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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Mann schüttelt den Kopf.
    »Das ist wie so ein Mantra«, sage ich. »Wie bei den Buddhisten das Om. Nur noch viel stärker.«
    »Scheißverein!«, ruft das Känguru.
    »Auf drei versuchen wir es mal zusammen«, sage ich zu dem Mann. »Okay? Eins, zwei, drei …«
    »Ruhe jetzt!«, ruft der Mann.
    »Scheißverein!«, schreien das Känguru und ich.
    »Starkes Wort!«, sagt das Känguru.
    »Ja, aber gerade weil das so ein starkes Wort ist, macht mir die internationale Edition so viele Probleme«, sage ich. »Weil zum Beispiel ›Club Merde‹ … Ich weiß nicht … Da löst sich nix bei mir. ›Club Merde‹ … Da fahr ich in Urlaub hin, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich bitte um Ruhe!«, sagt der Mann.
    »Oder ›Club of Shit‹«, sage ich. »Was soll das sein? Ein Kartenspiel? Sagt der eine: Hey! Ich hab ein Full House! Sagt der andere: Äh … Ich hab nur ’nen Club of Shit.«
    »Seien Sie still!«, sagt der Mann mit Nachdruck.
    »Scheißverein!«, schreit das Känguru.
    »Oder ›Asociación de Excrementos‹«, sage ich. »Da löst sich nix. Da verknotet sich einem höchstens die Zunge.«
    »Ruhe!«, brüllt der Mann. »Ich möchte, dass wir sofort wieder zu einer sachdienlichen Kommunikation …«
    »Scheißverein!«, schreit das Känguru.
    »Aber das ist doch sachdienlich!«, sage ich. »Ich brauche das Känguru, um diese Aufkleber zu verteilen. Das versuche ich Ihnen gerade zu vermitteln.«
    »Ich werde das bei Gelegenheit kontrollieren«, schnaubt der Mann.
    Kurz halte ich inne.
    »Es putzt auch immer bei uns zu Hause«, sage ich. »Das könnten Sie auch mal kontrollieren.«
    »Das werde ich tun«, ruft der Mann.
    »Es kocht, kümmert sich um die Kinder, pflegt den Garten, renoviert die Wohnung«, murmle ich vor mich hin.
    »Und bei der kleinsten Unstimmigkeit geht’s zurück nach Australien!«, ruft der Mann.
    »Hallo?!?«, ruft das Känguru empört. »Nur weil ich ein Känguru bin, glauben Sie also, dass ich aus Australien komme? Und jeden Moslem schieben Sie wohl nach Mekka ab und jeden Schwarzen nach Schwarzafrika? Verdammter Rassist!«
    »Soso. Ein Rassist bin ich also«, sagt der Mann. »Nur weil ich dafür sorge, dass Deutschland lebenswert bleibt. Weil ich warne: Das Boot ist voll! Deshalb bin ich also ein Rassist. Weil ich sage: Deutschland den Deutschen und den brauchbaren Ausländern? Deshalb bin ich schon ein Rassist?«
    Er wendet sich an mich: »Sie als Deutscher, denken Sie dasselbe über mich?«
    »Äh. Nein«, sage ich. »Für mich sind Sie eher wie der tragische Held in Sophokles’ bekanntestem Theaterstück.«
    Kurz schweigt der Mann.
    »So. Ach. Hm. Nun ja«, sagt er dann. »Genau. Ein tragischer Held. So sehe ich mich auch manchmal. Na gut.«
    Er stempelt ein Fragezeichen in den Pass des Kängurus.
    »Dann gehen Sie mal. Aber nehmen Sie bitte Ihr Maskottchen mit.«
    »König Ödipus«, flüstert das Känguru, als ich die Tür des Büros hinter mir zuziehe. »Chapeau! Du hast ihn gerade auf extremst subtile Weise einen Motherfucker genannt, Alter!«
    »Das ist eine Auslegungsfrage, Euer Ehren!«

    35 Sohn des Meuschelach, Sohn des Henoch, Sohn des Jered, Sohn des Mahalalel, Sohn des Kenan, Sohn des Enosch, Sohn des Set, Sohn des Adam, der stammte von Gott.

Das Känguru liest mir aus einer Boulevardzeitung vor:
    »Endlich!
    Die Reichen schlagen zurück!
    Vor dem Studentenwohnheim Salvador Allende in Zehlendorf brannten gestern die ersten Fahrräder.
    Franz-Josef W. über die Schwierigkeiten, ein Fahrrad anzuzünden: ›Nicht einfach, aber ich sag mal:
Mit genügend Napalm brennt alles.‹
    Jörn Dwigs erklärt, warum er autonomer ist als jeder Autonome: ›Ich habe sehr viel Geld.‹«
    »Wolln Se die Zeitung nur lesn oda och kofen?«, fragt der Mann im Kiosk.
    »Nur lesen, danke«, sagt das Känguru.
    »Ah so. Äh …«, sagt der Mann. »Na, denn is ja jut.«
    Das Känguru legt die Zeitung zurück, und wir gehen wieder auf die Straße.
    »Ich glaube, der Kiosk ist der einzige Laden, der schon da war, als du bei mir eingezogen bist«, sagt es.
    »Du bist bei mir eingezogen!«, beschwere ich mich. »Das ist meine Wohnung!«
    »Auch Hertas alte Eckkneipe hat anscheinend eine weitere Metamorphose durchlaufen.«
    Ich blicke mich um. Der Hafen der digitalen Bohème hat sich in ein standardisiertes Café verwandelt. Wir gehen über die Straße, stellen uns vor die Fensterscheiben und starren hinein.
    »Das US-Militär baut ja seine Stützpunkte überall auf der Welt nach dem immer

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