Das kalte Schwert
der hellen morgendlichen Hitze. Einige gestikulierende Schiffskapitäne im Streit mit uniformierten Zollbeamten, die Kutsche eines Adeligen, die im Gewimmel feststeckte. Soldaten, Matrosen sowie Bettler, die lautstark behaupteten, einmal das eine oder andere gewesen zu sein. Stark geschminkte Huren mit Armreifen, die Ärmel hochgeschoben, Haar und Schultern trotzig zur Schau gestellt, einen Fuß geziert auf eine Kiste oder einen Ankerpfosten gestellt, wiegten sich, die Arme in die Seiten gestemmt, in der Hüfte hin und her, sodass die Reife klirrten. Taschendiebe und Luden, die sich deutlich erkennbar durch die Menge schlängelten.
»Seid Ihr schon an einen der anderen herangetreten?«, fragte er sie.
»Nein, noch nicht. Ich war die ganze Nacht auf, um Euch den dürren Hals zu retten.«
Eine leichte Übertreibung. Sie hatte den Palast nicht lange nach Einbruch der Nacht verlassen. Daheim gespeist, in Gesellschaft von Kefanin und Ishgrim. Kef hatte das Mädchen wieder einmal herausgeputzt, viel wallendes Satin und Spitze, das Haar gewaschen und hochgesteckt, Netz und Bänder darin. Archeth war sich neben ihr wie ein toter, vom Blitz zerstörter Baum vorgekommen. Trotzdem versuchte sie, fröhlich zu erscheinen, gab sich alle Mühe, den Blick nicht allzu häufig zum Ausschnitt des Mädchens aus dem Norden wandern zu lassen, und wehrte alle Fragen nach den Ereignissen in An-Monal ab. Letzteres erwies sich als das Einfachste. Das Gespräch bestand zum größten Teil aus einer atemlosen Erzählung vom Zusammenstoß des Drachentöters mit der Wache von der Zitadelle draußen vor dem Tor während ihrer Abwesenheit. Allerdings kam Archeth
der Bericht Kefs und Ishgrims übermäßig dramatisch vor. Im Kreuzverhör fand sie heraus, dass keiner von beiden den Kampf tatsächlich mit eigenen Augen gesehen hatte und dass sie im Hinblick auf die Einzelheiten auf die Torwache angewiesen waren. Da der Drachentöter jedoch nicht anwesend war, um Fragen selbst zu beantworten, musste sie ihre Geschichte auf Treu und Glauben hinnehmen.
Wie sich herausstellte, war Egar jetzt tatsächlich seit Tagen von der Bildfläche verschwunden. Kefanin hatte ihm am Morgen nach der Prügelei das Frühstück bereitet, aber da war er zum letzten Mal daheim gesehen worden. Der Prophet wusste, was er in der Zwischenzeit nun wieder für einen chaotischen Scheiß vorhatte.
Er wandert heute Nachmittag vielleicht zu Imrana rauf, ausprobieren, ob er da an die Luft gesetzt wird. Wird Zeit, dass er mal wieder mit wem ins Bett hüpft.
Hoffen wir’s.
In Wahrheit hätte sie die Probleme kommen sehen müssen. Egar war schlechter Laune gewesen, seitdem Großoffizier Saril Ashant in die Stadt zurückgekehrt war und seine ehelichen Rechte wieder beansprucht hatte. So plötzlich der Aufmerksamkeit Imranas beraubt hatte der Drachentöter Streit gesucht, jede Art von Streit, mit jedem. Die natürliche Konsequenz von lange nicht gemolkenen Eiern und der Tatsache, sein Leben lang andere Männer für den eigenen Lebensunterhalt getötet zu haben. Gewiss hättest du es kommen sehen sollen, Archidi. Aber letztlich sind es ein Hüter, ein verdammter Priester, und seine Prügelknaben. Warum sollte dich das auch nur einen Scheißdreck kümmern?
Natürlich wusste sie, dass die Wellen dessen, was der Drachentöter getan hatte, früher oder später auch ihr Boot ins
Schaukeln bringen würden. Die übliche diplomatische Empörung, die wortreichen Erklärungen über beleidigten Glauben, die ermüdenden Verkündigungen von den Gebetstürmen und Kanzeln. Dennoch brachte sie es nicht fertig, wütend auf ihn zu werden.
Am meisten wünschte sie sich, sie hätte zusehen können.
»Euch erheitert etwas, Mylady?«
Sie legte ihr Lächeln ab. »Schnee von gestern. Etwas, das ich gestern Abend gehört habe.«
»Hmm. Ja, gut, ich kann Euch jetzt sagen, dass das nicht der Spaziergang wird, den ihr anscheinend erwartet.«
Er ist dabei. Er hängt am Haken. Erneut wollten sich ihre Mundwinkeln zu einem Lächeln verziehen. Sie täuschte ein Gähnen vor.
»Zweifelsohne wird es unterwegs Probleme geben.«
Shanta schnaubte. »Es wird Probleme hier in Yhelteth geben. Einfach bloß Tand und Shendanak in denselben Raum zu setzen, bedeutet schon Probleme, um damit anzufangen. Habt Ihr Euch schon Gedanken darum gemacht, wer diese Bande in Schach halten soll?«
»Seine Majestät hat mir eine Schwadron vom Ewigen Thron unter Noyal Rakan zur Verfügung gestellt.«
Ein Knurren. »Jung. Zu jung, um
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