Das kalte Gift der Rache
wieder so überkreuzt. Nicht einmal Netzstrümpfe gönnte sich die Lady aus Brooklyn, auch nicht bei dezemberlichen Minusgraden.
»Erzählen Sie uns doch ein bisschen über Simon Classon. Kannten Sie ihn gut?«
Sie nickte. Wir warteten. Sie nickte abermals, falls wir es nicht gesehen hatten.
»Also kannten Sie ihn?«
Sie nickte. Okay, ein schlichtes Ja oder Nein zur Antwort hatte sie drauf, unklar war, ob sie auch ganze Sätze bilden konnte. Also dachte ich mir eine Frage aus, die sie mit echten Substantiven und Verben beantworten musste.
»Woher stammte Mr Classon?«
Enger Blickkontakt, die grauen Zellen arbeiten auf Hochtouren, ja, Christie, komm, du schaffst es, nur dieser eine Gedanke, halt ihn fest.
Schließlich sagte sie: »Missouri?«
»Sie sind sich nicht sicher?«
»Warum meinen Sie?«
»Na ja, Ihre Antwort klang wie eine Frage.«
»Ach wirklich? Wusste ich gar nicht.«
Fast wollte ich fragen, ob sie mit Jacqee zusammen mal die Uni in L.A. besucht hatte, ließ es aber doch lieber sein.
»Was für eine Art Mensch war Mr Classon?«
»Ein ziemlicher Trottel. Ich war bei ihm in diesem Engelkurs, aber ich konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen.«
Okay, Christie, nun wird’s richtig spannend.
Bud grinste, offenbar war er von ihrer Ehrlichkeit beeindruckt. »Sie konnten nichts mit ihm anfangen, hm?«
»Nein, Sir, wirklich nicht.«
»Und warum?« Die Kleine nahm kein Blatt vor den Mund, wenn man sie erst einmal so weit hatte.
»Er war einfach nur gemein und gehässig zu allen. Niemand mag ihn, das werden Sie schon sehen. Jeder hat Angst vor ihm.«
»Angst? Warum das denn?«
Bud und ich saßen nun nach vorne gelehnt, hingen geradezu an ihren Lippen, aber womöglich aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Christie sah zur Tür; offenbar rechnete sie mit lauschenden Direktoren. »Er hat hier sehr viel Macht, wissen Sie, sozusagen unter der Hand.«
»Ich glaube, ich weiß nicht so recht, was Sie mit ›unter der Hand‹ meinen.«
Sie warf mir einen Wie-dumm-sind-Sie-denn-Blick zu. »Nun, Sie müssen wissen«, – sie begann zu flüstern – »er hat Einfluss auf die Leute im Beirat. Lässt beispielsweise Leute feuern, die ihm nicht passen.«
»Womit er sich extrem unbeliebt bei den Kollegen macht«, sagte Bud.
»Außer bei denen, die ihm in den Hintern kriechen. Die kriegen alles, was sie wollen. Sie verstehen, fette Gehaltserhöhungen und gute Büros.«
»Ah ja.« Also wie in jedem x-beliebigen Laden mit mehr als einem Angestellten. Auch bei uns auf der Wache gab es einige mit braunen Nasen und wunden Knien.
»Hatte Mr Classon besondere Freunde, mit denen er gern zusammen war?«
»Eigentlich nicht, sogar seine Sekretärin hasst ihn und redet nur schlecht über ihn.« Christie äugte wieder zur Tür. »Das hier bleibt doch unter uns, oder? Dr. Johnstone erfährt nicht, was ich sage?«
Wohl ein bisschen spät für diese Frage. »Ihre Aussage wird streng vertraulich behandelt. Sind Sie selbst je mit Simon Classon aneinandergeraten, Mrs Foxworthy?«
»Nicht wirklich, nun, okay, ein- oder zweimal vielleicht. Ich kann ihn wirklich nicht ausstehen. Jedenfalls hat er mir Angst eingejagt.« Sie senkte ihre Stimme wieder. »Vergessen Sie nicht, mein Boss darf davon nichts erfahren. Er würde rasen vor Wut und mich feuern, aber es ist die Wahrheit, das verspreche ich.«
Nun, was wollten wir noch mehr, da wir Christies Versprechen hatten. »Schildern Sie uns die Situationen, in denen Sie mit Classon Streit hatten. Was ist passiert?«
»Nun, er rief einfach an bei mir und machte mich am Telefon nieder. Das machte er mit vielen, und da hab ich irgendwann mal angefangen, einfach den Hörer wegzuhalten und ihn brüllen zu lassen. Ich hab den Hörer sogar weggelegt und weitergetippt. Wissen Sie, manchmal war er, nun, man kann schon sagen, fast wie verrückt. Dann wurde sein Gesicht rot und fleckig, und er rannte herum und warf Gegenstände auf den Boden. Ich muss echt sagen, manchmal rastete er regelrecht aus.«
»Was war der Grund für diese Wutausbrüche?«
Christie zuckte mit den Schultern und schüttelte ihr fließendes Haar wie diese Mädchen in der Shampooreklame. »Er ist ein Spinner, mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.«
Bud sah mich an: »Und Sie meinen, alle denken so über ihn?«
»Ich kenne keinen, der ihn nicht hasst, sogar manche seiner Schüler hassen ihn. Aber ich glaube, er war nicht ganz so schlimm, wenn er vor der Klasse stand, immerhin redete er über Engel. Der Kurs über
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