Das kalte Gift der Rache
angetan?«
»Hat er nie gesagt. Meinte nur, Classon habe es verdient. Classon wollte die Sache vor Gericht bringen, wenn Joe nicht von der Schule suspendiert würde. Also hat Johnstone ihn gefeuert. Da habe ich Joe vor die Wahl gestellt, Knast oder Militär. Also ging er zu den Marines, und da blieb er bis zu seinem Ausscheiden. Ich wollte ihm eine Chance geben, sich zu beweisen, gerade weil er mich letzten Sommer mit dieser Vorhersage gewarnt hatte. Deshalb hab ich ihn in den Fall reingebracht. Ich bin überzeugt, dass er irgendeine Gabe hat, die ich gar nicht verstehen will.«
»Glauben Sie nicht, es ist ein sonderbarer Zufall, dass Classon ausgerechnet jetzt plötzlich tot aufgefunden wurde, exakt nachdem McKay wieder auf der Bildfläche erschienen ist? Und warum sollte es ihn interessieren, wer Classon getötet hat, wenn er ihn nicht ausstehen konnte?«
»Er warnte uns, es würden noch andere zu Schaden kommen.
Das hat sich jetzt bewahrheitet. Genau das wollte er angeblich verhindern.«
Ich holte tief Luft, dann noch einmal, aber ich wäre von allen guten Geistern verlassen, wenn ich McKay als Mitarbeiter akzeptierte. »Ich will ihn nicht an der Backe haben, Sheriff. Ich bitte Sie, mir in diesem Fall freie Hand zu lassen, bitte. Bud und ich kommen allein zurecht. Das wissen Sie. Und er gehört nun zu den Hauptverdächtigen. Ob Ihnen das gefällt oder nicht.«
»Ich glaube, Joe ist nicht zu der Art von Grausamkeit fähig, mit der dieser Täter vorgeht.«
»Sir, ich bitte Sie lediglich um die Erlaubnis, ihn nicht als Tat-verdächtigen auszuschließen, bis ich mir der Sache wirklich sicher bin.«
Schweigen. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Drei Sekunden. »Okay, Sie haben die Erlaubnis.«
Erfreut darüber, dass Charlie kapituliert hatte, drückte ich ihn am Arm, aber sehr sanft. »Was hat er beim Militär eigentlich gemacht?«
»Sondereinsätze, geheime Missionen und solche Sachen. Hoch dekoriert. Sprengstoffspezialist.«
»Höchst geheim, hm?« Beeindruckend, musste ich zugeben.
»Ja. Er hat sich komplett gewandelt. Die Disziplin, nehme ich an. Und das Gefühl, dazuzugehören. Er hatte ein schweres Leben gehabt und einige Familienmitglieder verloren. Die Mutter litt an schweren Depressionen und hat sich das Leben genommen.«
»Wie hat er seine Familienmitglieder denn verloren?«
»Ich bin mir nicht sicher. Möglicherweise war es ein Autounfall. Genau weiß ich es wirklich nicht.«
»Haben wir eine Akte über ihn vorliegen?«
»Ich bitte Madge, sich darum zu kümmern. Jetzt verschwinden Sie zum Teufel noch mal, und machen Sie sich wieder an die Arbeit. Ich informiere McKay, dass er nicht mehr gebraucht wird.«
Hocherfreut und zufrieden düste ich eilends von dannen.
Dunkle Engel
Uriels Großmutter behelligte sie nie wieder. Sie war dauernd benommen, konnte sich an nichts erinnern und Gabriels Vater meinte schon, sie könnte Alzheimer haben. Ihr Vorrat an weißen Pillen war unerschöpflich, da Gabriel begonnen hatte, an seine Mitschüler Rauschgift zu verkaufen. Somit waren Uriel und Gabriel frei. Sie konnten tun und lassen, was und wann immer sie wollten. Sie führten Experimente an gefangenen Tieren durch, und Gabriel hatte sogar eine Art Schwarzmarkt aufgetan, wo er exotische Spinnen, Bienen, Skorpione und sogar giftige Frösche bestellen konnte. Sie stammten aus Versandgeschäften in Australien, dem Amazonasgebiet und Asien. UPS lieferte die Sendungen an die Adresse von Uriels Großmutter, und Gabriel gab vor, dort zu wohnen.
Es machte Spaß, ganz neue Tiere geschickt zu bekommen, und manchmal hielten sie seine Großmutter mehrere Tage hintereinander im Dämmerschlaf, sodass sie sogar ins Bett machte. Sie weinte viel und klagte, dass sie sich einfach an nichts mehr erinnern könnte, und manchmal tat sie Uriel leid, aber dann fiel ihm ein, dass sie ihm Gabriel wegnehmen würde, sollte sie jemals wieder sie selbst werden. Also streute er weiter weißes Schlafpulver in ihren Tee, und sie machte nie wieder auch nur den geringsten Ärger.
Gabriel hatte in der Stadt eine Anstellung als Krankenpfleger bekommen. Nach einer Weile kaufte er sich einen alten weißen Lieferwagen ohne Fenster. Er stammte von einer Reinigung und war im hinteren Teil noch mit Einbauten versehen, an die man Kleider hängen konnte, und es gab noch Kisten mit Plastikhüllen, die zum Schutz frisch gereinigter Sachen dienten.
Und dann beschloss Gabriel, dass es an der Zeit wäre, jemanden in die Höhle zu entführen und in den
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