Das Kainsmal
Material, auf das die Kundschaft fliegen sollte. Und ich hatte wirklich eine phantastische Idee. Eine Party. Und dazu lud ich ein: Einen Asiaten. Einen Juden. Einen Schwarzen. Einen Schwulen. Eine scharfe Lesbe. Eine Cheerleaderin. Einen Indianer. Einen Bauern irgendwo aus der Provinz. Einen Latino. Einen Iren. Einen Eskimo. Sie verstehen schon. Von jedem etwas. Die Leutchen wussten das nicht, aber ich habe das alles geboostet, während ich den Gastgeber spielte und mit jedem einzelnen meiner Gäste ziemlich genau zehn Minuten lang plauderte. Der Clou war nun der, dass ich jeden einzelnen von ihnen noch einmal einlud, um Zeuge des Peaks zu werden, so dass jeder sich selber sehen, hören, riechen und fühlen konnte während der zehn Minuten, die wir miteinander gesprochen hatten.
Dann fügte ich diese beiden Boosts zusammen. Es läuft also am Ende auf die Konfrontation jedes Beteiligten mit sich selbst hinaus. Hindu begegnet Hindu. Quäker begegnet Quäker. Und so weiter, stundenlang. Ein schöner Tönungseffekt.
Ein anderer aus meiner Klasse transkribierte die Geburt seines ersten Kindes und ließ die Aufzeichnung dann durch sich selbst laufen, während er mit dem Kind draußen im Garten lag. Vier Stunden Gefühlsdusel, getönt mit Percodan. Das erkennt man an dem leichten Halo-Effekt, der sich immer ergibt, wenn man ein Transkript durch jemanden laufen lässt, der unter Schmerzmitteln steht.
Die Percodan-Arbeit kam gut an beim Fakultätsausschuss, es hieß, sie sei kommerziell außerordentlich gut verwertbar. Er bekam dreihundertsechzig von vierhundert möglichen Punkten.
Meine Arbeit gefiel dem Ausschuss nicht so sehr.
Es war die reine Katastrophe. Nichts schärft den Kontrast so sehr wie Adrenalin. Als meine Gäste erlebten, wie fremd sie sich selbst vorkamen, wurden sie so nervös, dass man es als Zeuge kaum aushielt. Wirklich übel. Man geriet dabei dermaßen ins Schwitzen, dass der Port in Mitleidenschaft gezogen wurde und die Datenübertragung litt. Einige Fakultätsmitglieder haben gerade mal zwei Stunden durchgehalten.
Dabei hatte ich mir gedacht, es würde den Leuten gefallen, ihresgleichen kennen zu lernen. Die meisten Franzosen bleiben schließlich ihr Leben lang in Frankreich. Und die Southern Baptists gehen immer in dieselbe Kirche. Sie wissen schon: Gleich und Gleich gesellt sich gern.
Die größte Sauerei aber war, dass man mir das Diplom verweigert hat.
Diese alten Säcke.
Jeden Monat, wenn ich der Schule die Rate für mein Darlehen überweise, schreibe ich unten, wo »Verwendungszweck« steht, da schreibe ich jedes Mal rein: »Für den größten Beschiss aller Zeiten!«
Ich arbeite hier, damit ich diese verfluchten Raten bezahlen kann. Verleihe Linie Beckys Ostereiersuche an Leute, die nur den nächsten öden Feierabend hinter sich bringen wollen. Leute, die sich zu Tode langweilen.
Schon seltsam. Aber gleichzeitig bin ich felsenfest davon überzeugt, dass es gut war, dass ich diese Examensarbeit gemacht habe. Ich muss zwar hunderttausend Dollar an Studiendarlehen abbezahlen, aber was soll's. Denn ich habe etwas gelernt, vielleicht nicht gerade übers Peak-Boosting, dafür aber über die Menschen.
Ganz gleich ob es sich um die Segnungen der Technik oder um die Talente der Menschen handelt, wir finden immer einen Weg, das Schlechteste aus allem zu machen. Der Typ mit dem Percodan, der für sein geboostetes Geburtserlebnis ein Diplom mit Auszeichnung bekommen hat, kommt hier neulich rein, um sich was auszuleihen, mit seinem Kind auf dem Arm. Erzählt mir beiläufig, dass er Robert Mason unter Vertrag hat, der demnächst eine Wildwasserfloßfahrt boosten soll. Ein Scheißwichtigtuer ist der jetzt. Eine ganz große Nummer in der Branche.
Und sein Kind ist nicht mal ein Jahr alt und hat schon einen kleinen schwarzen Port im Nacken.
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Das Team
Echo Lawrence (
Party-Crasher): In den Hochzeitsnächten habe ich immer denselben Glücksschleier getragen. Und abwechselnd ein langes oder kurzes Hochzeitskleid. Wenn ich Ende August nachts in einem Auto ohne Klimaanlage unterwegs bin, habe ich keine Lust, tausend Schichten Tüll und darüber schwere Seide zu tragen. In den vielen Unterröcken findet man die Gangschaltung nicht mehr. Aber im Winter, wenn man bei einer Crash-Party auf vereisten Straßen in eine Schneewehe rauscht, kann dieser Tüll dir das Leben retten, denn darin erfrierst du garantiert nicht.
Symon Praeger (
Party-Crasher): Das Team an dem fraglichen Abend sah so aus:
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