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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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und war eifersüchtig, wenn Gabriel allein zum Basketball oder Chorsingen ging.
    Eines Tages im Spätherbst, Gabriel war mit seinen anderen Freunden zusammen, raschelte Uriel durch die braun vertrockneten Blätter auf dem Boden. Er befand sich auf dem Weg zur Hütte, als er einen verirrten Mischlingswelpen in einer von Gabriels Tierfallen fand. Seine kleine Pfote, eingequetscht in der stählernen Umklammerung, blutete, und Uriel starrte auf das kleine Wesen, wie es sich wand und ständig in die Pfote biss. Es versuchte, sich zu befreien.
    Uriel verspürte ein Kribbeln, eine Art Nervenkitzel, und ihn überliefen Gänsehautschauer. Er zitterte am ganzen Körper wie ein nasses Tier, und dann kniete er sich in ein paar Metern Entfernung nieder und beobachtete den sich windenden Welpen. Auf den toten Blättern, der Falle und der Schnauze des Welpen war überall Blut. Es sah hübsch aus, dieses leuchtende Rot, wie von einem Kardinalsvogel. Der Hund fiepte traurig und winselte vor Schmerz, Uriel hingegen war fasziniert von der Art wie er sich wand und so erschrocken und verloren dreinblickte. Er könnte einen großen Stein nehmen und ihm den Kopf einschlagen, und der Welpe würde sterben und in den Himmel kommen. Wann immer er wollte, konnte er lebende Wesen in den Himmel befördern, so wie sie es mit Freddy gemacht hatten. Ihn überliefen noch mehr Schauer, und es fühlte sich großartig an, er mochte dieses Gefühl mehr als alles, was er je empfunden hatte, selbst am Weihnachtsmorgen, wenn er die Treppe herunterkam und die Geschenke fand, die Santa Claus gebracht hatte.
    Im Wald war es still bis auf das angst- und schmerzerfüllte Jaulen des Hundes. Gabriel würde stolz sein, wenn Uriel etwas tötete, das sie sezieren könnten. Er würde lächeln und ihm durch die Haare wuscheln und ihm sagen, er sei ein guter Junge. Uriel stand auf, sah sich um und erblickte einen großen Stein. Er war so groß und schwer, dass er ihn kaum heben konnte, aber er packte ihn und ging damit auf den ängstlichen kleinen Hund zu. Dieser wimmerte und scharrte mit den Pfoten, wie um zu fliehen.
    Uriel meinte plötzlich, er könnte ihn mit dem Stein nicht treffen, ohne gebissen zu werden; also nahm er einen großen Stock, der lang genug war, dass ihm nichts passieren konnte. Er holte weit aus und ließ ihn auf den Hund heruntersausen. Dieser jaulte vor Schmerz und wand sich, aber Uriel schlug abermals zu und noch einmal, immer fester, bis der Hund leblos dalag. Dann hob er den großen Stein wieder auf und schlug auf den Kopf ein, bis ihm das Blut ins Gesicht spritzte. Es fühlte sich warm an, beinahe heiß. Er mochte dieses Gefühl.
    Uriel lächelte. Der kleine Hund war nun vielleicht schon im Himmel. Gabriel hatte gesagt, die Tiere, die sie töteten, kämen in den Himmel, damit Uriels Familie was zum Spielen hätte.
    »Nun geht’s dir gut, kleiner Hund, nun musst du nicht mehr leiden und weinen. Das hast du mir zu verdanken, und ich bin froh, dass ich es getan habe.« Er sprach ein kleines Gebet, holte dann den Hund aus der Falle und brachte ihn zur Höhle. Gabriel war noch immer in der Chorprobe, und so warf er den Körper in einen langen Glastank, in dem ein paar große Braune Einsiedler-spinnen ihre Netze hatten.
    Als Gabriel später mit einer Pizza zurückkam, Salami und extra Käse, nickte er anerkennend und lobte Uriel, er hätte das gut gemacht. Uriel sei ein Racheengel, und bald würde er so gut wie Gabriel darin sein, lebendige Wesen in den Himmel zu befördern. Uriel lächelte voller Stolz.

12
    Nach Willies Vernehmung, bei der er sich sehr kooperativ gezeigt hatte, schafften wir es, nacheinander fast alle Studenten aus Classons Kursen aufzusuchen und zu befragen, und fanden sie in ihrem Urteil gegenüber Classon etwas gnädiger als seine ehrenwerten Kollegen. Tatsächlich fielen die Wörter Dreckskerl, Teufel oder Luzifer kein einziges Mal. Dann erreichte mich ein Anruf von Charlie, der mich ungewöhnlich höflich bat, in sein Büro zu kommen; also fuhr ich in die Stadt und überließ es Bud, all die Teenagermädchen mit seinem strahlend weißen Lächeln, seinem weichen Südstaatenakzent und seinem guten Aussehen zu betören. Als ich dort war, bereute ich es sehr bald, gekommen zu sein.
    Charlie sagte: »Nimm Platz, Claire, und berichte mir von dem Fall.«
    Ich setzte mich und legte los: »Alle haben ihn bis aufs Blut gehasst. Alle wünschen ihn sich tot. Alle sind verdächtig. Schon mal was von Mord im Orientexpress von Agatha

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