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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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getreten hatte, stieß Xanthippe im Vorübergehen mit dem Stiefel in den Schmutz und hielt dem Gesandten die Spitze des Rabenfreunds an die Kehle.
    »Fallenlassen«, befahl er ihm.
    Dem Gesandten fiel das Schwert aus den Händen. Ringil senkte
den Rabenfreund und wartete darauf, dass Erils Männer zu ihm traten. Er begegnete dem Blick der roten Xanthippe, die ihn vom Boden aus beobachtete. Überrascht von dem raschen Pulsschlag des Hasses, den der Anblick immer noch in ihm hervorrief.
    Überflutet von Erleichterung entschloss sich der Gesandte des Reichs zu einem Wutausbruch.
    »Das … das ist empörend! Hast du eine Ahnung, wer ich bin?«
    Ringil drehte sich zu Eril um.
    »Haben wir eine Ahnung, wer er ist?«
    Der Schläger von der Sumpfbruderschaft zuckte die Achseln. »Irgendein blöder Kaufmann vom Reich, stimmt’s?«
    »Ich bin der direkt bevollmächtigte Gesandte des yheltethischen Imperators für deine Landsleute!«
    Ringil nickte. »Das stimmt leider. Siehst du diese Brosche an seiner Schulter? Yheltethisches Diplomatensiegel. Und ich gehe jede Wette ein, dass er …«
    Er packte die linke Hand des Gesandten.
    »Ja, auch der Ring.« Er ließ den Arm des Gesandten angewidert fallen. »Das ist das letzte Mal, dass ich Spionen von der Bruderschaft vertraut habe, wenn sie für mich Nachforschungen anstellen.«
    Eril wirkte verlegen. In den Monaten, die sie Trelaynes Sklavenhändler verfolgt hatten, hatte er von der Sumpfbruderschaft Gefallen für Ringil eingefordert, wo es nur ging, aber die Bruderschaft selbst war in dieser Hinsicht nicht besonders zur Zusammenarbeit geneigt gewesen. Schließlich waren sie, einmal abgesehen von dem Mist hinsichtlich ›Eingeschworene-Söhne-der-freien-Stadt‹, Verbrecher, die versuchten, sich in die angesehene Gesellschaft am Oberlauf des Flusses einzukaufen, und Ringils Terroraktionen waren für sie nicht angenehmer
als für die Sklavenhändler. Und Eril war, ungeachtet der Blutschuld, bloß ein Schläger mittleren Ranges, der auf eigene Kappe arbeitete, allein auf weiter Flur und mit sehr begrenztem Einfluss.
    Schon überraschend, dass es überhaupt schon so lang gut geht, wirklich.
    Na ja – du hast ihm das Leben gerettet.
    Ringil seufzte und sah sich nachdenklich um. Das Tageslicht im Osten wurde bereits stärker und schwemmte die ersten matten Farben in die Bäume und das sandige Gelände unten. Die Nacht verwandelte sich in einen verblassenden Streifen Dunkelheit im Westen, und rings umher schienen die Tausenden von Augen der Sklaven und ihrer frisch eingetroffenen Retter auf ihm zu ruhen.
    Ein imperialer Gesandter. Na, klasse.
    »Vielleicht«, fauchte der Gesandte, »erkennst du jetzt, wie sehr du dich irrst.«
    »Ich irre mich nicht«, erklärte Ringil ihm.
    Sie hievten die rote Xanthippe auf die Füße und hielten sie fest, damit Ringil sie in Augenschein nehmen konnte, was nicht ohne höhnische Bemerkungen und einiges an Gefummel ablief  – auch wenn Xanthippe während der Liberalisierung des neuen Handels stark gealtert war. Haare und Augen leuchteten jedoch nach wie vor hell, das Gesicht war von einer starkknochigen Schönheit, und sie hatte Kurven an den richtigen Stellen. Hände begrapschten sie und drückten, was sich nur drücken ließ. Sie schlug um sich und spuckte, die Kleider zerrissen. Jemand  – es fiel schwer, sich an alle Männer zu erinnern, die Eril angeheuert hatte, Banthir, oder? Oder doch Hengis? – hob Ringils Drachenzahndolch aus dem Staub und brachte ihn zurück, sorgfältig sauber gewischt. Der Mann verneigte sich respektvoll
und reichte ihm die Waffe. Ringil nickte abwesend zum Dank und steckte sie weg.
    Xanthippe versetzte einem ihrer Peiniger einen Kopfstoß, sodass er ins Stolpern geriet. Rohes Gelächter der anderen.
    »Die ist ganz schön temperamentvoll, die hier.«
    »Das kriegen wir schon in den Griff. Die muss nur mal richtig die Beine breit machen.«
    »Verdammt, stell dich hinten an! Du bist nicht …«
    Sie verstummten, als Ringil herantrat. Er hielt den Rabenfreund nach wie vor blank in der Hand. Xanthippe sah ihm mit gebleckten Zähnen entgegen.
    »Was glaubst du eigentlich, was du hier tust, Gil?«
    Er betrachtete sie einen Moment. »Ich bin bloß der Botschafter. Sagt dir der Name Sherin etwas?«
    »Oh, um Hoirans willen! Findrich hat gesagt, du bist …« Erneut bockte Xanthippe zwischen den Männern, die sie festhielten. »Es geht wirklich um irgendeine jammernde idiotische Großcousine von dir? Weißt du, als

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