Das kalte Gift der Rache
Sie?«
»Irak.«
Verstehen Sie, was ich meine? Sie unterhielten sich eine Zeit lang über ihre jeweilige militärische Laufbahn, und ich fragte mich, ob unser netter Hellseher so viele Details kannte, weil er selbst der Mörder war. Das erschien mir weitaus schlüssiger.
»Sie leben also hier in der Nähe? Wo denn, bitte?«
»Im Norden des Sees. Ich hab ein Haus da oben geerbt. Ziemlich abgelegen, aber genau das gefällt mir.«
Charlie sagte: »Gut, dass Sie uns kontaktiert haben. Ich war ziemlich geschockt, als Ihre Prophezeiung wahr wurde.«
»Ich dachte nur, ich sollte Sie benachrichtigen, als ich damals spürte, was sich da ankündigte. Natürlich hoffte ich, der Fall würde nie eintreten.«
Ich sagte: »Also lassen Sie uns nicht so lange zappeln, Master Yoda. Wer war es?«
McKay lachte abermals, als ich ihn mit dem Titel der Figur aus Starwars ansprach, Charlie jedoch nahm die Pfeife aus dem Mund und sah mich finster an.
»Wenn Ihnen die entsprechende Professionalität fehlt, Detective Morgan, werde ich den Fall Classon Bud übergeben müssen.«
Schon gut, autsch! Begriffen. »Jawohl, Sir. Tut mir leid, Mr McKay. Ich bin es nur nicht gewohnt, mich bei meinen Ermittlungen an den Rat von Leuten mit hellseherischen Fähigkeiten zu halten. Dazu brauch ich noch ein wenig Zeit.« Genau, zwei oder drei Jahrzehnte.
»Wie gesagt, niemand freut sich, mich zu sehen, solange ich mich nicht bewährt habe. Glauben Sie mir, Sie werden diesen Fall lösen, nicht ich. Ich versuche nur zu helfen, so gut ich kann.«
»Vielen, vielen Dank. Ich freue mich schon wahnsinnig darauf.«
»Detective, ich warne Sie.« Charlie, die Zurückhaltung in Reinkultur. Sein Gesicht hatte die Farbe reifer Himbeeren angenommen. Er war kurz davor, zu explodieren.
»Jawohl, Sir.«
»Na also. Ich lasse Sie beide nun allein, damit Sie sich kennenlernen. Machen Sie ihn auch mit Bud bekannt. Mr McKay wird Ihnen sagen, was er alles von Ihnen wissen muss, und ich erwarte, dass Sie ihm zuhören und nicht länger so verdammt unkooperativ sind. Zum Teufel noch mal, wenn er uns schon helfen kann, wären wir dumm, es nicht zu nutzen.«
McKay sagte: »Danke, Sheriff Ramsay.«
Danke, Sheriff Ramsay, wiederholte ich mit innerem Groll.
»Bringen Sie ihn raus zu Classons Haus, und zeigen Sie ihm dann, wo das Opfer gefunden wurde. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Und das war’s. Charlie war fertig, und ich hatte diesen Freak am Hals. Nun, okay. Ich war schon mit Schlimmerem in meinem Leben fertiggeworden, wäre sogar schon einige Male fast gestorben. Mit einem sogenannten Polizei-Medium würde ich gerade noch fertigwerden.
Außerhalb des Büros versuchte ich, nett zu sein, so gut ich konnte, ohne allzu viel mit den Zähnen zu knirschen.
»Ich muss Sie mitnehmen, kommen Sie, aber glauben Sie bloß nicht, ich würde auf Sie aufpassen wie auf ein kleines Baby oder irgendwelchen medialen Botschaften aus dem Jenseits lauschen.«
»Sehr gern, Ma’am. Gehen Sie bitte vor.«
Okay, er war eindeutig höflicher als ich, aber Nettigkeiten waren noch nie mein Ding, und ich würde bei ihm auch nicht damit beginnen.
»Warten Sie draußen auf mich, McKay. Ich muss noch die Schlüssel für Classons Haus holen. Ich nehme doch an, Sie wollen dorthin, oder?«
»Ja, Ma’am. Ich muss ein paar persönliche Gegenstände von ihm in die Hand nehmen. Um zu sehen, ob ich was spüre.«
»Natürlich.«
McKay lächelte und schlenderte den Flur entlang wie James Dean in seinen besten Tagen. Meine Zähne machten merkwürdig knirschende Geräusche, und so ging ich los in Richtung Beweismittelschließfach. Als ich das Gebäude über den Vordereingang verließ, sah ich meinen neuen Seherfreund auf einer bulligen Harley Davidson sitzen. Er grüßte mich mit dem Victoryzeichen und grinste dabei süffisant. Ich nickte und stieg dann in meinen Explorer, wobei ich mich fragte, ob ich ihn im Verkehr verlieren könnte. Aber hoppla, ich vergaß ja, dass er sich in meine Gedanken einklinken konnte.
Ich fuhr rückwärts heraus und grübelte darüber nach, warum Charlie diesen Typen ausgerechnet mir und nicht Bud aufgehalst hatte. Die beiden passten besser zusammen, denn beide waren verdammt hübsch und hübsch arrogant. Im Rückspiegel sah ich, wie er seinen Helm aufsetzte, die Maschine startete und in elegantem Bogen aufschloss. So fuhren wir zusammen, bis wir den Highway erreichten, der nordwärts zu Classons Haus führte. Ich fuhr extra vorsichtig, knapp unter dem
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