mir ist schlecht.«
    »Genau!«
    »Wer issen er?«
    »Kennst du den nich? Das ist der Hauptmann.«
    »Nieder mit den Bussen!«
    »Schnauze!«
    »Ich habe einen Antrag zur Geschäftsordnung.«
    »Na und?«
    »Komm, wir gehen«, sagt das Känguru zu mir und drückt auf den Stoppknopf. »Wir sind zu spät eingestiegen. Da kommt nicht mehr viel heraus heute, und den Rest können wir morgen im Internet nachlesen.«

Die Lobby eines großen, mäßig sympathischen Kinos am Potsdamer Platz ist völlig überfüllt mit Menschen, die entweder mit mäßig attraktiven Plastikbrillen aus mäßig interessanten Filmen stolpern oder hinter einem Känguru Schlange stehen.
    »16 Euro bitte«, sagt der Junge an der Kinokasse.
    »Waaass?!?«, ruft das Känguru entsetzt.
    »16 Euro bitte.«
    »Waaass?!?«, ruft das Känguru.
    »Boah!«, sage ich. »Kannst du nicht mal Kinokarten kaufen, ohne einen Aufstand zu verursachen?«
    Das Känguru macht eine Geste, als sei es sich keiner Schuld bewusst.
    »Pro Person«, sagt der Junge.
    »Waaass?!?«, rufe ich.
    »16 Euro pro Person.«
    »Aber, aber … Warum?«, fragt das Känguru.
    »Hier steht doch: ›Eintritt: 5 Euro‹«, sage ich.
    »Plus zwei Euro Überlängenzuschlag, weil der Film länger als 81 Minuten ist. Plus ein Euro, weil Samstag. Plus ein Euro, weil Sie nicht in der ersten Reihe sitzen wollen, und zwei Euro für IMAX und fünf Euro für 3D und Brille. Die Brille dürfen Sie dafür auch behalten.«
    »Ja, aber was soll ich denn damit?«, fragt das Känguru.
    Ruckartig stößt es seinen Kopf nach vorne und kommt kurz vor der Nasenspitze des Jungen zum Halt. 34
    »In der Wirklichkeit ist doch schon alles 3D.«
    Es kneift den Jungen in die Wange.
    »Hier! 3D. Siehst du? 3D!«
    Der Junge drückt das Känguru zurück über die Theke.
    »Sie können die Brille auch gerne nach Ende des Filmes zurückgeben«, sagt er.
    Das Känguru blickt ihm fest in die Augen. »Niemals!«,

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