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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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hätte er ihre Anwesenheit vergessen.
    »Also glaubt Ihr, was diese Kreatur sagt?«
    »Steuermänner erfinden im Allgemeinen nichts, Mahmal. Sie können rätselhaft, absichtlich vage, hin und wieder störrisch sein. Aber bei einer Lüge habe ich bisher noch keinen ertappt.«
    »Eine Stadt, die draußen im Meer steht?«
    »Wie im Shaktan-See, ja.«
    »Ein See und ein Ozean sind zwei sehr verschiedene Dinge, Archeth! Die Existenz einer Stadt, die in den Wassern des einen steht, beweist nicht notwendig die Möglichkeit einer Stadt im anderen.« Aber durch die pedantische Argumentation hörte sie bereits heraus, dass er ihr glaubte, dass er ihr glauben wollte. »Shaktan ist flach im Vergleich zum nördlichen Ozean. Zumeist ist es dort mild. Aber die Meere rund um die hironischen Inseln? Stellt Euch doch nur einmal vor, welche Belastung eine
solche Struktur aushalten müsste. Stellt Euch vor, welche Konstruktion hierfür erforderlich wäre!«
    »Wenn Anasharals Plan funktioniert, werden wir es uns nicht länger vorstellen müssen, mein Freund. Wir werden es mit eigenen Augen sehen.«
    »Hmm.« Er warf ihr einen verschlagenen Blick von der Seite zu. Das mein Freund war vielleicht etwas dick aufgetragen. »Natürlich wird dieses An-Kirilnar, selbst wenn es existiert, sehr wahrscheinlich eine Ruine sein, ebenso wie An-Naranash.«
    »Vielleicht.« Es auszusprechen, schmerzte mehr, als sie erwartet hätte.
    »Ihr glaubt, eine Stadt Eures Volks hätte sich die ganze Zeit über vor unseren Blicken verborgen gehalten? Wirklich?«
    Sie rang ihre Gefühle zu etwas nieder, das der Vernunft nahekam. »Wie der Steuermann sagt, kommt und geht diese Stadt in das, was wir unter Realität verstehen, genauso wie jene Geisterinsel. Sie besitzt eine Technologie, die der Magie der Dwendas auf ihrem Höhepunkt ebenbürtig ist. Wer weiß also, worauf sie sich gründet, wenn sie nicht in unserer Welt verankert ist? Vielleicht hat der Klan Halkanirinakral durch das Studium der Dwendas eine Möglichkeit entdeckt, zwischen Welten hin und her zu reisen, ohne erneut die irdischen Adern zu benutzen.«
    »Und sie lieber nicht mit dem Klan Eures Vaters geteilt?«
    Sie zuckte die Achseln. »Der Kontakt zwischen An-Monal und An-Naranash war jahrhundertelang abgeschnitten, soweit ich feststellen konnte. Über den Grund äußern sich die Steuermänner nur vage. Wir wissen immer noch nicht, wohin die Kiriath vom Shaktan-See wirklich gingen, als sie ihre Stadt verließen. Wer weiß denn, ob dasselbe oder gar Schlimmeres nicht An-Kirilnar zugestoßen ist?«
    Das brachte ihr einen weiteren schrägen Blick ein, ein weiteres
nachdenkliches Gemurmel, aber er widersprach ihr nicht. Nichts, das die helle kleine Flamme zertreten hätte, die in ihrem Bauch entfacht worden war.
    »Seht mal, Mahmal, selbst wenn keine richtigen Kiriath mehr in dieser Stadt verblieben sind, so sagt Anasharal, dass sie sich vor einigen Wochen materialisiert hat und seit dieser Zeit dort geblieben ist. Das lässt auf einen funktionsfähigen Antrieb schließen. Und niemand ist zum Plündern gekommen wie in Shaktur. Die hironischen Inseln sind kaum bewohnt – bestenfalls sind einige Fischerdörfer und Außenposten der Walfänger über die Inseln verstreut. Keine Städte, keine gebildeten Männer oder wohlhabenden Schiffseigner. Wenn Menschen die Stadt gesehen haben, so werden sie wie verrückt fluchen und sich davon fern halten.«
    Shanta lächelte. »Ich glaube, Ihr unterschätzt die Zähigkeit von Fischern, Archeth. Die See ist bestenfalls eine harte Schule, und dort oben ist sie noch dazu kalt. Wer sich seinen Lebensunterhalt in diesen Gewässern verdient, lässt sich nicht so leicht einschüchtern. Und wenn ich es richtig verstehe, fahren die Walfänger ziemlich regelmäßig nach Trelayne und wieder zurück. Die Kunde wird unausweichlich gelehrte Männer und wohlhabende Schiffseigner erreichen, wenn es nicht bereits geschehen ist.«
    »Dann besteht umso mehr Grund, selbst dorthin zu fahren, und zwar rasch, bevor die Liga zum Zug kommen kann.«
    »Hmm.«
    Er stand etwas steif auf und schritt zur Steuerbordreling hinüber, wie von dem gedämpften Tumult da unten angezogen. Sie beobachtete ihn einen Augenblick und folgte ihm dann.
    Eine Weile lehnten sie dort Seite an Seite in behaglichem Schweigen und blickten auf das bunte Treiben am Kai unten
hinab. Träger und Mulis, Kuriere und Frachtagenten, Frachtbegleiter und ihre Sklaven, alles bunt durcheinander gemischt und einander nervend in

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