Das kalte Gift der Rache
clever und lächelte, was Dr. Johnstone nicht nachvollziehen konnte. Stattdessen reagierte er unwirsch: »Ich finde das überhaupt nicht lustig. Diese armen Geschöpfe stehen am Abgrund, und wir helfen ihnen dabei, für die Gemeinschaft taugliche Bürger zu werden.«
Nun wurde Bud merklich sauer: »Oh, hätt’ ich ja beinahe vergessen. Das alles plus Teufelsverehrung lernt man hier in zehn kleinen Schritten.«
Ein gewisses Maß an Verärgerung empfand ich auch. Für wen hielt sich dieser Kerl eigentlich? »Meinen Sie, irgendeines Ihrer hochbegabten Problemkinder ist imstande, den Angelologieprofessor zu ermorden?«
Wieder traf mich der Blick seiner blassen Augen, die wortlos zu sagen schienen: »Sie sind ein richtiges Miststück, nicht wahr?« Mein verächtlicher Blick antwortete mit Ja.
»Vielleicht sollten wir das Gespräch lieber in meinem Büro zu Ende führen. Wäre sicher für uns alle bequemer.«
Genau. Und wenn ich eine Vermutung wagen dürfte, würden wir dort auch abgehört werden.
Dr. Johnstone führte uns über den Gang und durch Christies Büro hindurch in sein eigenes Reich. Christie gab vor, etwas zu tippen, als wir vorbeikamen, als hätte sie sich nicht schon ausführlich über den toten Mr. Classon und dessen Widerwärtigkeit geäußert.
Johnstone hatte einen beeindruckend großen Schreibtisch komplett in Weiß, einschließlich der Schreibunterlage. Er ging nicht daran vorbei, sondern um ihn herum. Am anderen Ende des Raums gab es einen Sitzbereich mit einer weißen Couch und zwei Ohrensesseln. Auch die Wände waren ganz in Weiß gehalten, mit Ausnahme der Wand hinter dem Schreibtisch, die mit exotischen roten Masken geschmückt war, die verdächtig nach Beelzebub aussahen. Vielleicht war er ja für den Unterricht über die Unterwelt zuständig. Ich ließ die weißen Teppiche und Vorhänge, die weißen Tische und Stühle und die weißen Lilien in weißen Vasen auf mich wirken und war für einen Moment regelrecht geblendet. Ich hatte das Gefühl, in einen Schneesturm geraten zu sein.
»Setzen Sie sich«, er wies auf zwei weiße, lederbezogene Ohrensessel vor seinem akribisch aufgeräumten Schreibtisch. Wir nahmen Platz, aber ein Blick auf Buds verfinstertes Gesicht sagte mir, dass er von Jesus Johnstone nicht so entzückt war wie von der kleinen Foxworthy, die im Vorzimmer nebenan vorgab zu tippen.
»Tut mir leid, dass Sie warten mussten. Ich hatte ein Gespräch mit einem Beiratsmitglied in Paris. Unmöglich, das einfach abzubrechen.«
Mist. Das bedeutete, dass Black sich einmischte. »Wusste er von dem Mord?«
»Man geht also von einem Mord aus?«
»Mit ziemlicher Sicherheit.«
»Mir wurde gesagt, er habe sich erhängt.«
»Da müsste er sich zuvor noch mit einer ganzen Menge Einsiedlerspinnen in einen Schlafsack gezwängt haben.«
Ich beobachtete Johnstone genau, und er wirkte anfangs tatsächlich geschockt, dann angewidert. Aber wer wäre das nicht?
»Ist das wieder ein Witz, Detective, oder ist das wahr?«
Hierüber ärgerte sich Bud, und dabei ist er einer der ruhigsten Typen, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. »Ich mache keine Witze über Mordopfer. Dieser Mann wurde zu Tode gefoltert, und das ist gar nicht lustig.«
»Sagten Sie wirklich, er war in einem Schlafsack voller Spinnen? Mein Gott, das ist …«
Ihm fehlten die Worte, also half ich ihm weiter: »… etwas, wozu ein Teufelsverehrer fähig ist, oder gar ein Satansjünger. Vielleicht sogar jemand, der ab und an schon mal eine dieser roten Masken trägt, die Sie da an der Wand hängen haben. Ich vermute mal, von Ihren brillanten Studenten hat keiner jemals einen Kurs darüber verlangt, wie man einen Lehrer umbringt, oder?«
Johnstone sah mich an, als wäre ich eine dreckige kleine Kakerlake, die er am liebsten mit seinen luftigen Sandalen zermatschen würde. »Wissen Sie was? Ich glaube, wir hatten hier von Anfang an einen schlechten Start.«
Genau. Einen sehr schlechten. »Könnte sein.«
»Tut mir leid, wenn ich Sie beleidigt habe. Aber um die Wahrheit zu sagen, ich war etwas verärgert, als Sie beide sich über meine Schüler lustig gemacht haben.«
»Das war nicht unsere Absicht, aber es interessiert mich nun mal, warum Sie Jugendlichen mit schweren Problemen solche Kurse anbieten. Damit beschwören Sie doch nur noch mehr Probleme herauf, oder etwa nicht?«
»Ich glaube, Sie missverstehen den Zweck dieser Kurse, Detective Morgan. Es geht darin nicht um den Teufel oder das Böse. Eigentlich kommt diese
Weitere Kostenlose Bücher