Das kalte Gift der Rache
Eindruck. »Mann, sie war so jung und musste so grausam sterben. Wer tut jemandem wie ihr so etwas an? Was für eine Art Mensch ist das?«
Ich hatte selbst zu tun, mit meinem Schrecken fertigzuwerden. »Vermutlich die Art Mensch, die dasselbe auch Classon angetan hat. Und wir müssen ihn schnappen. Black und McKay haben beide gesagt, dass er möglicherweise wieder zuschlägt. Das können wir nicht zulassen.«
Bud brauchte eine Beschäftigung, um sich abzulenken. Ich sagte: »Kümmere dich um die Telefonate, Bud. Und setz auch Charlie ins Bild. Sag ihm, wer sie war und wie sie zu Tode kam. Vielleicht will er ja selbst rauskommen und sich den Tatort ansehen.«
Ich versuchte, Ordnung in mein Gedankenchaos zu bringen, hatte aber nur das Kratzen und Schaben im Kopf, das noch immer aus dem Koffer ertönte.
Bud sagte: »Ich will sie da raus haben. Sofort.«
»Ich auch, aber das geht nicht, und du weißt das. Also komm, mach deinen Job. Ehe wir die Leiche rausholen, muss Buckeye den Tatort absuchen, denn dieses Mal hat der Killer Spuren hinterlassen, glaub mir.«
»Was Christie hier wohl gemacht hat? In Rowlands Haus?«
»Lass es uns rausfinden.«
Bud folgte mir nach draußen. Ich atmete tief durch, aber diesen Anblick würde ich so schnell nicht wieder loswerden. Und anders als bei Classon kannte ich dieses Opfer persönlich. Ich hatte doch mit Christie noch vor Kurzem gesprochen. Stuart Rowland hatte eine Menge Fragen zu beantworten.
Wir ignorierten Joe McKay. Er hatte sich, das Opfer betreffend, zwar getäuscht, aber den Tatort hatte er genau vorhergesagt. Dennoch war er noch lange nicht aus dem Schneider, denn seine Angaben waren doch verdammt genau, Seher hin oder her. Ich hatte einige dieser Sendungen im Fernsehen gesehen. Die Hellseher warteten mit beliebigen Zahlenfolgen oder vagen Details auf, etwa von der Art, das Opfer läge in einem Maisfeld nahe einem roten Silo. Aber dass jemand eine exakte Adresse lieferte, kam nicht vor. McKay könnte daher sehr gut selbst der Täter sein und uns wundersamerweise sämtliche Details präsentieren. Aber die Frage, die sich jetzt vor allem stellte, war die nach dem Warum. Und warum Christie Foxworthy? Was hatte sie mit all dem hier zu tun?
Draußen sah ich Stuart Rowland auf dem Beifahrersitz eines roten Ford Taurus. Neben ihm saß eine Frau.
»Wer ist diese Dame?«, fragte ich den Polizisten.
»Mr Rowland sagt, es sei seine Noch-Ehefrau. So hatte er sich ausgedrückt: Noch-Ehefrau. Sie heißt Nancy.«
Bud telefonierte noch immer mit Charlie; vermutlich musste er alles zweimal sagen, ehe Charlie ihm glaubte. Also ging ich rüber und klopfte bei Rowland ans Fenster. Es glitt herunter, und er fuhr mich an: »Was in Gottes Namen geht hier eigentlich vor? Niemand sagt mir ein Wort.«
»Kommen Sie mit, Mr Rowland, und Sie erfahren alles.«
»Jetzt gleich?«
»Jetzt gleich.«
»Okay.«
»Mit Ihrer Frau wird sich mein Kollege unterhalten.«
»Wozu denn das? Sie hat mich nur nach Hause gebracht und kann nichts dazu sagen.«
»Reine Routine.«
»Ich weiß gar nichts«, sagte sie, indem sie sich seitlich vorbeugte und mich ansah. Sie war der Typ verblassende Schönheit, perfekt gepflegt, vielleicht Anfang vierzig, das blonde Haar leicht angegraut und eine etwas schwere, modische rote Brille mit viereckigen Gläsern im Gesicht. Sie wirkte überaus besorgt.
»Ja, Ma’am. Detective Davis wird Ihnen alles erklären. Mr Rowland, würden Sie bitte aussteigen.«
Rowland folgte mir zu meinem SUV, und ich bat ihn, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Ich setzte mich neben ihn, drehte den Zündschlüssel und wartete, bis die Heizung anlief. Sein schwerer Atem bildete eine frostige Wolke.
»Würden Sie mir bitte sagen, was hier vorgeht?«
»Ich habe gehofft, Sie könnten das.«
»Wie bitte? Woher soll ich das wissen? Wer, bitte schön, ist nun bei mir eingebrochen, und was wurde alles gestohlen?«
Ich sah ihn an, überlegte kurz und beschloss, direkt mit der Wahrheit herauszurücken. »Wir haben eine tote Frau in Ihrem Haus gefunden, Mr Rowland.«
»Was?« Seine Bestürzung klang echt. »Nein, nein, das kann nicht sein, unmöglich.«
»Es ist leider wahr, glauben Sie mir. Und sie war noch nicht lange tot. Ich nehme an vielleicht zwei oder drei Stunden. Wo waren Sie in den letzten Stunden?«
»Ich? Warum diese Frage? Ich war mit Nancy zusammen. Wir haben uns vor einigen Monaten verkracht und da habe ich sie heute Abend zum Essen ausgeführt, um noch mal in Ruhe
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