Das kalte Schwert
Findrich mir das erzählt hat, habe ich ihm nicht geglaubt. Ich habe gesagt, du wärst viel zu clever für so ’ne Scheiße. Musste was anderes sein. Was ist bloß mit dir passiert, Gil, verdammt? Du bist mal ’n Spieler gewesen.«
Ringil schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Jemand unter seinen Männern stieß einen leisen Jubelruf aus. Allmählich wurde ihm hundeelend.
»Ich hab dich was gefragt, Xanthippe.«
Da sah sie es kommen und wusste, dass sie ausgereizt hatte. Ein nackter, auf der Straße erworbener Trotz verhärtete ihre Züge. Sie spuckte ihn an, und der Speichel war von Blut getränkt. Der Hieb musste ihr die Innenseite der Wange aufgerissen haben. Sie setzte ein entsetzliches Totenschädelgrinsen auf.
»Was meinst du denn, du Held? Glaubst du, ich behalte jeden einzelnen beschissenen Sklaven, den ich einkaufe, im Kopf, jeden Zuschlag bei ’ner Auktion, der mir ins Netz geht?«
»Diese spezielle beschissene Sklavin war meine Cousine.«
»Und, was soll’s, verdammt? Glaubst du etwa, ich wäre persönlich da gewesen, als sie zum Verkauf angeboten wurde? Werd mal erwachsen, Gil! Das ist Geschäft. Meinst du, ich mach mir was daraus?«
Ringil dachte daran, wo und wie er Sherin schließlich gefunden hatte. Dachte daran, was ihr angetan worden war.
Er sah der roten Xanthippe in die Augen. Sah dort nichts, das er vernichten könnte.
»Bringt sie weg«, sagte er hölzern. »Tut mit ihr, was ihr wollt. Aber lasst sie am Leben.«
Beifälliges Gebrüll der Männer. Ringil sah ihnen reglos zu, wie sie sie wegzogen, ihr wieder an der Kleidung zerrten, die bereits aufgerissen war. Sie knurrte tief in der Kehle und schlug auf sie ein. Eine Brust kam frei, wurde gepackt, und jemand biss hinein wie in ein Stück Obst. Xanthippe schrie in purer Wut. Jemand spreizte ihr die Beine, griff brutal dazwischen. Ein weiteres Aufkreischen, diesmal schluchzend, ein weiterer Jubelchor, als die Männer hörten und sahen. Dann trugen sie sie buchstäblich davon und scharten sich um sie wie Ratten um ein Stück fauliges Fleisch.
Er stand da. Er stand da und sah zu.
»Hengis.« Jähes Schaudern – er erwachte zum Leben und packte Hengis am Arm, als der Mann vorüberging, um sich der Vergewaltigung anzuschließen. »Hengis!«
»Jengthir, Mylord.«
»Jengthir.« Er nickte ruckartig. »Ich meine es ernst. Wenn sie stirbt, stirbt auch der Mann, der das verschuldet hat.«
»’türlich, Mylord, keine Sorge. Ich kümmere mich drum. Hab ’ne sanfte Hand, wirklich.«
Jengthir grinste ihn an, riss sich los und war verschwunden.
Ringil wandte sich von dem Gebrodel aus zuckenden Männern ab, die jetzt zu Boden stürzten, und von der Frau, die er ihnen überlassen hatte. Er wollte sich mit der Hand übers Gesicht wischen, wagte es jedoch nicht. Er bemerkte, dass dem Gesandten förmlich die Augen aus den Höhlen traten.
»Verdammt, wo glotzt du hin?«, knurrte er.
»Das kannst du nicht tun.« Der Gesandte flüsterte die Worte auf Thetannisch, war sich vielleicht gar nicht bewusst, dass er überhaupt sprach. »Der Imperator wird …«
»Wird was?« Ringil folgte dem Sprachenwechsel, schritt zu dem Gesandten hin und schlug ihm mit dem Knauf des Rabenfreunds so heftig auf den Mund, dass der Mann rücklings zu Boden fiel. Ringil stellte sich über ihn und hob die Stimme, um die Geräusche hinter sich zu überdecken. »Der Imperator wird was? Sag mir, was dein beschissener Imperator tun wird!«
Der Gesandte legte sich eine Hand vor den zerschmetterten Mund, nahm sie blutig wieder weg und starrte ungläubig auf die roten Tropfen, die von seinen Fingern herabfielen. Ringil hockte sich neben ihn und zwang sich gewaltsam, die Stimme zu einem ätzenden, krächzenden Plauderton zu senken.
»Wenn ich den verdammten Jhiral Khimran richtig kenne, so wird er aus dieser Sache einzig und allein ein fantastisches Harems-Theater inszenieren lassen, sich dann zurücklehnen und zuschauen, bis er erregt genug ist, um sich anzuschließen. Aber darum würde ich mir keine Sorgen machen, Eure Exzellenz, das wird nicht Euer Problem sein.«
Hinter ihnen kreischte und schluchzte die rote Xanthippe, und die Männer, die sie vergewaltigten, brüllten deftig ihr Entzücken
heraus. Der Gesandte hörte es und sah Ringil mit offenem Mund an, als wäre dieser etwas, das aus einem Spalt in der Erdkruste heraufbeschworen worden war. Er wollte rückwärts davonkriechen, weg von dem hageren, vernarbten Gesicht und was er darin sah, aber sein Mantel
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